Generalgouvernement

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AKTION- ERNTEFEST – Abschluss der „Judenaktion“ Generalgouvernement –

3/4.November LUBLIN-MAJDANEK
Aktion “ERNTEFEST” oder- ” BLUTMITTWOCH in Majdanek”

Majdanek_exhumierung2

Exhumierung der Massengräber durch die polnisch sowjetische Untersuchungskommission in Majdanek (Quelle: aus dem Film Majdanek 1944 -Opfer und Täter ). Man fand im ganzen Konzentarationslager unzählige, Knochen, Köpfe, Leichen. Mit der Asche der Krematorien, hatte man anscheinend den Gemüsegarten bestreut, sowie die Asche in weiten Teilen des Lagers verbreitet. Dies führte dazu, dass nicht ganz verbrannte Knochensplitter im ganzen Lager verstreut zu finden waren.

Diese Aktion stellte den Abschluss nicht nur der Aktion Reinhard sondern Himmlers Bestreben, die Judenfrage im Generalgouvernement zu einem Ende zu bringen. In der meisten Literatur ist heute zu lesen, dass diese Aktion eine Reaktion auf die Aufstände in Warschau Treblinka und Sobibor war, jedoch ist dies eine Umkehrung der Fakten. Die entgültige Räumung des Generalgouvernements hatte im Frühjahr begonnen, und brachte den Widerstand hervor nicht umgekehrt. Die jüdischen Menschen wussten um ihre restlose Verschickung und Ermordung. Die Aktion Erntefest stellte den Abschluss der Judenfrage im Generalgouvernement. Dieser Umstand der Ermordung  wäre auf jeden Fall eingetreten ob mit Aufständen der jüdischen Menschen oder ohne. Ende Juli Anfang August hatte man etwa 10.000 Wehrmachtsangehörige sowie Polizei und SS zusammengezogen und in der Aktion Werwolf tausende des Widerstands verdächtige Polen ermordet, sowie deportieren lassen. Etwa im gleichen Zeitraum im Laufe des August dürfte  Himmler dem SSPF Sporrenberg Globocniks Nachfolger den Befehl der Ermordung der letzten Juden gegeben haben (siehe hierzu Quelltext). Nun räumte man die letzten Strukturen und Netzwerke der Aktion Reinhardt in dem man die Juden Majdaneks sowie der Zwangsarbeiterlager Lipowa Straße und Wronska Straße sowie Poniatowa ermorderte. Die Gesamtzahl der ermordeten Menschen wird heute mit ca 42 000 Menschen angegeben, 18.400 allein In Majdanek. Die „Judenaktion“ war somit im Generalgouvernement für Himmler abgeschlossen.

Es ist der 3 November 1943 fünf Uhr morgens. Die Juden werden ausgesondert, auch aus den Außenkommandos kommen lange Kolonnen an jüdischen Menschen. Sie bewegen sich auf die Felder, im Lagerjargon 5 und 6 genannt zu. Dort verharren die Massen eine Weile, dann zwischen 6 und 7 Uhr Morgens beginnt die Aktion die ersten Juden vor dem Feld V werden in eine Baracke geführt müssen sich ausziehen, ganz nackt werden sie zurückgeführt, bis sie wieder vor einen Stacheldrahtzaun vor dem Feld V stehen der von einem SS Mann durchtrennt wird.

Drei Tage zuvor waren ungefähr 300 Arbeiter erschienen, erzählte der berüchtigte Leiter des Krematoriums, Erich Mushfeldt. Im Laufe dieser drei Tage wurden auf beiden Feldern 3 etwa 2 Meter tiefe 100 Meter lange Zickzackgräben ausgehoben, ungefähr 50 Meter hinter dem Krematorium von je 150 Mann .

“Zur gleichen Zeit trafen aus dem Konzentrationslager Auschwitz und den SS-und Polizeiführungen in Krakau, Warschau, Radom, Lemberg und Lublin Sonderkommandos in Majdanek ein. Insgesamt kamen aus den von allen mir genannten Orten rund 100 SS Leute, die Sonderkommandos bildeten ” 

Man hatte in der Nacht noch die Posten um das Lager verstärkt. Man schickte die Juden durch den durchschnittenen Stacheldrahtzaun, und  befahl zu je 10 Peronen in die Gräben zu steigen. Man jagte sie bis ans Ende dieser Gräben, dort mussten sie sich auf den Boden legen, und wurden von den Sonderkommandos erschossen. Die Nächste Gruppe von je 50 Menschen musste sich auf die zuvor Erschossenen legen und so ging es weiter, bis der Graben sich langsam füllte. Man selektierte Männer und Frauen um sie getrennt zu töten. Die an den Tötungen beteiligten SS Leute wurden Mittags abgelöst und fuhren zum Essen, in die SS Kaserne der Stadt…- während die Aktion bis 5 Uhr Nachmittags ohne Unterbrechung weiterlief. Um die Todesschreie und vor allem die Schüsse der SS Männer zu übertönen, spielte aus Lautsprecheranlagen Musik. Bei dieser Aktion die den Decknamen “Erntefest” hatte, kamen in Majdanek 14 000 – 18 400 Menschen ums Leben. Die Häftlinge Lublin – Majdaneks tauften diesen Tag daher “Blutmittwoch”. Aber auch hier in Majdanek sollte sich ein kleiner mutiger Kreis gegen die Massentötungen zur Wehr setzen. In einer der Baracken des Lagers die geräumt werden sollte hatte sich eine kleine Widerstansgruppe gebildet. Die Häftlinge eröffneten das Feuer auf die SS Männer, die sich zurückzogen und die Baracke in Brand steckten, wobei die Häftlinge verbrannten.

Quellen:

 1) zu Mushfeldt und Beschreibung der Abläufe siehe Wolfgang Benz  der Holocaust S107/108

2) zur Gesamtzahl der Aktion siehe zb United States Holocaust Museum 

3) zu August und Befehl Himmlers an Sporrenberg siehe zb Wolfgang Benz Der Ort des Terrors Band 7 S52

 4) zur Aktion Werwolf ist bei Abschluss dieses Artikels nur Wikipedia Polen zu finden, deshalb zitiere ich mich selbst hier klicken und Quelltext von Aktion Werwolf einsehen

Oktober 1943 Aufstand in Sobibor – Das Ende des Lagers –

Sobibor_Tafel

netz

Die Vernichtung in Sobibor läuft seit Monaten ungehindert vor sich. Einige SS Männer als auch Trawnikis betreiben weiterhin ihre sadistischen Spiele, sie leben von Erniedrigung, Einschüchterung,  und Mord. Die Aktion Reinhardt steht kurz vor ihrem Abschluss, die Aufstände und Widerstände vereinzelter kleiner Gruppen wurden niedergeworfen. Zwischen 21 und 22 September treffen sowjetische Kriegsgefangene aus Minsk in Sobibor ein, unter ihnen auch ein Soldat Namens Arkadiy Vasjpapir. Er berichtet: “Wir hatten keine Ahnung, was vor sich ging. Wir dachten es sei ein Arbeitslager. Aber Abends kamen die anderen Häftlinge zu uns und sagten, eure Freunde brennen. Da begriffen wir, was für eine Art von Lager das war.” Unter ihnen ist auch Alexander Pechersky (Petscherski) ein großer gut gewachsener Soldat der seinen Einfluss auf andere nutzt und schnell zu einem Anführer wird. Vajspapir erinnerte sich:

“Er war ein sehr gut aussehender attraktiver Mann… .groß und kräftig gebaut. Wir hatten alle Respekt vor ihm. Sein Wort war Gesetz”.  Pechersky wird zum Anführer des Widerstandes im Lager. Unter dem Einfluss des großen Russen schöpfen die Widerständler Mut und so schließen sich auch andere Widerständler des Lagers  an , wie Leon Feldhendler aus Zolkiewka, der bis dahin den Widerstand Sobibors organisierte. Diese Männer kamen zu dem Schluss, dass nur entschlossenes Handeln ein Überleben ermöglichen würde. Zuerst versuchte man es mit einem Fluchttunnel der Tunnel, füllte sich jedoch mit Wasser, und es gab schnell Bedenken 600 Menschen aus dem Lager durch so einen unterirdischen Tunnel zu führen. Also überlegte man weiter. Man wurde sich klar, dass nur ein bewaffneter Aufstand eine Lösung bringen konnte von dem alle Häftlinge des Lagers profitieren konnten. Zuerst begann man Waffen zu sammeln Äxte und Messer wurden organisiert, an welche die Zimmerleute leicht herankamen. Der zweite Teil des Plans sah einen Hinterhalt für die Deutschen SS Männer und ihre Helfer vor, in dem man ihnen ihre Schusswaffen abnehmen wollte. Und zuletzt der offene Aufstand. Nun wartete man auf den richtigen Zeitpunkt, da erfährt der Widerstand von einer nützlichen Begebenheit. Mitte Oktober so erfahren sie, soll der gefürchtete stellvertretende Lagerkommandant Gustav Wagner auf Heimaturlaub nach Deutschland fahren. Eine Möglichkeit die gelegen kommt. Man erkennt es als Schwächung der Lageraufsicht. Der Plan sah vor, die SS Wachen mit Gefälligkeiten zu ködern, und einigen in die Schneider und Schusterwerkstätten zu locken, wo sich Vasjpapir mit einer Axt bewaffnet versteckte. Vasjpapir dazu:

Pechersky_Sobibor

Alexander Pechersky (Quelle unbekannt)

“Ich war sehr aufgeregt…Uns war klar das unser Leben auf dem Spiel stand .” Einige SS Männer lockt man mit “neuen Schuhen”, andere mit einem neuen Mantel. Die ukrainischen Aufseher hingegen stellen ein gewisses Risiko, diesen in der Hierarchie der SS untergeordneten Wachleute, die in ihrer Mehrzahl das Lager bewachten, blieben ein unberechenbares Risiko, denn keiner konnte sich vorstellen wie jene die selbst zu ihrem größten Teil Kriegsgefangene waren reagieren würden. Am 14 Oktober um 15.30 verstecken sich Vasjpapir und ein jüdischer Mann Yehuda Lerner im hinteren Teil der Schusterwerkstätte. Die Deutschen haben den Köder geschluckt sie kommen zur verabredeten Zeit um sich ihre versprochenen Dinge zu holen. Vasjpapir berichtet: “Der Deutsche kam herein um sich neue Schuhe anpassen zu lassen. Er setzte sich direkt vor mich, da trat ich vor und schlug zu ..Ich wusste nicht, dass man dafür das stumpfe Ende der Axt benutzt. Ich hatte mit der Schneide zugehauen. Wir schleppten ihn in eine Ecke und deckten ihn mit einem Tuch zu. Und dann kam noch ein Deutscher herein. Als er den anderen in der Ecke am Boden liegen sah, trat er mit dem Fuß gegen ihn und sagte: -He, was ist los? Was soll der Unsinn ? Und als er begriff, was passiert war, hieb ich mit der Axt auf ihn ein. Dann nahmen wir die Pistolen und rannten weg. Hinterher zitterte ich am ganzen Körper, ich konnte mich lange Zeit nicht beruhigen. Mir war übel. Ich war mit Blut bespritzt.” In der Schneiderei gab es drei weitere Tote SS Männer. Einige der Deutschen die man nicht locken konnte, überfiel und tötete man in ihren Büros, bis 17 Uhr hatte man 9 SS Männer getötet. Inzwischen ist es dreiviertel sechs, die Arbeiter (Häftlinge) des Lagers versammeln sich zum Appell. Der Anführer Pechersky nutzt diese Möglichkeit, er springt auf einen Tisch und hält eine Rede. Toivi Blatt erinnerte sich an diese Worte “ Er sprach über sein Vaterland, die Sowjetunion, und darüber, dass eine Zeit kommen würde, in der alles anders wäre, in der es Frieden geben würde.“

Der Anführer und seine Gefolgschaft marschieren nun Richtung Haupttor, doch da bricht der zuvor schon unkalkulierbare Faktor auf sie herein, die ukrainischen Mordschergen “Trawnikis” eröffnen das Feuer, so wendete man sich Richtung Stacheldrahtzaun. Tvoi Blatt ist anscheinend einer der ersten am Zaun, verzweifelt versucht man ihn zu überwinden als der Zaun  unter dem Druck der Menschen nachzugeben beginnt, Toivi erinnert sich : “Mein erster Gedanke war – Das ist das Ende !- Die anderen stiegen über mich hinweg ,und die Spitzen des Stacheldrahtzaunes bohrten sich in meinen Mantel. Aber da kam mir der rettende Einfall. Ich wand mich aus dem Ledermantel heraus und rannte los. Ich fiel ein paar mal hin. Jedes Mal dachte ich, ich wäre getroffen, aber ich stand immer wieder auf, und mir war nichts geschehen. Ich rannte weiter, bis ich den Wald erreichte “

Die Häftlinge wussten auf was für ein Feld sie sich begeben hatten, um den Schüssen der Trawnikis zu entfliehen. Die Deutschen hatten das Lager mit einem Minenfeld umgeben Körper fliegen durch die Luft und werden zerfetzt, der Zufall sucht sich jetzt seine Opfer, es ist die Macht des Schicksals die es ungefähr der Hälfte dieser 600 todesmutigen erlaubt das Lager, die SS Männer, die Trawnikis und zuletzt das Minenfeld zu überwinden und in den nahegelegenen Wald zu flüchten. Doch das Leiden nimmt damit noch kein Ende, geschockt von ihren Erlebnissen irren manche durch den Wald und werden schon bald wieder eingefangen. Andere versuchen sich in Ortschaften zu verstecken, doch werden viele von Polen angezeigt und den Nazis ausgeliefert, um nicht selten auch Belohnungen zu kassieren. Die Mehrzahl dieser 300 Männer erlebt das Ende des Krieges nicht. Einige tauchen unter und man hört nie wieder von ihnen. Der stolze Russe Alexander Petscherski (Petschjorski) und einige seiner Männer treffen im Wald auf Partisanen und schließen sich ihnen an, als die rote Armee heranrückt laufen sie über und kämpfen bis Kriegsende. Toivi Blatt überlebte mit viel Glück und emigrierte nach dem Krieg in die USA.

Laut der Historikerin Sara Berger hatte Gustav Wagner, Karl Frentzel noch gewarnt die sowjetischen Soldaten als Arbeitskräfte in das Lager aufzunehmen. Die kriegserfahrenen Soldaten, brachten den jüdischen Häftlingen die notwendige strategische Sicherheit sowie Kampferfahrung. Laut heutiger Erkenntnis war schon der 13 Oktober das erste mal als  Datum des Aufstandes angepeilt worden. Nicht nur der Lagerstellvertreter und gefürchtete SS Mann Gustav Wagner sondern auch der Kommandant Reichleitner und Gomerski waren zu diesem Zeitpunkt im Urlaub eine erhebliche Schwächung der Lageraufsicht. Schlussendlich kam jedoch Personal aus dem Arbeitslager Osowa nach Sobibor, um mit den „Kameraden“ in Sobibor zu feiern. Deswegen wartete man noch einen Tag ab. Als der  Aufstand einen Tag später am 14 Oktober vorzeitig losbrach weil Erich Bauer die Leiche Beckmanns entdeckte, konnten große Teile der Lagerhäftlinge wie zb das Totenlager III nicht rechtzeitig eingeweiht bzw in den Aufstand eingebunden werden. Von den ca 550 Gefangenen blieben somit etwa 150 im Lager zurück- 80 starben während des Aufstandes und etwa 170 wurden im Verlauf der umfassenden Suchaktion (auch mit Wehrmachtssoldaten aus Chelm) wieder eingefangen und ermordet. Bis Ende des Krieges starben weitere 100 Flüchtlinge und ca 50 überlebten den Krieg, einige lebten noch bis in unsere Gegenwart und wurden zu den letzten Zeugen der Massenvernichtung der Aktion Reinhardt. Einen Tag nach dem Aufstand kam der neue SSPF Lublin Sporrenberg der Globocnik abgelöst hatte mit Hermann Höfle ins Lager,  als auch den Kommandeur der Gendarmerie August Preyssl. Man tötete die zurückgebliebenen als auch wieder eingefangenen jüdischen Menschen, und kam kurz darauf zu dem Schluss den ursprünglichen Plan Sobibor als Munitionsortierplatz weiter zu führen aufzugeben und das Lager zu liquidieren. Ende November Anfang Dezember 1943 wurden die letzten jüdischen Häftlinge die man zum Abbau des Lagers aus Treblinka organisiert hatte ermordet. Bis in das Frühjahr 1944 blieben Trawniki Männer auf dem Gelände des ehemaligen Vernichtungslagers. Mit dem Vorrücken der roten Armee verließen sie ihren Posten.

QUELLEN :

1) Die Erinnerungen an die Vorgänge zitiert aus Auschwitz Geschichte eines Verbrechens Laurence Reese. S283- 289-

2) zu Datum des 13 Oktober sowie Urlaub der SS Männer und Verschiebung des Termins siehe Sarah Berger Experten der Vernichtung S 275/363. sie zitierte Aussage Franz Rum, 28.5 1962 6.1 1966 u 26.7. 1967 La Gericht Düsseldorf  Rep 388 Nr 763 Bl 135- 140  Nr 871 Bl 66- 71 u. Nr 246 Bl 104 – 108  Horn 6.1 . 1966 ebenda 871 Bl. 71-75.

3) zu Zahlen des Auftandes siehe Sara Berger Experten der Vernichtung  S276/366. sie zitierte Ittner 8.6. 1965 HHSTA Wiesbaden Abtl. 631 a Nr. 885 und Ittner 17/18 .7 1962 LA Münster Q 234 Nr 4275 Bl 116- 130.

4) zu Sporrenberg Preyssl, Höfle, und den Mord an den Häftlingen siehe Sara Berger Experten der Vernichtung – S277/ 368. sie zitierte Aussage Fuchs 28.5.1963 u. 13/14  11 1969 STA München Staatsanwaltschaften 33033 Bd 13. Bl 2639-2646 Bd. 25 bl. 55-73 Anton Dames 5.4. 1966 Hpt.V. La Münster Q 234 Nr. 4424 Bl. 1039 – 1053 Fuchs 19.9 1963 ebenda Nr 4292, Bl. 187-192 Bauer 10.5.1963 ebenda Nr 4289 Bl. 5 JUNSV 2001 Bd 25 Nr 641.

5)zu November Dezember und die zurückgelassenen Trawniki Männer siehe Sara Berger Experten Der Vernichtung      S 277

… Entscheidungen, des Massenmords … Belzec

Im Herbst 1941 waren weitreichende Entschlüsse gefaßt worden um die jüdischen Menschen des Reiches endgültig aus dem sogenannten „deutschen Volkskörper“ zu entfernen. Man bereitete nun alles für die Deportationen vor. Am 17 September hatte Hitler sehr wahrscheinlich, mit Himmler die geplanten Deportationen aus dem Reich und Protektorat besprochen, denn einen Tag danach schrieb Himmler an Arthur Greiser, den Gauleiter des Warthelandes und bat diesen um Verständnis für die nun einsetzenden Deportationen in das Ghetto von Lodz, … doch es sei ein Führerbefehl. Am 13 Oktober war der Wirtschaftsminister und Reichsbankpräsident Walter Funk bei Hitler der sich seinem Minister gegenüber siegessicher zeigte und über die zukünftigen Aufbaupläne in den sowjetischen Gebieten dem sogenannten Generalstabsplan Ost äußerte. Am gleichen Tag traf Himmler den damaligen SS und Polizeiführer Globocnik, als auch Krüger den Höheren SS und Polizeiführer des gesamten Generalgouvernements. Globocnik war Himmlers Mann zum Aufbau der deutschen Siedlungen im District Lublin (um Zamosz) und gleichzeitig für die sicherheitspolizeilichen Aufgaben in diesem Gebiet zuständig. Er hatte Himmler am 1 Oktober 41 einen Brief geschrieben in dem er seine ersten Grundzüge einer „Zusammensiedlung“ der Volksdeutschen vorlegte bzw „Entsiedlung“ für volksfremde Elemente und hierfür um ein Treffen bat. Globocnik hatte sich schon seit Monaten für ein radikaleres Vorgehen gegen die jüdischen Menschen, als auch Partisanen ausgesprochen, nun im Zuge Hitlers Deportationsbefehls und den vorbereitenden Siedlungsplänen für Volksdeutsche im Raum Zamosz erkannte man die Möglichkeit eines radikalen Vorgehens. Himmler könnte wenn man den Zeitablauf betrachtet Globocnik und Krüger den Vorschlag gemacht haben auch im Raum Lublin dem kleinen SS Imperium ein chemisches Verfahren, also eine Gaskammer zur Ermordung der Vielzahl an jüdischen Menschen einzusetzen, vor allem jener Menschen die man für arbeitsunfähig hielt. Hierfür spricht auch, dass man schon am 14 Oktober 41 den Polizisten und Inspekteur der Euthanasieanstalten Christian Wirth als auch SS Angehörige aus den Konzentrationslagern Buchenwald und Sachsenhausen zur Kanzlei des Führers abkommandierte. Der Polizeihauptmann Christian Wirth wird die Vernichtungslager in diesem Raum Lublin aufbauen und das Mordprogramm leiten. Rückwirkend trat im November für den 15 Oktober 1941 auch ein sogenannter Schießerlass, der unbefugtes Verlassen des zugewiesenen Wohnbezirkes unterbinden sollte in Kraft, den man radikal gegen die jüdischen Menschen der Ghettos einsetzte. Der Deportationsbefehl Hitlers hatte den Druck auf eine „Endlösung“ der Judenfrage stark erhöht, politisch rechtfertigte sich angesichts der Spannungen mit der USA (seine Prophezeiung der Judenfrage aus dem Jahr 1939) ein radikales Vorgehen und schlussendlich sah man auch die Siedlungspläne der Volksdeutschen gefährdet. Um die jüdischen Menschen weiter zu ghettoisieren sah man zu diesem Zeitpunkt weder den Raum, den man sich jedoch noch in Sowjetrussland erhoffte, noch eine Möglichkeit der Versorgung dieser. Das Massensterben in den Ghettos hatte längst eingesetzt, und auch Deutschlands Verluste im Ostfeldzug erreichten immer neue Höhepunkte, die man „natürlich“ einer jüdisch bolschewistischen Pest zuschrieb. All diese Faktoren führten schlussendlich zu der Entscheidung die jüdischen Menschen Massenhaft zu ermorden, durchgesetzt hatte sich hierbei die Methode „Gas“, also ein chemisches Verfahren.

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19 Oktober 1943 – Das Ende der „AKTION REINHARD“ –

19 Oktober

Die Aktion Reinhardt ist abgeschlossen wie SS- Gruppenführer, Globocnik Himmler zu berichten weiss “Ich habe mit 19.10.43 die Aktion Reinhardt, die ich im Generalgouvernement geführt habe, abgeschlossen und alle Lager aufgelöst .”

Odilo Globocnik, kaltblütiger Karrieretypus und Massenmörder. Laut Aussagen war die Terrasse seiner Villa mit jüdischen Grabsteinen des nahegelegenen Friedhofs gepflastert.

„AKTION REINHARDT“

 Die “Aktion Reinhardt”  stellt den Abschluss der von Heydrich begonnen Aktion die im Herbst 41 eingeleitet wurde und später mit dem Befehl zum Bau der Lager, Belcek, Sobibor,  und im April mit dem Befehl zum Bau Treblinka umgesetzt wurde. Nun im Herbst 1943 fand diese ihren grauenvollen Abschluss. Diese Aktion stellt den Kern oder den eigentlichen Mittelpunkt der Vernichtung der jüdischen Menschen also des Holocausts selbst dar, auch wenn dieser, sich nicht auf die Lager der Vernichtung, und auf diesen Zeitraum der Aktion beschränkt, stellt diese Aktion doch, das Herzstück der systematischen Tötung dar. Die Aufgabe dieser Lager bestand zu Beginn der Aktion darin, während der Räumung des  Generalgouvernement und dessen Ghettos, nach Hitlers Deportationsbefehl im Herbst 1941, die jüdischen Menschen zu ermorden, Platz zu schaffen, um Hitlers Deportationsbefehl der Reichs bzw. Protektorats – Juden folge leisten zu können. Schlussendlich weitete sich diese Mordaktion auf Deportationen aus ganz Europa aus, Die Zukunft Europas ob mit oder ohne Nazideutschland sollte unter dem Gesichtspunkt dieses rassischen Weltbildes ohne diese “Untermenschentum” gesichert werden, um sämtliche vermeintlich jüdische Verschwörungen, seien sie nun kapitalistischer oder bolschewistischer „Natur“ für immer zu verbannen. Im Gegenzug versuchte man, die germanischen Werte und seine, vermeintliche ursprüngliche schöpferische Kraft, in seinem eigentlichen biologisch rassischen Sinn wieder herzustellen, und die Reinheit des Blutes für die nächsten Jahrhunderte germanischer Weltherrschaft wieder herzustellen. Im Falle der Niederlage Nazideutschlands hätte, man so den nachfolgenden Generationen den Kampf im folgenden Jahrhundert “…. wenn sie wieder aufstehen könnten “, ermöglicht und den eigentlichen Krieg gegen das ” Weltjudentum “ und den daraus entstehenden fürchterlichen Konsequenzen “…der Kampf den folgenden Generationen nicht mehr führen müssen …” die Grundlage geboten. Die Aktion Reinhardt kann auch als Übergang vom Massenmord der sich durch gezielte aber in ihrem Wesen nicht durchgeplante Massenerschießungen begann langsam in eine systematische Vernichtung der Juden verwandelte und ab einem gewissen Punkt der militärischen “Ausweglosigkeit” als einziges wirkliches Ziel der nationalsozialistischen Diktatur gesehen werden, kann, nämlich die Ermordung der Menschen so schnell wie möglich zu ihrem Abschluss zu bringen und dann die noch im deutschen Einflussgebiet stehenden Länder und der dortigen potentiellen “ jüdischen Gefahr“ sich zu entledigen. Dieser nächste Schritt der Nationalsozialisten der teils aus „transporttechnischen“ und kriegsbedingten Gründen schon in die Aktion Reinhardt fiel, sollte nun nach der “Schließung” der Lager, nach Aufständen und dem Abschluss der Deportationen aus dem Reichsgebiet von Auschwitz übernommen werden. Dieses Lager, dass sich zu unglaublichen Dimensionen entwickelt hatte und dessen Gaskammern und Krematorien zu diesem Zweck ausgebaut wurden, tritt ab nun in den Mittelpunkt der Tötungsgeschichte, und wird seinen grausamen Höhepunkt mit der Vernichtung eines großen Teils der ungarischen Juden 1944 erreichen.

Schlussendlich verbuchte Globocnik am 15.12.1943 unter dem Titel „Aktion Reinhard“ in seinem Abschlussbericht, über die an das SS-WVHA (SS Wirtschafts Verwaltungs Haupt Amt) abgelieferten Werte  fogendes. Seine Mitarbeiter Wippern und Rzepa registrierten im Rahmen der „Aktion Reinhard“ Werte in der Höhe von 178.745.960,59 RM, der Anteil an Geldmittel (Zloty und RM-Noten) betrug davon fast 74 Mill. RM, Devisen in Noten ca. 4,5 Mill. RM. An Edelmetallen wurden über 8,9 Mill. RM verbucht, an Devisen in gemünztem Gold über 1,7 Mill. RM, an Juwelen und sonstigen Werten über 43,6 Mill. RM. Der Wert der Textilien wurde mit 46 Mill. RM beziffert. Somit war diese Aktion einer der größten Enteignungs und Mordaktionen der Geschichte.

 In diesen Lagern gab es keine Selektionen, sie standen in keiner großen wirtschaftlichen Dimension wie Auschwitz, es sei denn, man berücksichtigt das jüdische Vermögen, welches man den Todgeweihten vor den Gaskammern oder nach ihrem Tod noch abgenommen hatte. Diese Zahlen allein zeigen den Umfang der Mordaktion. Die Selektionen dieser Lager fanden in den Ghettos statt,(auch wenn in den Lagern selbst vereinzelt Menschen ausgewählt wurden) in denen jene, die Arbeit hatten, längere Zeit verschont geblieben waren, andere die als “unvermittelbar” galten, in die Gaskammern geschickt wurden, aber auch viele “wertvolle Zwangsarbeiter” dem System verloren gegangen waren. Schlussendlich 1942/43 versuchte  man alle Ghettos aufzulösen und die jüdischen Menschen aus den Zwangsarbeiterprogrammen heraus zu lösen. Diese Vernichtungsaktion, stellt also in seinem Kern die rein Ideologischen Bestrebungen des NS Systems und seinem Rassenwahn dar. 1942 wurden nach heutigen Schätzungen in den Tötungslagern und im gesamten Einflussgebiet der Nazis c.a 2,7 Millionen Menschen getötet wobei etwa 200 000 nach Auschwitz kamen. Die Zahl der von Einsatzkommandos getöteten, also durch Erschießungen oder sonstige Methoden, beläuft sich ungefähr auf 850 000 Tote. Im diesem Jahr 1943 steigerte sich die Kapazität der Vernichtung vor allem auch in Auschwitz auf 250 000, wobei insgesamt schätzungsweise 500.000 Juden getötet wurden. Auschwitz trat nun an Stelle der reinen Lager der Vernichtung und mit Abschluss der Aktion Reinhardt in den Mittelpunkt.

Die Mannschaft dieses „Projektes“ bzw der Aktion Reinhardt in Lublin wurde jedoch nicht getrennt. Der Kern blieb erhalten und wurde als „Abteilung R“ in das frisch von deutschen Truppen besetzte Italien beordert. Globocnik wurde für seine „Dienste“ trotz seinem verschlechterten Verhältnis zu Himmler zum Höheren SS Polizeiführer „Adriatisches Küstenland “ befördert. Er wurde dort dem Höchsten SS und Polizeiführer Karl Wolff, Himmlers ehemaligen persönlichen Adjutanten unterstellt. Himmler hatte im Laufe der Jahre mit Globocniks radikalen Methoden im Raum Lublin Probleme. Willkürliche Arisierungen, Mord und Vertreibung hatten bei den Zivilverwaltungsstellen immer wieder für Unruhe gesorgt. Doch dies dürfte schlussendlich nicht der Grund für die Verstimmungen zwischen Globocnik und Himmler gewesen sein.  Schon Ende 1942 gab es verstärkt Spannungen, die wohl mit Globocniks Umgang mit den jüdischen Sachwerten und seiner Aufgabe der Ermordung unzähliger Menschen zu tun hatte. Zeugenaussagen berichten dass Globocnik Ende 1942 sogar seine Uniform für einige Wochen abgelegt hatte und von Verstimmungen mit Himmler berichtete. Die Korruption in Lublin blühte unter seiner Herrschaft, doch konnte Himmler auf seinen SS Polizeiführer Lublin schlussendlich nicht verzichten. Globocnik war zu tief in die Aktion Reinhardt und die Geheime Reichssache der Ermordung der jüdischen Menschen verwickelt. Nach Abschluss der „Räumung“  des Generalgouvernements, wurde Himmlers Schwager Richard Wendler in Lublin eingesetzt der gegen Globocniks Betrügereien immer wieder interveniert hatte. Globocniks Männer und Mörder des ehemaligen Euthanasienetzwerkes aus den Vernichtungslagern wurden in einem Polizeihaftlager in Triest,  Risiera di San Sabba untergebracht. Auch hier ist zumindest ein mobiler Gaswagen bekannt in dem Menschen getötet wurden.

QUELLEN:

1) siehe Schreiben Globocnik vom 4 November 1943 an Himmler. Datum zum Abschluss der Aktion Reinhardt gibt Globocnik den 19 Oktober an- siehe Schreiben auf Shoaportalvienna Archiv

2) Vorläufiger Abschlussbericht der Kasse Aktion „Reinhardt“ Lublin per 15. 12. 1943, NO-062 siehe Shoaportal Archiv

Juni 1943 Lublin – Aktion Werwolf – Polen wird Judenfrei – Korruption der SS

Kundt,_Fischer,_Frank,_Wächter,_Zörner,_Wendler_Generalgouvernement(Quelle Wikipedia Schweden) Hans Franks und seine Distriktgouverneure im Generalgouvernement. v.l.n.r  Kundt, Fischer, Frank, Wächter, Zörner, ganz rechts Richard Wendler Himmlers Schwager

 Die letzten Wochen und Monate hatte es verstärkt Unruhe im Distrikt gegeben, was dazu geführt hatte, dass Hans Frank sich auf Hitlers Bitten mit Himmler trifft. Hitler vermittelte und erklärte am 19 Juni Himmler „das die Evakuierung der Juden trotz der dadurch in den nächsten 3 bis 4 Monaten noch entstehenden Unruhen radikal durchzuführen sei und durchgestanden werden müsse“ Frank beklagte in seinem Memorandum an Hitler das Chaos das durch die radikalen SS Maßnahmen im Generalgouvernement augelöst worden waren. Die schlechte Behandlung der Juden, die sich dadurch der Verhaftung entzogen hätten, sowie  die ständigen Übergriffe von Partisanen auf Volkdeutsche Ansiedler, die er vor allem der SS und deren radikalen Methoden und Vergeltungsmaßnahmen zuschrieb (wahrscheinlich Globocnik persönlich). Laut dem Historiker Sachslehner traf Himmler am 23 Juni 1943 Frank und  so scheint es musste dieser Kompromisse eingehen. Laut Überlieferung forderte Frank die Ablösung des SSPF in Lublin Odilo Globocnik sowie des Höheren SS und Polizeiführers Krüger. Diese alte Rivaltät sollte sich nun zu Hans Franks Gunsten entscheiden. In der Tat wurde (nach Einstellung der Aktion Reinhardt und Stilllegung der Vernichtungslager)  Globocnik kurz darauf als Höherer SS und Polizeiführer „Adriatisches Küstenland „ nach Italien versetzt, als auch Hsspf Krüger ab November zur 7. SS Freiwilligen Gebiergsdivision Prinz Eugen.  Am gleichen Tag den 23/24 Juni 1943 beginnt jedoch eine im deutschen Sprachraum kaum bekannte Aktion. Nachdem Himmler das Generalgouvernement zum „Bandenbekämpfungsgebiet“ erklärt hatte und mit  Hitlers Einverständnis, am 21 Juni von dem Bach Zelewski zum Chef der Bandenbekämpfung einsetzte, startete man nun die Aktion Werwolf, unter Leitung SSPF Globocniks. Die Zahlen sprechen für sich. Neben Polizei SS und deren Gehilfen zieht man etwa 10.000 Wehrmachtssoldaten im Raum Lublin zusammen. Was nun folgte waren Erschießungen polnischer Männer in weiten Teilen des Gebietes die man als Partisanen verdächtigte, radikale Deportationen und Vertreibung polnischer Familien. „rassisch Minderwertige“ deportierte man in Konzentrationslager.  Laut Globocniks Aktennotiz für Himmler vom 1 Juli 1943  –   werden dem Reich in dieser Aktion etwa 30 000 Arbeitskräfte zugeführt. Heutige Schätzungen gehen von 30.000 – 60.000 Vertriebenen in 171 Dörfern aus und dies in wenigen Wochen. Gleichzeitig deportierte man zwischen 22 und 24 Juni 1943 5000 Juden aus Sosnowitz und Bendzin nach Auschwitz, während man ab  August die letzten Ghettos Ostoberschlesiens liquidiert. Mitte August begann man das letzte große  Ghetto Bialystok zu räumen, und neuerliche Deportationen in Globocniks Distrikt,  in das Vernichtungslager Treblinka.

Korruption in der SS

Doch Globocniks Karriere in Lublin scheint nun endgültig verspielt. Seit 1940 liefen bei Himmler immer wieder Beschwerden über seinen Mann im SS District Lublin ein. Angefangen vom Reichsschatzmeister der Globocnik nachstellte wegen seiner Korruptionsaffaire als Gauleiter von Wien, bis zu seinem direkten Vorgesetzten dem Höheren SS u Polizeiführer Krüger der  wiederholt gegen Globocnik intervenierte. Die SS Gerichtsbarkeit vertreten durch Konrad Morgen hatte Ermittlungen geführt, und auch Richard Wendler Himmlers Schwager und  Distriktverwalter in Krakau der als Distriktverwalter in Lublin auf Globocniks Ablösung folgen sollte, berichtete Himmler über Lügen und Betrügereien des SS Polizeiführers. Jedoch wurde nicht nur Globocnik  von Himmler aus der Schusslinie der Korruptionsvorwürfe und Ermittlungen  genommen. Es ist bezeichnend, dass hier im gesamten Einflussgebiet der SS von Himmler neue Personalentscheidungen getroffen wurden, und auch Höss der Kommandant von Auschwitz wurde nach Oranienburg in die Verwaltung „befördert“ ( nach dem die Korruptionsermittlungen Auschwitz erreicht hatten). Schon im Oktober versuchte Himmler in seiner Posener Rede, das „Image“ seiner SS wieder herzustellen. Die unfassbare Korruption in den Konzentrationslagern konnte jedoch nie beseitigt werden.

Im November begann man die „jüdische Frage“ endgültig zu einem Abschluss zu bringen. Unter Globocniks Nachfolger als SS u Polizeiführer Lublin – Sporrenberg startete man eine schon länger geplante Aktion mit dem bezeichnenden Namen „Erntefest“. Diese Aktion sollte den großen Abschluss der ethnischen Säuberungen und „Befriedungsaktionen“ im Generalgouvernement bilden, den blutigen Abschluss kolonialer und rassischer Wahnvorstellungen.

hier weiterlesen Aktion Erntefest

QUELLEN:

1) zu Franks Memorandum, Aktion Werwolf als auch die Zahlen,  siehe Johannes Sachslehner Zwei Millionen ham ma erledigt Odilo Globocnik Biografie S 301- 303.

Leider ist Sachslehners tolles Buch ohne Quelltext ausgestattet was ein großer Schaden für das gesamte Werk ist. Im Netz ist sehr wenig bis gar nichts über diese Aktion zu finden die jedoch ein Schlüsselereignis ist – hier Wikipedia Polen die Sachslehners Zahlen bestätigen weil wie ich vermute   beide die gleiche Quelle benutzen nämlich ein polnisches Standardwerk zu diesem ThemaCzeslaw Madajczyk „Zamojszczyzna – Sonderlaboratorium SS“. Warsaw 1977. Hinweise darauf fand ich im Buch, doch kann ich es nicht mit Bestimmtheit behaupten, da jeder Quelltext fehlt –

zumindet beschreibt Sachslehner  Globocniks Aktennotiz mit persönlichen Stab Reichsführer SS 1 Juli 1943 –

AN DEN STYRIA VERLAG –

In diesem Fall muss ich die Frage stellen ob wir trotz Buchpreisbindung und einem Siegel des Verlags – Styria Premium –  nicht Anspruch auf etwas mehr Qualität des Buches haben. Der Autor dessen umfangreiche Werke ich alle besitze ist hier expliziet aus meiner Kritik ausgenommen. Es betrifft Fragen des Verlagswesen und dessen mäßige Qualität an wissenschaftlicher Auszeichnung. Schlussendlich schadet es nicht nur Sachslehners  Werk als Autor, sondern auch dem Verlag, dessen selbstverliehene „Premium“ Auszeichnung jeder Wissenschaftlichkeit entbehrt – Man merkt einmal mehr einen auferlegten Kosten und somit Zeitzwang den sich ein Verlag mit Anspruch auf Wissenschaftlichkeit in dieser Form bzw Ergebnis nicht leisten kann. Zu Herrn Dr. Johannes  Sachslehner – falls sie dies einmal lesen. – Sie sind ein „Herzverstand aus Österreich“, ich schätze Sie und ihr Werk – Danke für alles –

 2) hier ein hervorragender Quelltext VERLAG SIEDLER als Beispiel ! Zu Hitlers Erklärung 19 Juni siehe Peter Longerich Heinrich Himmler Biografie S 678 er zitierte BAB NS 19/1432 Notiz Himmler vom 22 Juni 1943 über die Besprechung

3) zu den Deportationen aus Ostoberschlesien also Sosnowitz und Bendzin 22 – 24 Juni nach Auschwitz siehe Peter Longerich Heinrich Himmler Biografie S 686 er zitierte Steinbacher Mustertadt S300ff

4) zu Bach Zelewski und den 21 Juni 43 als Termin seiner Ernennung siehe Enzyklopädie des Nationalsozialismu S 454 unter “ Chef der Bandenbekämpfung“

5) zu Bialytok und Treblinka siehe Artikel auf Shoaportal – Ich wollte mich immer schon einmal selbst zitieren und als Quelltext verifizieren so wie mancher Historiker –

JUNI 1943 – Das Reich ist „Judenfrei“ – Warschau – Reichskommissariate –

10 JUNI

640px-Berlin_Neue_Synagoge_2005

Die wieder hergestellte Synagoge in der Oranienburgerstraße in Berlin heute. Es ist wohl der grösste Sieg über die Naziverbrecher, dass Berlin heute einer der beliebtesten Städte für junge jüdische Menschen aus Israel und der ganzen Welt ist.-

Die jüdische Gemeinde in Berlin der Oranienburger Straße 29 wird von der Gestapo aufgelöst “Die jüdische Kultusvereinigung” wird geschlossen, ihre Mitarbeiter in das Sammellager “Große Hamburgerstraße” gebracht. Am 16 Juni werden sie und andere Juden insgesamt 500 darunter 300 Kranke zum Bahnhof Putlitzstraße gebracht und in den Osten „evakuiert“. Die Reichshauptstadt und auch das Reich selbst galt somit als „judenfrei“.

11 JUNI GHETTO WARSCHAU

Warschau Ghetto Mitte_Ende 1943

Himmler befiehlt abermals “daß das Stadtgebiet des ehemaligen Ghettos restlos eingeebnet wird jeder Keller jede Kanalisation zugeschüttet wird. Nach Abschluss dieser Arbeit ist auf diese Fläche Mutterboden aufzutragen und ein großer Park anzulegen.”

19 JUNI – GENERALGOUVERNEMENT

Hitler erteilte Himmler den Befehl “dass die Evakuierung der Juden trotz der dadurch in den nächsten 4-5 Monaten noch entstehenden Unruhen radikal durchzuführen sei und durchgestanden werden müsse” Im Generalgouvernement leben nur noch etwa einige zehntausend Juden, auch diese sollen entgegen allen Bestrebungen der Rüstungsbetriebe nun deportiert oder erschossen werden. In Ergänzung erklärte man das Generalgouvernemet zum „Bandenbekämpfungsgebiet“,  erklärte also den Ausnahmezustand, was ein umfangreicheres Vorgehen ermöglichte.

21 JUNI REICHSKOMMISSARIAT-OST

Himmler befiehlt nach der Liquidierung der Ghettos in Polen, nun auch die Räumung
aller Ghettos im Gebiet “Ostland” .

1) An den Höheren SS-und Polizeiführer Ostland

2)An den Chef des Wirtschaft und Verwaltungshauptamtes.

1. Ich ordne an, daß alle im Gebiet Ostland noch in Ghettos vorhandenen Juden in Konzentrationslager zusammenzufassen sind.

2.Ich verbiete ab 1.8.1943 jedes Herausbringen von Juden aus den Konzentrationslagern zu Arbeiten.

3. In der Nähe von Riga ist ein Konzentrationslager zu erreichten, in das die ganzen Bekleidungs-und Ausrüstungsfertigungen die die Wehrmacht heute außerhalb hat, zu verlegen sind .Alle privaten Firmen sind auszuschalten Die Betriebe werden reine Konzentrationslager-Betriebe. Der Chef des Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes wolle dafür sorgen, daß durch die Umorganisation keinerlei Rückgänge in den für die Wehrmachtnotwendigen Fertigungen eintritt.

4.Ein möglichst großer Teil der männlichen Juden ist in das Konzentrationslager im Ölschiefer-Gebiet zum Ölschiefer-Abbau zu verbringen.

5.Die nicht benötigten Angehörigen der jüdischen Ghettos sind nach dem Osten zu evakuieren.
6.Termin für die Umorganisation der Konzentrationslager ist der 1.8.1943.”

Globocnik meldet Himmler den Plan das Ghetto Bialystok aufzulösen und die
Werkstätten nach Lublin zu verlegen

22 – 24 JUNI

Die SS beginnt nun mit Deportationen aus dem Raum Sosnowiecz und Bendzin nach Auschwitz. Es werden hier etwa 5000 jüdische Menschen nach Auschwitz deportiert. Bis in den August werden die Ghettos dieser Städte geräumt sein wobei es auch hier zu wirtschaftlichen Problemen kommen wird.

QUELLEN:

1) 11 JUNI es handelt sich hierbei um das Nürnberger Doc NO-2496 TRIALS OF WAR CRIMINALS BEFORE THE NURNBERG MILITÄRY TRIBUNALS UNDER CONTROL COUNCIL LAW NO 10 NÜRNBERG OCTOBER 1946-APRIL 1949 BD 5

2) 19 Juni Longerich Peter Heinrich Himmler Biografie S685/85 es handelt sich hierbei um das Dokument BAB  NS 19/1432 Notiz Himmler vom 22 Juni 1943 über die Besprechung.

3) 21 JUNI NBG DOC NO- 2403 Fotokopie Institut für Zeitgeschichte München zitiert aus ANATOMIE DES SS STAATES S624 oder Helmut Heiber Reichsführer ! Briefe an und von Himmler S215

zu Globocnik siehe Longerich Heinrich Himmler Biografie S686/ 95 aus Arad Belzec S396 The Rainhardt Action  in the Bialystok District  in Freia Anders (H.G)Bialystok in Bielefeld. Nationalsozialistische Verbrechen vor dem Landesgericht Bielefeld 1958 -1967 Bielefeld 2003 S186-208 S204

4) 22-24 Peter  Longerich Heinrich Himmler Biografie S686 zitiert nach Steinbacher Musterstadt 300ff

Mai 1943 – Warschauer Ghetto – Jürgen Stroop – Judenfrage

” 2. LIQUIDIERUNG DES WARTSCHAUER GHETTOS, ALS DESSEN FOLGE MINDESTENS 56 056 PERSONEN ERMORDET UND WEITERE ZEHNTAUSENDE JUDEN UMS LEBEN GEKOMMEN WAREN…..”

Punkt 2 aus der Anklage gegen Jürgen Stroop 1951 in Polen

-Am 16 Mai 1943 endete der Warschauer Widerstand, der grösste Aufstand jüdischer Menschen im Dritten Reich –

Der verantwortliche SS – Offizier Jürgen Stroop meldete in seinem Abschlussbericht
“…ES GIBT KEINEN JÜDISCHEN BEZIRK IN WARSCHAU MEHR… “ DAS ZEIGEN UNS AUCH DIE FOTOS DIE HEUTE NOCH EXISTIEREN


MAI 1943

Nach den Erlebnissen im Warschauer Ghetto verschärfen die Nationalsozialisten nun alle Vorgehensweisen gegenüber den jüdischen Menschen. Man beginnt nun systematisch alle Ghettos aufzulösen. Auch kriegswichtige Produktionen müssen endgültig, ihre jüdischen Arbeiter hergeben. Dies schließt einen Prozess ab der schon vor der Wannseekonferenz begonnen hatte, in dem die jüdischen Räte auf Grund der Produktivität ihres Ghettos das Leben der Menschen zu sichern versuchten, später in der Wannseekonferenz Heydrich diesen Gedanken der “produktiven Juden” übernommen hatte und nun 1943 dieser Prozess angesichts der militärischen Lage und des jüdischen Widerstandes sich zu einem radikalen Ende neigt.

Wie man jedoch nachvollziehen kann, ist die Auflösung der Ghettos kein Prozess der in einem direkten Verhältnis zu den Widerständen innerhalb des Ghettos steht, sondern die letzte Konsequenz der zu Ende geführten “Aktion Reinhardt”.  Wie in den ersten Monaten 1943 ersichtlich, sind es vor allem das Generalgouvernement und die Ukraine in welchen man nun die breit verstreuten Ghettos, oder Arbeitslager auflöst oder in Konzentrationslager umwandelt. Es sind die letzten Schritte des von Heydrich indizierten Plans des “Endlösung.” Der mutige Widerstand im Ghetto Warschau und in anderen Ghettos und Vernichtungslagern der nun entstand oder noch aufblühte war eine Reaktion der jüdischen Bevölkerung auf diese Tatsache der endgültigen Verschickung und Ermordung der letzten jüdischem Menschen, die zu einer Radikalisierung der Maßnahmen auf Seiten der Nazideutschen führt. Im Ghetto musste Himmler immer wieder mit ihm unliebsamen Verwaltungsstellen des NS Regimes und auch der Wehrmacht kooperieren. Dies ist sichtlich auch ein weiterer Grund warum Himmler die noch verbleibenden Ghettos wenn nicht liquidiert und die Menschen gleich tötet,  in Konzentrationslager umwandeln wollte. SSPF Katzmann wird im Mai die Liquidierung der Ghettos im Distrikt Gallizien befehlen

Etwa 80 000 jüdische Menschen werden diesen Befehl zum Opfer fallen. Die SS wird mit äußerster Brutalität diesen Befehl folge leisten. Auch das Generalgouvernement und der Warthegau (bis auf LODZ, Theresienstadt) wird in diesem Jahr 43 als “judenfrei” gelten, wie auch das Großreich selbst.

Am 21 Mai befahl er sämtliche Juden aus dem Reichsgebiet und Protektorat bis spätetens 30 Juni in den Osten zu evakuieren. Damit hatte Himmler bis Ende des Jahres 43 den ersten Schritt der “Endlösung der Judenfrage” durchgeführt. Die Aktion Reinhardt galt somit als abgeschlossen. Nun werden sich die Mordschergen vermehrt an die “Peripherie” des Reiches heranwagen und die europäischen Länder im Einflussgebiet des Reiches zu neuerlichen Deportationen drängen, um die europäische Judenfrage endgültig zu einem Ende zu bringen. Hier wird Auschwitz- Birkenau- Monovice in den Mittelpunkt des Vernichtungsbetriebes treten.

1 MAI
Göbbels Tagebuch,

netz

“Die Berichte aus den besetzten Gebieten bringen nichts sensationell neues. Bemerkenswert sind nur außerordentlich scharfe Kämpfe in Warschau zwischen unserer Polizei, zum Teil sogar unserer Wehrmacht, und den rebellierenden Juden Die Juden haben es doch tatsächlich fertiggebracht, das Ghetto in Verteidigungszustand zu setzen. Es spielen sich dort sehr harte Kämpfe ab, die sogar dazu führen, daß die jüdische Oberleitung tägliche Heeresberichte heraus gibt. Allerdings wird der Spaß wahrscheinlich nicht lange dauern, man sieht aber daran wessen man sich Seitens der Juden zu gewärtigen hat, wenn sie in Besitze von Waffen sind. Leider besitzen sie auch zum Teil gute deutsche Waffen, vor allem Maschinengewehre. Weiß der Himmel, wie sie daran gekommen sind .”

16 MAI

SS Brigardeführer Stroop meldet das Ende der Großaktion im Ghetto Warschau mit
den schriftlichen Worten:

“Es gibt keinen jüdischen Wohnbezirk in Warschau mehr” Symbolisch wird um 20 Uhr 15 des selben Tages die Warschauer große Synagoge gesprengt. Weiters berichtet er dass im Zuge der Räumung 15 Deutsche getötet wurden etwa 90 verwundet von den 56 065 insgesamt erfassten Juden seien ca 7000 im Zuge der Großaktion im jüdischen Wohnbezirk selbst getötet worden, so dass die Zahl der insgesamt getöteten sich auf 13 929 sich belaufe. Über die Zahl von 56 065 hinaus seien ungefähr 5000-6000 Juden bei Sprengungen und durch Feuer vernichtet worden.

21 MAI

Himmler befiehlt, sämtliche Juden des Reichsgebiets einschließlich des Protektorats seien bis 30 Juni “nach dem Osten” bzw nach Theresienstadt zu deportieren.

31 MAI

Im Generalgouvernement wird ein Sitzung mit hochrangigen Naziführern einberufen um die Sicherheitssituation zu besprechen. Der Stellvertreter Franks meint bei dieser Sitzung es geht um die Räumung des Ghettos “….sei übrigens sehr schwierig gewesen. Der Verlust an Polizeikräften habe 15 Tote und 88 verletzte betragen. Man habe festgestellt,… daß Jüdinnen mit der Waffe in der Hand bis zum letzten gegen die Männer der Waffen -SS und Polizei gekämpft hätten.”

Quellen:

1) zb Peter Longerich Heinrich Himmler Biografie S684- 688 besitzt den besten Überblick über die radikalen Geschehnisse in diesen Monaten (sehr zu empfehlen) – zu Katzmann. zu seinem Befehl siehe S683 zu 21 Mai siehe S686.

2) 16 Mai zu Stroops Bericht NÜRNBERG DOC 1061-PS DER PROZEß GEGEN DIE HAUBTKRIEGSVERBRECHER VOR DEM INTERNATIONALEN MILITÄRGERICHTSHOF AMTLICHER TEXT DEUTSCHE AUSGABE BD 26 URKUNDEN UND ANDERES BEWEISMATERIAL NR 405-PS BIS NR 1063(d)- PS,NÜRNBERG 1947 S628, 641 DIE ZAHL DER GETÖTETEN DEUTSCHEN IST WAHRSCHEINLICH HÖHER ALS HIER ANGEGEBEN

3) 31 Mai HANS FRANK DIENSTTAGEBUCH

April 1943, Hitler, Tiso, Aktion 1005

17/18 APRIL

Hitler trifft sich im Schloss Kleßheim in Salzburg mit Horthy um unteranderem weiter Druck auf die ungarische Regierung auszuüben. Hitler erklärt Horthy seine Sicht der Dinge “[Polen] ….Wenn die Juden dort nicht arbeiten wollen, würden sie erschossen. Wenn sie nicht arbeiten könnten, müssten sie verkommen. Sie wären wie Tuberkelbazillen zu behandeln, an denen sich ein gesunder Körper anstecken könne. Das wäre nicht grausam, wenn man bedenke, daß sogar unschuldige Naturgeschöpfe wie Hasen und Rehe getötet werden müssten, damit kein Schaden entstehe. Weshalb sollte man die Bestien, die uns den Bolschewismus bringen wollten, mehr schonen ? … Völker die sich der Juden nicht erwehrten, verkämen … Eines der berühmtesten Beispiele dafür sei das Absinken des einst so stolzen Volkes der Perser, die jetzt als Armenier ein klägliches Dasein führten.”

22 APRIL

tio

Tiso Staatspräsident der Slowakei mit Hitler –  Priester und Faschist (Quelle Grenzbote ÖNB ANNO ) Hitler trifft nun 1943 seine treuen Verbündeten um Abstimmungen in Kriegs – und Judenfragen zu treffen. Auch Tiso kommt am 22 April nach Salzburg. In seiner Begleitung Ministerpräsident Tuka, sowie der Innenminister Alexander Mach.

Der “Völkerrechtler” Dr Tuka (1941 in Berlin reicht Hitler die Hand) der sich wie Hitler als Führer bezeichnete. Die faschistische Bewegung “Hlinka” in der Slowakei hatte daher auch ihre eigenen Symbole  wie an Tukas Ärmel zu erkennen. Tuka war einer der treuesten Anhänger des Hitlerismus.

Die Nazideutschen drängen den slowakischen Ministerpräsidenten als auch Tiso den Staatspräsidenten zur Auslieferung der letzten 20 000 vorwiegend getauften Juden. Der  Ministerpräsident und Völkerrechtler  sieht sich jedoch nun erheblichen Protesten gegenüber. Die slowakische Geistlichkeit lässt in ihren Diözesen einen Hirtenbrief verlesen in dem man sich gegen die Deportationen der Juden ausspricht und auch von Seiten der Bevölkerung beginnt sich Widerstand zu mobilisieren. Am 13 April traf Tuka den deutschen Gesandten Ludin der berichtete folgendes über diese Treffen:

“Ministerpräsident Dr Tuka ließ mich wissen, daß die slowakischen naiven Geistlichen derartige Gräuelmärchen glauben würden und er wäre sehr dankbar, um diesen Gräuelmärchen entgegenzutreten zu können, von deutscher Seite eine Beschreibung der Verhältnisse in den Judenlagern zu erhalten. Weiters würde er es für besonders propagandistisch wertvoll halten, wenn eine slowakische Abordnung, die zweckmäßigerweise aus einem Abgeordneten, einem Journalisten und vielleicht auch einem katholischen Geistlichen zusammengesetzt sein sollte, ein deutsches Judenlager besuchen könnte. Wenn sich eine derartige Besichtigung organisatorisch ermöglichen ließe, würde ich die Durchführung durchaus begrüßen .” fügte Ludin hinzu….

16 APRIL

Wienerwald den 16 APRIL 1943

AN DEN VORSTAND DES LEBENSBORN

SS-Standartenführer Sollmann

ZENTRALE

Standartenführer,

…Es handelt sich um eine Kindesmutter Agnes Spangenberg. Schon in der ersten Zeit ihres Hierseins verursachte sie erhebliche
Unruhe unter den Müttern durch Schwätzereien über ihre Tätigkeit bei der Gestapo in Smolensk. Sie gab ausführliche Berichte von Massenhinrichtungen
von Juden ,wobei auch Säuglinge durch Genickschuss getötet sein sollen. Ich habe sie damals energisch zur Rede gestellt, da derartige Schilderungen sicher nicht in den Rahmen eines Entbindungsheimes gehören … Es grüßt gehorsamst mit                    

HEIL HITLER !

(DR SCHWAB) SS- OBERSTURMFÜHRER und HEIMLEITER

“ENTERDUNGSAKTION”

Knochenmühlen, vernichtende Wahrheit hinter dem  “Vernichtungsbetrieb” aufgenommen im Konzentrationslager Janowska

Das von Heydrich zwischen Jänner und März 1942 begonnene Projekt des Einsatkommandos 1005 – benannt nach dem Aktenzeichen im Reichssicherheitshauptamt welches unter dem Kommando des düsseldorfer Architekten Paul Blobels stand und dazu gedacht war, die Beseitigung der Beweise der menschlichen Überreste der Massenexikutionen und Vergasungen durchzuführen, sollte in diesem Zusammenhang, nun vor neue umfangreiche Aufgaben gestellt werden. Die Tatsache der vorrückenden russischen Armeen, veranlasste Blobel, zu einer Forcierung seiner Aufgabe. Ab August bildete man hierzu drei Sonderkommandos- 1005 A, B, in der Ukraune,  Mitte  in Weißrussland (C), welche die Massengräber zu exhumieren begannen. Die „Überreste“ wurden oftmal  durch jüdische Häftlinge selbst beseitigt. Hierzu bewegte man sich von Ost nach West. Gleichzeitig richtete man lokale Kommandostellen im Baltikum, Bezirk Bialystok, Generalgouvernement, in den Reichsgauen- Danzig Westpreußen und dem Wartheland sowie in Jugoslawien ein. Erste Versuche die Gräber zu sprengen gab man schnell auf und man begann wie schon zuvor im regulären Vernichtungsbetrieb die Toten auf Scheiterhaufen oder auf Schienensträngen zu verbrennen. Um die nichtverbrennbaren Teile der Körper zu zerkleinern, ein, „Problem“ daß schon während des Euthanasieprogramms aufgetreten war, und in manchen Lagern dazu geführt hatte daß man Getreidemühlen bei Bauern konfiszierte, begann man nun mit sogenannten speziellen Knochenmühlen die Überreste von Massenmorden zu beseitigen.

QUELLEN:

1) zu den Treffen Horthy , Tiso Tuka in Kleßheim siehe Saul Friedländer Jahre der Vernichtung S 511 – 513 als auch die Zeitungen in der Österreichischen Nationalbibliothek Projekt ANNO.

2) Zu Horthy siehe Andreas Hillgruber  staatsmänner und Diplomaten bei Hitler Vertrauliche Aufzeichnungen über Unterredungen mit Vertretern des Aulandes Bd. 2 Frankfurt a. M 1970 s256 f  wir zitierten aus Friedländer Jahre der Vernichtung S511.

3) Ludins Bericht ist aus den Akten zur deutschen Auswärtigen Politik  1918- 1945 Serie E 1941- 1945 Bd 5 S 581ff Saul Friedländer Jahre der Vernichtung S 513

4) 16 April zitiert nach LEBENSBORN EV –  HILLEL S85 weitere Angaben finden sich nicht jedoch betont Hillel dessen Buch zur Grundlage der Standardliteratur zu dem Thema Lebensborn wurde dass er dieses Titat aus einem Originaldokument zitierte. (letzte Seite des Buches)

5) „Enterdungsaktion“ siehe zb  Enzyklopädie des Nationalsozialismus  S494

19 APRIL DIE GROSSE JAGD IN WARSCHAU

 Die Tradition an jüdischen Feiertagen die schlimmsten Aktionen im Ghetto Warschau durchzuführen wird weiter beibehalten nun beginnt einen Tag vor dem jüdischen Pessahfest die endgültige Räumung des Ghettos. Die offenen Kämpfe im Ghetto dauern vom 19 bis 28 April. Zu dieser Zeit müssen sich die Widerständler nach erheblichen Verlusten in die Keller und selbst errichteten Bunker des Ghettos zurückziehen. Mit Flammenwerfern, Tränengas und Handgranaten durchstöbern die Deutschen jeden Winkel jeden Keller jedes Haus des Ghettos und stöbern die todesmutigen Männer und Frauen aus ihren Verstecken. Am 8 Mai wird der Kommandobunker des Widerstandes in der Mila Straße 18 von den Deutschen gestürmt und Anielewicz einer der Anführer des ZOB getötet. Einigen gelingt es durch die Kanalisation auf die “arische Seite” der Stadt zu entkommen. Tage später kehren manche zurück um vermeintliche Überlebende zu retten, keiner war jedoch nach dieser  Aktion der Nazis innerhalb des Ghettos zurückgeblieben.

Das brennende Ghetto wird entgültig geräumt, der Widerstand ist gebrochen. Die Mehrheit der warschauer Ghettojuden sind schon lange deportiert. Nun werden auch die letzten Juden deportiert die für die Nazis noch in Rüstungsbetrieben tätig waren.

Jürgen Stroop mit seinem Einsatzkommando. Stroop wurde ins Ghetto geholt um den Widerstand zu brechen. Verärgert wird er in seinem Bericht an Himmler festhalten, wieviele Juden sich der Tötung und Verhaftung durch Selbstmord entzogen – Wie im Bild unten zu sehen.

Sprung aus dem Fenster letzter Ausweg vor der Deportation – unten das Leben im Ghetto.Verstecke überall auch im Boden –

 Quellen:

1) 19 April Die grosse Jagd in Warschau siehe zb Saul Friedländer Jahre der Vernichtung Kapitel Acht – Dritter TEIL SHOA S550 / 51

2) Shoaportal empfiehlt zu diesem Thema Kazimierz Moczarski: Gespräche mit dem Henker Jürgen Stroop – Als Opfer des stalinistischen Terrors war der bürgerlich-demokratische Widerstandskämpfer Kazimierz Moczarski seit August 1945 eingekerkert. Um ihn psychisch zu brechen, pferchte ihn die polnische Stasi für neun Monate in eine Zelle mit Jürgen Stroop, dem SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS und Polizei, der 1943 die Zerstörung des Warschauer Ghettos befehligte. Aus der Erinnerung zeichnete Moczarski die »Gespräche mit dem Henker« auf: die beklemmende Biografie und das zutiefst verstörende Psychogramm eines national-sozialistischen Massenmörders.

Moczarskis Buch ist ein guter Einstieg in das Thema um die Räumung des Warschauer Ghettos als auch die Geschichte des Nationalsozialismus selbst. Schwierig wird es jedoch mit seinem historischen Wert als Zeitzeugenbericht Stroops. Moczarskis Buch wurde aus dessen Erinnerungen an die Gespräche mit Stroop als auch durch Recherchen nach seiner Freilassung ergänzt. Unklar bleibt in diesem Buch was Stroops Erinnerungen sind und wo Moczarskis Recherchen und  Erkenntnisse beginnen. Moczarski hatte keine Möglichkeit während den Gesprächen Aufzeichnungen zu machen. Es sind Gedächntnisprotokolle, die sehr detailgenau sind. Hier liegt die Schwierigkeit – Moczarski ergänzte seine Erinnerungen durch eigene Nachforschungen und es wird hier sehr schwer zu trennen was hier im Detail von Stroop selbst berichtet wurde und was ergänzt wurde oder sich im Gedächtnis des Autors ergänzte. Deswegen hatte ich dieses Buch so sehr ich seinen Wert schätze schlussendlich für Shoaportal als Quellengrundlage nicht gewählt. Trotzdem empfehle ich es als einen historisch fundiertes und wertvolles Buch zu dieser Geschichte.

März 1943 – Osti, Korherr , König Boris von Bulgarien

13 MÄRZ

SSPF (SS und Polizeiführer) in Lublin Odilo Globocnik wird von Himmler zum Chef der “OSTINDUSTRIE GMBH” kurz Osti ernannt. Ein weiterer Vertrauensbeweis Himmlers gegenüber seinen Vasallen der einst wegen Korruption  in Wien seine Karriere fast verbürgt hätte, später tausende Menschen erschießen, sprengen und schlussendlich als Organisator und Chef der Aktion Reinhardt über eine Million Menschen in die Gaskammern schickte. Für Globocnik jedoch stellte die neue Aufgabe, ein ihm wohl vertrautes Betätigungsfeld dar, denn die “Ostindustrie GMBH” beschäftigte sich mit Arisierungen, Vermögenstransfers, und der Organisation von Zwangsarbeit. Als Hausbank stellte sich die Dresdner Bank zu Verfügung, deren Vorstand Prof. Dr Emil Heinrich Meyer zufällig auch Standartenführer der SS war. Das Finanzkapital kam jedoch auch aus den Vernichtungslagern.

Am 26. 7. 38 hatte man die produktiven Sparten der SS eigenen Unternehmen in den Konzentrationslagern in einer Gesellschaft zusammen geschlossen kurz DWB – Deutsche Wirtschaftsbetriebe – Die „Osti“ fungierte als Ableger dieser SS Gesellschaft. Man versuchte also nach Vorbild des Reiches auch im Osten , die SS eigenen Betriebe, die damit einhergehende vor allem jüdische Zwangsarbeit zu organisieren und die „Gewinne“ aus den Deportationen und Enteignugen „bewegliche jüdische Vermögen“ der Menschen wirtschaftlich einzuetzen. Georg Lörner der Geschäftsführer der DWB und Oswald Pohl der Leiter des Wirtschaftsverwaltungshauptamtes der SS zeichneten den Gesellschaftvertrag und SS PF Globocnik in Lublin wurde als Geschäftsführer eingetragen. Doch die Pläne der Nationalsozialisten und der SS im Osten sollten mt der vollkommenen Räumung des Generalgouvernements von den jüdischen Menschen vor allem nach den Aufständen in Warschau, Bialystok, Sobibor und Treblinka und der damit einhergehenden Aktion Erntefest fallen gelassen werden. Es gab kein jüdisches Vermögen mehr zu verwalten und enteignen, die russische Front rückte immer näher und so musste man die Träume eines SS Imperiums im Osten aufgeben. Die Gesellschaft wurde schon bald nach ihrer Gründung wieder aufgelöst

23 MÄRZ

Die statistischen Berechnungen Korherrs sind fertig. Ein erster (von insgesamt 2) Bericht wird dem Reichsführer vorgelegt. Die evakuierten Juden werden auf 1 873 539 geschätzt. Für Hitler persönlich wurde eine weitere Abschrift der Statistiken und Berechnungen angefertigt wobei man das Wort “Sonderbehandlung” gegen die Umschreibung Transportierung von Juden aus den Ostprovinzen nach dem russischen Osten ersetzte. Wie man heute vermutet wurden die Zahlen in Hitlers Bericht gesteigert. Der Korherrbericht ist die umfangreichste statistische Berechnung die das Naziregime über die Tötung des Judentums jemals anfertigen ließen. Der Führer erhielt diesen Bericht einen Tag vor seinem 54 Geburtstag.

31 MÄRZ

Polen, Ghetto Krakau, Einfahrt

Das Ghetto in Krakau wird geräumt. Es gibt einige große Selektionen, jene die zur “Arbeit” abgestellt wurden werden in das Lager Plaszow gebracht das unter der Leitung des Wieners Amon Göths stand. Ihre Ermordung sollte noch einige Zeit dauern. Systematisch werden jetzt die letzten Ghettos und viele Arbeitslager geräumt. Man versucht Produktionen zu verlagern in Konzentrationslager und die dann der SS Ost Industrie GMBH einzuordnen.

BULGARIEN

Hitler und König Boris von Bulgarien Nazis

König Boris und Hitler. Noch heute in der EU, ist die Zeit der Besetzung Makedonien durch die Bulgaren ein umstrittenes Thema. König Boris lieferte die makedonischen und thrakischen Juden an Hitler aus.

Im März hatte Dannecker das Versprechen der bulgarischen Regierung das “Judenproblem” bald einer Lösung zuzuführen. Die bulgarischen Behörden hatten zu diesem Zweck die jüdischen Menschen in eigens dafür errichtete Lager zusammengetrieben und inhaftiert. König Boris persönlich hatte den Nazideutschen die baldige Deportation der Juden versprochen. Als die Deutschen nun auf die Deportation der bulgarischen Juden drängen, kommt es zu öffentlichen Widerstand und Unruhen. Auf Druck des Parlaments und der orthodoxen Kirche muss der König den deutschen SS Schergen eine Absage erteilen, und die geplante Evakuierung der Juden wurde endgültig abgesagt. Trotzdem hatten die bulgarische Regierung im März und April die “Sonderbehandlung” der Juden aus den besetzten Provinzen Thrazien und Makedonien unterstützt. Der König erklärte Außenminister Ribbentrop bei einem Besuch in Berlin im April des Jahres, dass er wohl die Zustimmung zur Abschiebung der Juden aus Mazedonien und Thrakien gegeben habe die einheimischen bulgarischen Juden jedoch für ein Straßenbauprojekt benötige und er, jene nicht gedenke auszuliefern. Nur bolschewistische kommunistische Elemente würde er abschieben lassen. Die bis dahin verschleppten Juden aus Thrakien und dem von den Bulgarien besetzten Makedonien wurden in das Generalgouvernement deportiert und von dort zum größten Teil zur Sonderbehandlung nach Treblinka geschickt. Es handelte sich hier um etwa 4000 Menschen aus Thrakien und etwa 7000 aus Makedonien. Chil Raichmann der im Tötunglager Treblinka als „Arbeitjude“ überlebte, berichtete in seine Aufzeichnungen (Ich bin der letzte Jude), diese makedonischen thrakischen (bulgarischen) Juden seien die kräftigsten und schönsten Juden Europas gewesen. Junge kräftige Männer Frauen und Kinder.

Quellen:

1) 13 MÄRZ Zum Datum der Gründung und Heinrich Meyer siehe SACHSLEHNER DER TOD IST EIN MEISTER AUS WIEN S92 – Allgemein hierzu Saul Friedländer Jahre der Vernichtung S 524 / 525

2) 23 MÄRZ GERALD FLEMING HITLER UND DIE ENDLÖSUNG “ES IST DES FÜHRERS WUNSCH” 1987 S149

3) BULGARIEN Longerich Peter- Heinrich Himmler Biografie S684, aus FREDERIC B CHARY THE BULGARIEN JEWS AND THE FINAL SOLUTION 1940-44 PITTSBURGH 42D CHary, Bulgarien Jews S178ff S197ff und S224ff.

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1943 Februar – Saloniki – Warschau – Lublin

FEBRUAR

Griechenland, Saloniki, Erfassung von Juden

Erfassung der jüdischer Männer in Thesaloniki Juli 1942 zur Zwangsarbeit (Bild: Bundesarchiv Berlin)

§ Die Juden in SALONIKI werden mit dem Judenstern gekennzeichnet

Rolf Günther trifft Anfang des Jahres in Saloniki ein um die geplanten Judenevakuierungen aus der nordgriechischen Stadt zu koordinieren. Im Februar
treffen Wisliceny und Brunner ein um gemeinsam mit Günther die Deportationen in Makedonien innerhalb eines Monats zu koordinieren. Weiters kommt es in Griechenland zu Enteignungen und Plünderungen jüdischen Vermögens. Man sammelt die Juden in einem verkommenen Bezirk der Stadt. Die jüdische Polizei selbst beteiligt sich an überfallsartigen Razzien gegen ihre eigene Volksgruppe, während das Oberhaupt der jüdischen Gemeinde, Rabbi Koretz versucht die Menschen zu beruhigen. In der Nähe des Bahnhofs richtete man das Durchgangslager ein von wo man die jüdischen Menschen deportierte. Am 15 März geht der erste Transport griechischer Juden nach Auschwitz. Innerhalb weniger Wochen waren 45 000 der 50 000 griechischen Juden deportiert. Doch kommt es zu vermehrten Protesten Konstantin Logothetopoulus der griechische Ministerpräsident spricht sich gegen die Evakuierung der jüdischen Menschen aus. Doch Himmlers willige Helfer von Altenburg und Wisliceny können den aufgebrachten Staatsmann beruhigen. Der Delegierte des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes in Athen Rene Burckhardt, bestand auf eine Deportation nach Palästina und nicht nach Auschwitz

Auch die Italiener stellten sich gegen die Deportationen der Konsul in Saloniki Guelfo Zamboni “Man sollte sich daran erinnern, daß nicht nur Juden
italienischer Nationalität Schutz gewährt wurde, sondern auch denjenigen, die ein Recht auf diese Nationalität beanspruchten oder die eine vergessene tatsächliche oder erfundene verwandtschaftliche Beziehung zu italienischen Juden geltend machten, oder sogar in einigen Fällen Juden, die tatsächlich keine derartige Beziehung hatten, die aber nach Ansicht des Konsuls in der Stadt oder der Region ganz eindeutig einen Beitrag, zu den kulturellen oder wirtschaftlichen Interessen Italiens geleistet hatten..” Verzweifelt versuchte man die Juden mit allen nur möglichen Mitteln zu schützen.

Für Himmler bedeutet dieser Umstand Schwierigkeiten. Italien ist als engster Verbündeter des Reiches ein Partner der die nationalsozialistische Judenpolitik bedingungslos unterstützen sollte. Angesichts der schlechten Kriegssituation und der Blockadepolitik der Italiener in der Judenfrage kommt es nun immer öfter zu Behinderungen verbündeter Regierungen in Fragen von „Judenmaßnahmen“ . Als Vorbild dient Italien. Himmler wird mehrmals bei Aussenminister Ribbentrop intervenieren . Hier im Februar bat er ihn  dringend  “ zum Audruck zu bringen, dass die Judenmaßnahmen des Rerichssicherheitshauptamtes […] nicht weiter sabotiert werden möchten.“

7 FEBRUAR

Hitler betont in der Rede von Rastenburg, vor seinen Reichs und Gauleitern erneut die Notwendigkeit das Judentum aus dem Reich und aus ganz Europa zu entfernen

15 FEBRUAR WARSCHAU

Himmler befiehlt Oswald Pohl dem Leiter des Wirtschaftsverwaltungshauptamtes, dass im Warschauer Ghetto ein Konzentrationslager zu errichten ist. Dies hat den Hintergrund, dass sein Befehl von Jänner die Rüstungsbetriebe aus Warschau nach Lublin zu verlegen sich als undurchführbar erweist. Aus diesem Grund will Himmler ein Konzentrationslager innerhalb des Warschauer Ghettos errichten, um die Arbeiter der dort noch ansässigen “rüstungs – wichtigen” Betrieben zu konzentrieren. Doch dieser Plan Himmlers wird keine Bedeutung mehr erhalten, denn schon am 19 April als man beginnt das Ghetto zu räumen bricht der Warschauer Widerstand los.
 
zu Warschau siehe auch diesen Beitrag

Im Reich beginnen nun 1943 die veheerenden Bombenangriffe der Alliierten. Hier ein Plakat zum Aufruf der Verdunkelungspflicht

Was nun geschah ist das Himmler die Ghettos vollkommen räumen lassen wollte, doch konnte man weite Teile der Produktionsstätten nicht verlagern. Deshalb blieben Restghettos über die er in Konzentrationslager umwandelte. Somit standen die jüdischen Menschen und die Produktionsstätten unter seiner Kontrolle. Dies geschah  nun in seinem gesamten Einflussgebiet, Wartheland, Generalgouvernement, und den Östländern.

QUELLEN:

 Griechenland: Wir zitierten dies aus Saul Friedländer Jahre der Vernichtung S 515- S518 – dieser zitierte

1) FEBRUAR SALONIKI – Griechenland zu Rabbi Koretz siehe JEWS and GREEKS remember their Past THE POLITICAL KARRIER OF TSEVI KORETZ (1933-43) in JEWISH SOZIAL STUDIES 12 2005 S111-166- zu Saloniki siehe ANDREW APOSTOLU THE EXCEPTION OF SALONIKA S181

2) zu den Zahlen der ersten Deportationen siehe MARK MAZOWER SAONICA CITY OF GHOSTS CHRISTIANS MUSLIMS AND JEWS 1430-1950 LONDON 2004 S404- S411

3) zu Wisliceny und Altenburg siehe ANDREW APOSTOLU THE EXCEPTION OF SALONIKA S181 zu den Italienern in Saloniki siehe Daniel CARPI ,A NEW APPROACH TO SOME EPISODES IN THE HISTORY OF THE JEWS IN SALONIKA DURING THE HOLOCOUST S271

4) Zu Ribbentrop und Himmler siehe Peter Longerich Heinrich Himmler Biografie S 683 er bezieht sich auf ifz NG 4956 Fernschreiben Sonderzug Westfalen an Wolff, Antwort der Abteilung Deutschland vom 14 Februar 1943

5) zu Warschau siehe Link oben oder Peter Longerich Heinrich Himmler Biografie S684 er zitierte das Schreiben  – Ifz NO 1882 Himmler an HSSPF Krüger 11 Januar 1942 Anmerkung: Die verbliebenen jüdischen Arbeiter (bzw. Rüstungsfirmen) aus Warschau nach Lublin umzusiedeln wurde schlussendlich nicht durchgeführt sondern die Arbeiter verblieben in Warschau und es wurde ein KZ eingerichtet (siehe hierzu Schreiben an Pohl 15 Februar)

11 JANUAR 1943 – EIN ÜBERBLICK IN JUDENFRAGEN

korherr 1978

Richard Korherr 1978 – Quelle (Holocaust History Projekt)

Hermann Hoefle sendet einen Funkspruch aus Lublin an SS Obersturmbannführer Franz Heim den stellvertretenden Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD im Generalgouvernement. Dann das gleiche Schreiben an Eichmann. Es wird vom Britischen Geheimdienst abgefangen und am 15.1 teilweise dechiffriert. Was zum Vorschein kam waren  Teilstatistiken der “Aktion Reinhardt” die ein Ergebnis bis zum 31 Dezember 42 enthielten. Dies ist interessant da man heute weiss, dass zur selben Zeit erste umfassende Ergebnisberechnungen der Aktion für Himmler bereit gestellt wurden. Eichmann trifft dazu Himmler am 11 August 42, wobei man in Himmlers Kalender auch den Eintrag über weitere Besprechungen rund um die Frage der Transporte aus Rumänien fand.  Am 15 Dezember entwirft Eichmanns Referat IVB4 einen Bericht mit der Überschrift “Tätigkeits und Lagebericht 1942 über die Endlösung der europäischen Judenfrage”. Von diesem Bericht ist heute kein Exemplar mehr vorhanden, doch weiss man aus brieflichen Kontakten rund um diese Berechnung, dass Himmler anscheinend erbost über die unprofessionelle Art und Weise dieser Statistiken war, die ihm kein genaues Bild der Lage zu vermitteln schien. Gleichzeitig ist Himmler bemüht sich generell einen gesamten Überblick zu verschaffen. Es stehen mehrere Fragen und Problem – stellungen zu dieser Zeit für Himmler fest. Die Frage der Deportationen und die damit einhergehende Frage der zur Sonderbehandlung abgestellten jüdischen Menschen. Die Frage der noch verbliebenen jüdischen Menschen im Generalgouvernement und anderen potentiellen Siedlungsgebieten der Nationalsozialisten. Die Frage der verbliebenen jüdischen Menschen in diversen Rüstungsbetrieben und deren Herauslösung aus dem Produktionsprozess. Die Frage der Konzentrierung jüdischer Arbeitskraft ausschließlich in Konzentrationslagern und wie er erbost feststellen wird, noch immer die Frage der aufzulösenden Ghettos die er eigentlich laut seinem Befehl vom 19 Juli 1942 im Dezember des Vorjahres abgeschlossen sehen wollte. Deshalb ist Himmlers Verstimmung in diesem Früjahr 1943 keine zufällige. Expliziet hatte er in diesem Befehl festgehalten dass ihm voraussichtliche Terminüberschreitungen rechtzeitig zu melden seien… Nun 1943 erkennt man nicht nur die drohende Niederlage an der Ostfront,  dass im deutschen Siedlungsgebieten noch immer “Juden” verblieben waren und die schnelle Herauslösung aus Wirtschaftsbetrieben auf  Widerstand traf. Himmlers Siedlungsprojekte schienen vorerst unter solchen Umständen schwierig. Mit Nachdruck wird Himmler versuchen die “Judenfrage”, und generell die Frage aller staatsfeindlichen Elemente im Generalgouvernement zu einem schnellen Ende zu bringen. Verärgert über die schlechten statistischen Leistungen, seiner eigenen SS Institutionen schreibt der Reichsführer am 18 Januar 43 an Obergruppenführer Müller:

Hoefletelegram

Quelle Wikipedia: Jahrelang wurden die Nazideutschen abgehört und von den Briten bespitzelt Tausende Nachrichten liegen heute noch in den Archiven

“Das Reichssicherheitshauptamt selbst hat …  auf diesem Gebiet keine statistischen Arbeiten mehr zu leisten, denn die bisherigen statistischen Unterlagen entbehren der fachlichen Genauigkeit.” Richard Korherr der Inspekteur für Statistik wird vom Reichsführer am selben Tag für neue Berechnungen verpflichtet. In diesem Zusammenhang vermutet man heute auch die Nachricht die von den Briten abgefangen wurde, die entweder schlecht entziffert wurde, oder es ursprünglich einen Fehler in der Übermittlung gab denn eine Zahl ergibt in dieser Aufstellung keinen Sinn (da das Endergebnis ein vielfaches der einzelnen Summen ergibt), mit unserem heutigen Wissen über Treblinka ergeben diese Zahlen jedoch einen durchaus
realistischen Einblick

zum Korherrbericht shoaportal Archive

L [LUBLIN-MAJDANEK] 24 733
B [BELCEK]     434 508
S[SOBIBOR]     101 370
T [TREBLINKA]    71 355 [713 555] ergibt die fehlende Summe und ist realistisch
GESAMT:      1 274 166

(Höfle Nachricht) 2001 wurden diese Dokumente vom britischem Public Record Office freigegeben, nachdem sie jahrelang in Archiven verschollen waren

QUELLEN:

1) siehe zu diesen Thema zb. Saul Friedländer Jahre der Vernichtung S507 – 508

zu Eichmann und “Tätigkeits und Lagebericht 1942 über die Endlösung der europäischen Judenfrage”. zitierte Friedländer Peter Witte Stephan Tyas “ A New Document on the Deportation and Murder of Jews during Einsatz Reinhard 1942 S476

Zu Brief Himmlers 18 Januar an Müller zitierte er Helmut Heiber Hrsg Reichsführer SS Briefe an und von Himmler München 1970 S183

Januar 1943 – Himmler im Warschauer Ghetto – Treblinka der „ARTIST “ –

JANUAR 43

Himmler views the ghetto wall in warsawHimmler im Ghetto  Warschau Jänner 1943. Er befahl die komplette Auflösung, wenige Wochen später brach der Warschauer Aufstand los.

Himmler besucht Warschau, und befiehlt das Ghetto aufzulösen. In dem größten Ghetto der Nationalsozialisten sind noch an die 40 000 jüdischen Menschen. Die 16 000 in Betrieben versklavten “seien in ein KZ am besten nach Lublin zu deportieren und nur die tatsächlichen Rüstungsbetriebe im Generalgouvernement zusammenzufassen.” Die restlichen Betriebe jene nicht kriegswichtigen, sollten geschlossen werden. Die nicht arbeitsfähigen jüdischen Menschen des Ghettos, wurden ab dem 18 Januar nach Treblinka deportiert, in den kommenden Wochen werden es etwa 5000 – 6000 tausend Menschen sein.

TREBLINKA -DER ARTIST

Foto: Rajchman – Er überlebete, mit ca 100 weiteren Häftlingen das Vernichtungslager Treblinka. In den ersten Wochen nach seiner Flucht schrieb er alles auf, was er in dem Lager erlebt hatte, um nicht zu vergessen, und so genau wie nur möglich zu berichten.

Im Januar kommt ein neuer Spezialist ins Lager. Wir nennen ihn -den Artisten-, so perfekt spielt er seine Rolle. Er ist ein außergewöhnlicher Leichenfresser. Kaum angekommen, ist er schon bei den Gruben anzutreffen. Er schaut sich das an und lacht, er ist zufrieden mit sich und freut sich auf seine Aufgabe. Nach ein paar Tagen macht er sich richtig an die Arbeit. Er befiehlt, die vorhandenen Scheiterhaufen diese lächerlichen Installationen, abzubauen. Er versichert unserem Lagerchef, von jetzt an werde alles besser gehen. Er läßt Eisenbahnschienen über dreißig Meter lang auslegen. Unmittelbar in den Boden werden ein paar Sockel aus zement gegossen, etwa 50 Zentimeter hoch. Ein Scheiterhaufen ist ein Meter fünfzig breit. Auf die Sockel werden sechs Eisenbahnschienen gelegt, das ist alles. -Der Artist- ordnet an, zu unterst auf die Schienen bäuchlings eine Schicht besonders dicker Frauen zu legen, und dann, wie es kommt: Männer, Frauen und Kinder. Wir legen pyramidenförmig Schicht auf Schicht, bis zu zwei Meter hoch. Die Toten werden von einem besonderen Kommando, der -Feuerkolonne-, auf den Haufen geworfen Zwei Feuerarbeiter übernehmen die Leiche, die von den Trägern gebracht wird. Der erste fasst auf der einen Seite eine Hand und einen Fuß, der zweite auf der anderen Seite, und sie werfen den Toten auf den Haufen Etwa 2500 Leichen kommen auf so einen Scheiterhaufen. Dann wird auf Befehl des -Spezialisten- unter dem Rost ordentlich Reisig aus – gebreitet und das Feuer mit dem Streichholz angezündet. Nach ein paar Minuten lodert es so heftig, dass man kaum näher als 50 Meter herangehen kann. Das erste Feuer hat gebrannt, das Experiment ist gelungen, der Lagerstab kommt herbei, um den Erfinder zu beglückwünschen. Der ist nicht vollkommen zufrieden, weil nur ein einziger “Ofen” in Betrieb ist. Er ordnet an dass der Bagger, mit dem die Gräber ausgehoben worden sind, zum Exhumieren der seit Monaten vergrabenen Leichen eingesetzt wird. Der Bagger fürdert Hände, Füße, Köpfezutage. -Der Artist-, großer Spezialist in der Angelegenheit, fordert, dass die Maschine ihre Ladung in mehreren Kreisen anordnet. Die Träger deren Tragen nun mit Kisten versehen sind, damit die Körperteile zwischen den Stangen nicht durchrutschen, müssen rennen, die menschlichen Überreste mit den Händen aufgreifen, ihre Trage füllen und sie so schnell wie möglich zum Scheiterhaufen bringen … Die Arbeit ist anstrengender als vorher. Der Gestank ist unerträglich. Die Flüssigkeit, die aus den Leichen rinnt, spritzt auf die Träger…. Doch -Der Artist- kriegt einen Wutanfall, weil ihm die Arbeit nicht schnell genug geht. Bald kommen zwei neue Bagger ins Lager. Die Mörder sind ausgesprochen zufrieden, dass die Arbeit endlich tadellos von stattengehen wird. …Es hat sich gezeigt, dass die ausgegrabenen Leichen eindeutig besser brennen als die, die frisch aus der Gaskammer kommen. Jeden Tag werden neue Roste aufgestellt. Bald gibt es sechs davon. Jedem wird eine Mannschaft zugewiesen, die ihn mit Material belädt. -Der Artist- ist immer noch nicht zufrieden. Er stellt fest, dass die Arbeit durch das Feuer behindert wird: es hält die Leute auf Distanz Deshalb wird der Arbeitsplan verändert. Die Roste werden tagsüber beladen, und um halb sechs wird das Feuer angezündet. …

So grauenhaft  diese Schilderung des Häftlings Rajchman wirken, so wurde seine Geschichte 1964 im düsseldorfer Treblinkaprozess weitgehenst durch Aussagen auch des Wachpersonals bestätigt. Der Mann den die jüdischen Häftlinge auf Grund seiner besonderen Fähigkeiten zynisch “Artist” nannten, war Herbert Floß, der ab Ende 1942 in den Lagern der Aktion Reinhardt dafür sorgte, dass man keine Überreste einer Massenvernichtung finden sollte was im Großen und Ganzen auch gelang.-

netz

Nach dem Krieg 1945 öffnete man gut dokumentiert auch Massengräber in Treblinka. Menschliche Einzelteile wie Rajchman und andere Häftlinge es beschrieben hatten. Rückschlüsse auf die Zahl der Opfer sind jedoch bis heute nur durch Deportationspläne, vereinzelte Dokumente und Aussagen verifizierbar. Über Monate hatte man die Leichen der Massengräber verbrannt und übergebliebene Knochen zermahlen. Es ist jedoch keine Übertreibung für Treblinka hunderttausende Tote anzugeben. Treblinka ist Akkordarbeit der Vernichtung. Es ist eine Realität die sich automatisch unserem Verstand verschliesst, weil es nicht sein soll, und nicht sein darf – ein Selbstschutz, der nur in der Selbsterfahrung Realität annehmen würde. Vielleicht muss die Menschheit deshalb immer wieder durch solch reale Abgründe der Selbsterfahrung wandeln, weil das Mittel unseres Erfahrungsschatzes, unseres Lernprozesses, die Sprache hier einfach versagt  —

QUELLEN:

1) Peter Longerich Heinrich Himmler Biografie S684 er zitierte das Schreiben  – Ifz NO 1882 Himmler an HSSPF Krüger 11 Januar 1942 Anmerkung: Die verbliebenen jüdischen Arbeiter (bzw. Rüstungsfirmen) aus Warschau nach Lublin umzusiedeln wurde schlussendlich nicht durchgeführt sondern die Arbeiter verblieben in Warschau und es wurde ein KZ eingerichtet (siehe hierzu Schreiben an Pohl 15 Februar)

2) DER ARTIST zitiert aus Chil Rajchman Ich bin der letzte Jude Treblinka 42/43  S114-117

März/April 1942 – Aktion 14F 13 – Das Tagebuch des Adam Czerniakow – Generalgouvernement

28 MÄRZ

In einem Schreiben des SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamts, Amtsgruppe D, vom 28.März 1942 an die Lagerkommandanten der Konzentrationslager heisst es:

Durch die Meldung eines Lagerkommandanten wurde bekannt, dass von 51 für die Sonderbehandlung 14 f 13 (=Geheimzeichen für die Tötungsaktion) ausgemusterten Häftlingen 42 dieser Häftlinge nach einiger Zeit “wieder arbeitsfähig” wurden und somit der Sonderbehandlung nicht zugeführt zu werden brauchten. Hieraus ist ersichtlich, dass bei der Auswahl dieser Häftlinge nicht nach den gegebenen Bestimmungen verfahren wird. Es dürfen der Untersuchungskommission nur solche Häftlinge zugeführt werden, die den gegebenen Bestimmungen entsprechen und vor allen Dingen nicht mehr arbeitsfähig sind.

Der Chef des Zentralamtes: gez. Liebehenschel, SS-Obersturmbannführer.

APRIL

Eichmanns Amtskollege in der Slowakei Dieter Wisliceny gab im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess an, dass er einen schriftlichen Befehl Himmlers von Eichmann gezeigt bekam, in dem Himmler in Hitlers Namen die Vernichtung der Juden legitimierte. Wisliceny datierte diese Weisung auf April 1942.

1 April.

Aktion Reinhardt

Adam Czerniakow notiert einen Tag vor dem Passah Fest in sein Tagebuch

Die Juden sollen Lublin verlassen das Ghetto soll zu 90% geräumt werden. Die 16 Ratsmitglieder die das Ghetto verwalteten wurden inhaftiert, auch der Vorsitzende Becker. Die Familienmitglieder der übrigen Räte, ausgenommen ihre Frauen und Kinder, mussten Lublin ebenfalls verlassen. Der Hintergrund der Deportationen waren die Verhandlungen der „Nazideutschen“ mit der Slowakei in denen man sich einigte etwa 70 000 slowakische Juden zu deportieren wobei etwa 35 Transporte in den District Lublin gingen. Weiters wurden seit 30 März jene Juden aus Frankreich deportiert die aus Rache wegen Anschlägen französischer Widerstandsgruppen verschleppt wurden. Auch hatten Himmler und Globocnik in Lublin die Macht zurückerlangt, nach dem der Gouverneur des Generalgouvernements Hans Frank Anfang März über eine Korruptionsaaffaire stolperte, die er in Anwesenheit Himmlers Lammers und Bormann nicht glaubhaft aufklären konnte. Nach dem Krieg wird er dies als große Intrige hinstellen, jedoch gelangt Himmler im Generalgouvernemet wieder zu großen Einfluss. Am 7 Mai wird hierzu HSSPF Krüger zum Staatssekretär in Sicherheitsfragen im Generalgouvernement ernannt. Das Ghetto Lublin wurde so von März bis April von seinen weitgehenst noch einheimischen Juden geräumt. Die umfangreichen Deportationen aus Lublin gehen fast ausnahmslos nach Belcek, während die aus der Slowakei deportierten jüdischen Familien vorerst im District Lublin untergebracht werden. Auch aus dem Reichsgebiet treffen Transporte  ein. Schlussendlich wandert die Mehrheit  der Deportierten slowakischen Juden nach Auschwitz oder ins Vernichtungslager Belzec. Diese Aktion der „Räumung“ der Ghettos im Distrikt Lublin sowie des Generalgouvernements wird später rückdatiert auf April nach Reinhard Heydrichs Tod, Aktion Reinhardt benannt werden.

QUELLEN:

28 MÄRZ
1)zitiert nach  den Gerichtsakten des Prozesses Lfd.Nr. 017a: LG Frankfurt am Main vom 21.3.1947, 4 KLs 7/47 gegen Verantwortliche des Euthanasieprogramms Universität Amsterdam wobei das Gericht sich auf dem vom Internationalen Militärgericht zu Verfügung gestellten Akten stützte.

APRIL
2)SS Hauptsturmführer Dieter Wisliceny im Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß Siehe hierzu die Tondokumente DIE NS FÜHRUNG IM VERHÖR DER AUDIO VERLAG WELTBILD SWR 2005 NBG Amerikanischer Tonmitschnitt 238.

1 APRIL
3)Adam Czerniakow Tagebuchaufzeichnungen Im Ghetto von Warschau Saul Friedländer Jahre der Vernichtung S418 zu Deportationen und Franks Geschichte Peter Longerich Heinrich Himmler Biografie S582/583

Von Belzec zur „Aktion Reinhardt“

Lublin_Fruehjahr_1942_Deportation_Belzec

Deportationen Ghetto Lublin Frühjahr 1942, es sind die ersten Opfer des Vernichtungslager Belcek (Fimaufnahmen der Deportation Frühjahr 1942)

Zur Einleitung dieses Kapitels will ich folgendes festhalten:

Keine Worte reichen aus um dies zu beschreiben was man hier zu erfahren bekommt. Die heutige Geschichtsschreibung neigt dazu sich hinter Statistiken, Bilanzen Aussagen und Beschreibungen „technischer Abläufe“ zu verstecken. Dieser Umstand führt dazu, den Kern das Wesentliche dieser Entwicklungen des Jahres 1942 zu verdecken und ein starres, Bild an Erklärungsmustern zu rekonstruieren. Die eigentlichen Abläufe die Intuitionen die Angst der Schrecken und die unfassbare Erniedrigung der Menschen die hier in einem Fließbandprozess ermordet wurden, bleiben so nicht erfahrbar. Bevor Sie lieber Leser weiterlesen, sollten Sie sich bewusst machen, dass hier Menschen denkend fühlend handelnd genau wie Sie selbst, in brutalster Art und Weise aus dem Leben gerissen worden sind, ja ganze Familienverbände für immer verschwunden sind. Ich glaube dies ist jener Teil der Geschichtsschreibung der am schwierigsten zu vermitteln ist. Dies nicht zu vergessen ist das Wesen dieser Geschichte.

shoaportalvienna 

Einleitung Lesen Entscheidungen des Massenmords

… Vom Selektiven Massenmord, zur Aktion Reinhardt …

Selektiv gesehen nimmt diese später als Aktion Reinhardt benannte Plan, eine zentrale Rolle des „Vernichtungsbetriebes“ ein. Doch sieht man genauer hin, erkennt man, dass neben dieser Aktion auch in anderen Gebieten in „Gaskammern“ gemordet wird. Abgesehen von dem Euthanasieprogramm, der seit dem Frühjahr 1941 einsetzenden „Invalidenaktion“ 14F13 in den Konzentrationslagern, beginnt im Warthegau im Dezember 1941, Chelmno als Gaswagenstation seinen Betrieb. Himmlers Korrespondenz mit dem Landesherren dieses Abschnittes Greiser zeigen uns, dass dieses Morden in mobilen Gaswagen im Zuge der Verhandlungen der Deportationen nach Lodz geschah. In Sowjetrussland bekommen die Einsatzgruppen ab Herbst 1941 ebenfalls Unterstützung durch mobile Gaswagen und schlussendlich plante man auf ehemals sowjetischen Gebiet wie z.b. Riga Gaskammern (die nicht umgesetzt wurde), später bei Minsk eine Gaswagenaktion ( in Maly Trostinez ). In Auschwitz begann man das Bauernhaus „rote Haus“ im Frühjahr 1942 in Betrieb zu nehmen, während man schon seit Herbst 1941 vereinzelte „Vergasungen“ vorgenommen hatte. Die sogenannte Invalidenaktion 14 F 13 also die Ermordung nicht arbeitsfähiger Häftlinge in den Konzentrationslagern, war die Einleitung und Regularisierung der Ermordung von Menschen außerhalb der Euthanasieanstalten durch chemische Verfahren. Das Morden weitete sich nun auf die Deportationen aus, indem man zuerst die Ghettos „reinigte“ um einmal Platz zu schaffen, für die aus dem Reich deportierten Menschen und 1942 dazu überging die „Arbeitsunfähigen“ durch „Gas“ zu ermorden. Ab dem Frühjahr 1942 kamen Angestellte der T4 Organisation (Euthanasie) auch in der Organisation Todt an der Ostfront zum Einsatz. Die Tatsache des nicht vorbereiteten und sehr spontan und provisorisch aufgebauten Vernichtungsbetriebs, zeigen uns, dass man bis in die erste Hälfte des Jahres 1942 noch nicht ganz klar erkannt hatte wie, wo und in welchem Ausmaß der Massenmord stattfinden sollte.

Ab der Wannseekonferenz im Jänner 1942, ändern sich die Maßstäbe der Judenpolitik grundsätzlich. Eichmann verkündete Ende dieses Monats, dass die nun einsetzenden Deportationen der Beginn der „Endlösung der Judenfrage“ sei. Belzsek befindet sich im Aufbau, während im Chelmno und Auschwitz durch chemische Verfahren und stationäre Gaskammern schon gemordet wird. Himmler stand zu diesem Zeitpunkt noch vor schwierigen Hürden, um seine und Hitlers radikalen Vorstellungen in der Judenpolitik umzusetzen. Auch die Kriegssituation, ist im Osten noch unklar. Im Generalgouvernement, also jenem Gebiet in dem man die Mehrheit der jüdischen Menschen in Ghettos konzentriert hatte, besitzt die SS nicht ausreichend Kontrolle über die Situation. Noch kontrolliert die Zivilverwaltung die Geschicke dieser Menschen. Man verdient an Zwangsarbeit, Erpressung, und Mord. Es ist ein Geschäft an dem die Distrikt – Behörden hervorragend verdienten und deshalb waren diese nicht gleich bereit, die Kontrolle über die jüdischen Menschen aufzugeben. Dies alles brachte rechtliche und ganz praktische Schwierigkeiten für Himmler, die er im ersten Halbjahr 1942 jedoch lösen sollte. Er gewinnt an Macht im Generalgouvernement zurück und brachte die jüdischen Menschen wieder unter seine Oberaufsicht. Im Distrikt Lublin begann man die Ghettos zu räumen und die Menschen im ersten Vernichtungslager dieser Aktion, Belzsek zu ermorden. Im März begann man den Distrikt Galizien und seine Distrikthauptstadt Lemberg zu räumen, im Juni den Distrikt Krakau in die Aktion mit einzubeziehen. Den Deportationen sollte nichts mehr im Weg stehen. Seit Monaten verhandelte Himmler mit der slowakischen Regierung, die nun im März 1942 ihre Einwilligung für die Deportationen gab. Verhandlungen mit Frankreich standen kurz vor einer Einigung. Ein lang gehegter Plan, nämlich die Räumung der Ghettos konnte nun in Angriff genommen werden, und somit Platz geschaffen, um die Deportationen mit Schwerpunkt Reichsgebiet als auch aus ganz Europa durchzuführen. Nun wurde umgesetzt, was Hitler schon 1939 der Welt prophezeite. Es ist die Fortsetzung, einer der größten Enteignungs und Mordaktionen der Weltgeschichte und sie forderte unzählige Opfer. Im April/Mai des Jahres 1942 verdichten sich mehrere Gegebenheiten und vollenden sich zu einem Programm welches man nach Reinhard Heidrichs Tod dem Kopf der Vernichtungspolitik im Juni 1942, rückwirkend „Aktion Reinhardt“ benennen wird. Am  19 Juli besuchte Himmler Sobibor möglicherweise auch Belzec, während dieses Besuches gab der Reichsführer SS Befehl das Generalgouvernement bis Ende des Jahres 1942 vollkommen von Juden zu räumen, diese also zu töten.Gegen Mitte/Ende 1943 brach man die Aktion ab, Himmler erklärte das Reichsgebiet für „Judenfrei“ , doch die Mannschaft des „Vernichtungsbetriebes“ blieb in seinem Kern erhalten und wurde nach Norditalien versetzt. Auch hier im Zuge der Deportationen beginnt man abermals eine kleinere Vernichtungsanstalt mit mobilen Gaswagen einzurichten. Das Kriegsgefangenenlager Stalag 339 in Riseria San Sabba wurde hierzu im Oktober 1943 in ein „Polizeihaftlager“ umgewandelt und das Töten begann erneut.

BELZEC – DIE STRUKTUR

Belzec

Bild: Aufbau und Organisation des Tötungslagers Belzec in der ersten Phase nach Dr. Sara Berger

Die Struktur der Aktion Reinhardt Organisation gliederte sich in zwei wesentliche Gruppen. Die „medizinischen“ Mannschaften der Euthanasie u.  Pflegeanstalten sowie den SS Polizeiangehörigen also den exekutiven „überwachenden“ Teil. Die Entlohnung des Personals der Euthanasie erfolgte über die Organisation der Euthanasie, diese unterstand direkt der Kanzlei des Führers dem Hauptamt II „Angelegenheiten betr. Staat und Partei“. Nach der Eingliederung des Euthanasiepersonals in die Struktur der Aktion Reinhardt erhielten diejenigen des medizinischen Personals, formal auch Ränge der SS um die Befehlshierarchie zu ordnen. Bis Juni / Juli wurden 51 der T4 in die Vernichtungslager versetzt. Neben diesen Zwei Hauptgruppen der Organisation, gab es noch zwei weitere untergeordnete die zur Umsetzung herangezogen wurden, die Trawnikis sowie Häftlinge der Lager die unterschiedliche Aufgaben zu verrichten hatten. Die sogenannten Trawnikis waren Hilfspersonal der SS Polizeimänner und waren zumeist angeworbene  Russen, Ukrainer oder Polen. Vorerst hatte man die „Trawniki Männer „ als „Wachmannschaften des RFSS  (Reichsführer SS)  für die Errichtung der SS und Polizeistützpunkte im neuen Ostraum „ ausgebildet. Dieser Plan sah vor in den neu besetzten sowjetischen Gebieten Volksdeutsche Siedlungsinseln zu errichten. Diese konnten nicht ohne umfangreiche Zwangsarbeiterprogramme  umgesetzt werden wofür man wieder herum diese Wachmannschaften benötigte und ausbildete. Es ist sehr wahrscheinlich, dass man die jüdischen Menschen in Lagern im ganzen sowjetischen Osten untergebracht hätte um diese umfassenden Bauprojekte umzusetzen. Mit dem Scheitern des Krieges verwarf man zum größten Teil diese Siedlungsprojekte die man im Distrikt Lublin jedoch schon umgesetzt hatte. Odilo Globocnik der SSPF (SS Polizeiführer) in Lublin war Himmlers Mann für dieses Projekt, welches Anfang 1942 jedoch eingestellt wurde. Es ist also kein Zufall, dass sich in diesem Distrikt des Generalgouvernements schlussendlich auch  die Vernichtungslager bildeten an der Grenze zu jenen Gebieten die man ursprünglich zur Germanisierung auserkoren hatte. Ab 1942 benannte man die ausgebildeten Trawniki (auch Askaris oder Schwarzhemden genannt) Wachmannschaften so auch in “ Wachmannschaften des SSPF in Lublin „ um und sie wurden in den Vernichtungsbetrieb weiter eingebunden. Diese Männer waren oftmals selbst Kriegsgefangene gewesen und waren in den Kriegsgefangenenlagern mörderischen Bedingungen ausgesetzt gewesen, einige stellten so ihre Dienste den Nationalsozialisten zu Verfügung. Sie stellten die Mehrzahl der Wachmannschaften der Aktion. Sie waren aber nicht nur passiv tätig sondern beteiligten sich auch bei Bewachungs – und Räumungsaufgaben von Ghettos sowie Massenerschießungen. In den Lagern selbst wurden die Hauptaufgaben jüdischen Häftlingen übertragen. Diese mussten unter Todesangst vor allem in den Tötungsabschnitten die organisatorischen Aufgaben übernehmen. Hierzu zählten die Sortierung der Wertgegenstände, das schneiden der Haare, die Entleerung und Reinigung der Gaskammern nach der Tötung, das herausbrechen der Goldzähne und schlussendlich die Beseitigung der Toten in Massengräbern später bei umfangreichen Verbrennungen der Leichen. Allgemein verrichteten sie auch handwerkliche Tätigkeiten und wurden so zu einem fixen Bestandteil der Lagerorganisation. Da die deutsche Lagerkommandanten sehr darauf bedacht waren die Aktionen in den Vernichtungslagern geheim zu halten, und Kontakt bzw. Verbindungen unter den Häftlingen und somit Widerstandsbewegungen zu unterbinden tötete man die Mehrzahl der Lagerarbeiter regelmäßig.

Die Männer der Aktion selbst waren als SS Sonderkommando deklariert und standen somit weitgehend außerhalb der gewöhnlichen SS  Hierarchien. Dies gab dieser Aktion weitreichende Autonomie, was auch der absoluten Geheimhaltung dienen sollte. Die drei Lager der Aktion Reinhardt Belzec, Sobibor, Treblinka, unterstanden auch nicht der Inspektion der Konzentrationslager in Oranienburg bzw dem WVHA Wirtschafts Verwaltung Haupt Amt der SS, sondern bekamen ihre eigene Inspektion unter der Leitung SS Hauptsturmführers Christian Wirth  in Lublin. Wirth und sein „Sonderkommando“ waren nur in allgemeinen Richtlinien ihren direkten Vorgesetzten, dem SS Polizeiführer Odilo Globocnik in Lublin und Viktor Brack dem Leiter der Euthanasieorganisation aus der Kanzlei des Führers unterstellt. Sie handelten also weitgehend autonom.

Karl Brandt-

Hitlers Begleitarzt Prof. Dr.Karl Brandt, der schon in der Euthanasie eine zentrale Rolle gespielt hatte erinnerte sich nach dem Krieg bei seinem Prozess.

„Im Jahre 1941 erhielt ich den mündlichen Befehl, das Euthanasieprogramm einzustellen. […] Um das durch die Einstellung  freigewordenen Personal zu erhalten und um die Möglichkeit zu haben, nach dem Krieg ein neues Euthanasieprogramm in die Wege zu leiten, forderte mich Bouhler nach einer Konferenz mit Himmler – wie ich glaube – auf, dieses Personal nach Lublin abzustellen, zur Verfügung des Brigardeführers Globocnik. „

 Josef Oberhauser, lange Zeit in der Euthanasie, der Tötung körperlich und geistig behinderter Menschen tätig, erinnerte sich bei seiner Vernehmung:

„Ab Oktober 1941 habe ich keine Tätigkeit für die Euthanasie ausgeübt, ich bekam 4 Wochen Urlaub und wurde dann im November 1941 nach Lublin abgestellt.“

„In der KDF meldeten wir uns bei Brack. Er erklärte uns nach meiner Erinnerung  dem Sinne nach, daß wir nach Lublin und dort zu Globocnik kämen.[…] Von der KdF [Kanzlei des Führers] begaben wir uns ins [-SS] Führungshauptamt. Dort wurden wir eingekleidet. Anschließend fuhren wir zur Tiergartenstr. 4. Das waren aber nicht alle, sondern nur die  welche vorher schon bei der T4 gewesen waren. […] Nach meiner Erinnerung kam ich noch vor Weihnachten 1941 schon einige Male nach Belzec. […] Um die Jahreswende wurde dann von der SS Bauleitung Lublin das Lager Belzec aufgebaut. „

Erich_Fuchs

(Bildquelle: Wikipedia.org) – Ebenso Erich Fuchs, der etwa im Jänner 1942 mit weiterem Personal des T4 Programms (Euthanasie) nach Belzec kam :

„Eines Tages im Winter 1941 stellte Wirth einen Transport nach Polen zusammen. Ich wurde mit etwa acht bis zehn Personen ausgewählt und mit drei Kraftwagen nach Belzec verlegt, In meiner Begleitung befanden sich Borowski, Niemann, Graetschus und Barb[e]l. Die übrigen Namen sind mir z.ZT. nicht in Erinnerung. Bei unserer Ankunft trafen wir dort Friedel Schwarz und zwei SS Leute, auf deren Namen ich mich nicht besinnen kann. Sie bewachten einen Barackenbau, der von uns als Gaskammer eingerichtet werden sollte. Wirth sagte uns, daß in Belzec alle Juden umgelegt werden sollten.“

Hauptsturmführer Christian Wirth (letzter Rang Sturmbannführer)  erster Kommandant des Tötungslager Belzec –  Schlussendlich Organisator der Tötungen der gesamten Aktion Reinhardt. Man nannte ihn auch „Christian den Grausamen“. Wirth verstarb noch während des Krieges in Italien offiziell durch Partisanen. Gerüchte besagen er sei jedoch von seinen eigenen Männern getötet worden. Er war der Typ „hemdsärmeliger Anpacker“ , mit äußerster Brutalität der Sache des Massenmordes ergeben. Beim Aufbau der „Aktion Reinhardt“ musste er sich Vorort selbst organisieren, beschlagnahmen, abbauen mit Hilfe einheimischer Bevölkerung und jüdischer Häftlinge einen „Betrieb“ einrichten. Dies ist typisch für den Aufbau der Lager im Osten generell. Bescheidenste finanzielle Mittel, wenig Baumaterialien, bzw fachkundiges Personal. Auch der Kommandant von Auschwitz Höß berichtete nach dem Krieg, ihm hatten keinerlei Mittel zu Verfügung gestanden alles musste aus der Umgebung „organisiert“ werden.

Wirth galt als unerbittlicher Tyrann, auch gegenüber seinen eigenen Männern. Im Prozess gegen seinen engen Mitarbeiter Oberhauser formulierte das Gericht es folgendermaßen: dem er den Wunsch nach Versetzung zweimal vorgetragen habe, sei jedesmal darüber in Wut geraten, so dass an eine Fortsetzung des Gespräches nicht mehr zu denken gewesen sei. Bei der Persönlichkeit des Polizeimajors und SS-Sturmbannführers Wirth, dessen hervorstechende Eigenschaften absolute Gefühllosigkeit und Rücksichtslosigkeit gewesen seien, hätte eine offene Befehlsverweigerung unweigerlich zur Selbstvernichtung geführt. Ob Oberhauser wirklich solch radikale Konsequenzen gedroht hätten kann bezweifelt werden, doch auch weitere Aussagen der Wachmannschaften und Mitarbeiter bezeugen dass Wirths cholerische Persönlichkeit auch nicht vor Gewalt zurück schreckte. Oberhauser selbst meinte jedoch bei seiner Verhandlung : „Mit dem Hauptmann der Schutzpolizei Wirth stand ich gut, ich schätzte ihn als Soldaten und er mich, weil ich meinen Dienst ordentlich verrichtete und nicht so lasch war wie die Reservisten, die er sonst zur Verfügung hatte …. Ich konnte mit ihm schon reden. Zu anderen Personen des Lagerpersonals, daher zu solchen, die nicht aktiv zur SS und Polizei gehörten, war er härter und teilweise brutal. Es mag sein, dass er solche auch mit der Peitsche geschlagen hat. Bei mir konnte er sich derartiges nicht erlauben.“

Der SS Richter Konrad Morgen, ermittelte auf Grund der unglaublichen Korruption innerhalb der SS die sich durch die beschlagnahmten Millionenwerte in den Konzentrationslagern entwickelt hatte. Veruntreuung, Bestechung, Korruption, Mord, drohten einen schweren wirtschaftlichen bzw. Imageschaden zu hinterlassen. Vereinzelte Kreise in der SS versuchten gegen dieses Treiben innerhalb der Organisation vorzugehen, doch nur mit Teilerfolgen. Auch Rudolf Höß der Kommandant von Auschwitz geriet in Schwierigkeiten und wurde „versetzt“ (siehe Anhang Quelltext hierzu). Es kam zu Gefängnisstrafen und sogar zu Todesstrafen, die Korruption konnte bis zuletzt jedoch nicht gestoppt werden, vor allem das „Generalgouvernement“  blieb hinter vorgehaltener Hand als korrupt verschrien. Morgen wusste nicht um die Aktion Reinhardt doch führten ihn seine Ermittlungen nach Lublin zu SSPF (SS und Polizeiführer) Odilo Globocnik sowie den Organisator Christian Wirth. Nach dem Krieg in Nürnberg berichtete er von einer Befragung Wirths und wie er über die Geheime Reichssache der Ermordung der jüdischen Menschen erfuhr:

„Ich fragte nun Wirth weiter, wie er mit diesen seinen Juden die Juden selbst umbringe. Wirth schilderte mir daraufhin das ganze Verfahren, das jedesmal wie ein Film ablief. Die Vernichtungslager befanden sich im Osten des Generalgouvernements in großen Wäldern oder unbewohnten Ödländern. Sie waren aufgebaut wie ein Potemkinsches Dorf, das heißt, die Ankömmlinge hatten den Eindruck von einer größeren… in eine größere Stadt oder menschliche Siedlung zu kommen. Der Zug fuhr in einen Scheinbahnhof hinein. Nachdem Begleitpersonal und Zugpersonal das Gelände verlassen hatten, wurden die Waggons geöffnet und die Juden stiegen aus. Sie sahen sich sofort von diesen jüdischen Arbeitskommandos umgeben, und als erstes hielt der Kriminalkommissar Wirth beziehungsweise einer seiner Vertreter eine Ansprache. Er sagte dies: »Juden, Ihr seid hierhergebracht worden, um umgesiedelt zu werden. Ehe wir Euch aber diesen zukünftigen Judenstaat organisieren, müßt ihr selbstverständlich arbeiten lernen. Ihr müßt einen neuen Beruf ergreifen. Das kriegt Ihr hier gelernt. Zunächst fängt das hier so an, daß sich jeder, wie es vorgeschrieben ist, auszieht, damit Eure Kleider desinfiziert und Ihr gebadet werden könnt und keine Seuchen in das Lager geschleppt werden.« Nachdem er also so beruhigende Worte an seine Opfer gefunden hatte, traten diese den Weg in den Tod an. In der ersten Station – Frauen und Männer getrennt – hatte er seinen Hut abzugeben, in der nächsten seinen Rock, seinen Kragen, sein Hemd, bis auf die Schuhe und Strümpfe. Dafür bekam er bei einer… bei diesen als Garderobe eingerichteten Stellen jedesmal eine Kontrollmarke in die Hand, so daß die Leute glaubten, sie bekämen nachher auch ihre Sachen zurück.“

gesamte Aussage Morgens in Nürnberg lesen Shoaportal Archiv+Anmerkungen

 Belzec Experiment der Massentötung

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Das SS Sonderkommando in Belzec (Barbl, Dachsel, Zierke, Gringers, sowie Hackenholt und der Polizist Tauscher) (Quelle: USHMM #87764)

Am  1 November begann man mit Bauarbeiten in einem Gebiet, das der zuständige SS Polizeiführer Globocnik schon gut kannte , der kleinen Ortschaft Belcek. Bis Mitte 1940 hatte sich dort ein Arbeitslager für jüdische Zwangsarbeiter befunden, nun plante man etwas abgelegen von der kleinen Stadt welche einst auch als Expositur für jüdische Menschen in den Osten dienen sollte, ein Lager zur Ermordung unzähliger Menschen. Die Frage der Bauleitung  ist bis heute nicht geklärt. Erich Fuchs behauptete wie es auch in der meisten Literatur heute zu lesen ist das „Thomalla  Hoch und Tiefbau“ zu Beginn des Lagers die Bauleitung hatte doch neueren Erkenntnissen zu Folge war Thomalla zu jener Zeit in Kiew. Aussagen polnischer Arbeiter deuten unter anderem auf einen volksdeutschen Zimmermann aus Kattowitz hin. Die Baukommission kam jedoch aus Lublin. Der T4 Euthanasie Mitarbeiter Josef Oberhauser dürfte hierbei Baumaterialien organisiert haben. Um den 18 November 1941 trafen die ersten Trawniki Wachmänner in dem noch sehr provisorischen Lager ein. Die Anzahl wird mit etwa 60 Männern angegeben, die beim Lageraufbau mitarbeiteten (Tarnung des Lagers und Barackenbauten sowie die ersten Massengräber aushoben). Im Jänner begann man mit frisch angeforderten Trawniki – Männern einen regulären Lagerbetrieb aufzunehmen.  Es bestand lediglich auf einer Fläche von ca 265 mal 275 Quadratmetern. Als reines Tötungslager konzipiert benötigte es vorerst wie alle Lager der “Aktion Reinhardt” keine aufwendigen Bauten zur Unterbringung von Menschen. Dementsprechend gering erscheint die Fläche auf der bis zur seiner Schließung schon im Frühjahr 1943 Menschen getötet wurden.

SS Hauptsturmführer Christian Wirth wurde der erste Kommandant des Lagers, er entschied sich schlussendlich für das Töten durch Kohlenmonoxid in Verwendung von Motorabgasen. Man arbeitete auch an (zumindest einer nachweisbar) mobilen „Gaswagen“ und kam nach Probeversuchen zu dem Schluss, dass für die Menge an zu erwartenden Menschen diese Methode für Belzec nicht geeignet schien. Der Mechaniker und Erbauer der Gaskammern in den Vernichtungslagern der T4 Angestellte Hackenholt hatte die Umbauarbeiten des Lastkraftwagen geleitet. Während dessen baute dieser und seine Kollegen der Spengler Barbl und Fuchs mit Hilfe polnischer Arbeiter aus der Umgebung eine der Holzbaracken in ein Gebäude mit drei Gaskammern und einer kleinen Holzrampe um. Um die Kammern luftdicht abzuschließen legte man zwei Reihen der Holzverschläge der Wände an (also Hohlwände sowie Schiebetüren mit Gummidichtungen) die man einfach mit Sand befüllte und ergänzend mit Teerpappe abdichtete. Die Böden dürfte man einfach mit Zinkblech beschlagen haben um die Kammern nach dem Tötungsvorgang besser reinigen zu können. Barbl baute laut Überlieferung die Verrohrung der Anlage die man in Tomaszow Lubelski (Werkstatt Kazimir Czerniak) herstellen hatte lassen. Schlussendlich dürfte Fuchs noch Duschköpfe zu Täuschungszwecken an den Decken angebracht haben. Zu Beginn (etwa Frühjahr 1942) experimentierte man noch mit Flaschengas,  später installierte man einen russischen Panzermotor. Laut Aussagen hatte man kurzzeitig anscheinend auch versucht mit einfachen Verbrennungsvorgängen Kohle bzw Holz Kohlenmonoxid zur Tötung zu erzeugen, ein Versuch der ebenfalls aufgegeben wurde. Zyklon B wie auch im Gerichtsurteil des Belzec Prozess erwähnt, wurde jedoch wahrscheinlich nie benutzt zumindest nicht als „reguläres“ Tötungsmittel. Als Desinfektionsmittel wurde laut heutiger historischer Erkenntnis in Belzec vor allem Chlorkalk benutzt. Es wäre jedoch durchaus möglich, dass man Zyklon B zur Tötung in Betracht gezogen hatte, sowie etwa Kurt Gerstein es in seinen Aussagen beschrieb. Schlussendlich entsandte die Kanzlei des Führers noch einen Chemiker dessen Identität nicht restlos geklärt werden konnte, wahrscheinlich war es Helmut Kallmeyer der  unter einem Pseudonym „Dr Blaurock“ auftrat, um die Feineinstellungen des Motors abzustimmen.  Der Schlosser Kasimir Czerniak wurde beauftragt einen Filter zu entwerfen um die Rauchentwicklung zu minimieren. Belzec trat nun in seine erste größere Transport – bzw Tötungsphase ein.

 DIE ERSTE PHASE DER TÖTUNGEN

März bis April 1942

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Deportationsaufstellung Belzec Frau Dr. Sara Berger (Quelle: Experten der Vernichtung)

 Himmler hatte neue Kompetenzen gegenüber dem Generalgouverneur und Chef der Zivilverwaltung Hans Frank gewonnen. Frank hatte sich in einen Korruptionsfall verwickelt, ein Umstand den Himmler nun auszunutzen suchte. 1940 hatte Frank die SS und Polizei auf Grund ihrer radikalen und kriminellen Methoden in Fragen der Arisierung und Vertreibung bei Göring und Hitler ausspielen können und  so die Kontrolle über das Stück Restpolens (Generalgouvernement) behalten. Frank hatte damals auch die Deportationen in sein Einflussgebiet weitgehend beenden können. Dies hatte dazu geführt, dass mit Hitlers Deportationsbefehl der Reichsjuden im September 1941 die Ghettos des Generalgouvernements für Himmler als Deportationsziel nicht in Frage kamen.  In diesem Sinne hatte Himmler auch Arthur Greiser geschrieben da die Deportationen so ins Wartheland nach Lodz  gelenkt wurden oder auf ehemals sowjetisches Gebiet  wie zb Riga, oder Minsk. Am 5 März hatte Himmler, Lammers, Frank und Bormann eine Aussprache. Himmler konnte den Höheren SS und Polizeiführer im Generalgouvernement Krüger als Staatssekretär für alle Fragen der Polizei und der Festigung deutschen Volkstums  in Franks Verwaltung unterbringen. Weiters wollte Himmler anscheinend den Distrikt Lublin als eigenen Verwaltungsbezirk abspalten und Odilo Globocnik als Gouverneur einsetzen, ein Plan der nie umgesetzt wurde. Es wäre auch nur ein formaler Schritt gewesen, weitgehende Autonomie  ohnehin seit Monaten praktiziert wurde. Lublin war nun ein wenn man so will von der SS vollkommen kontrollierter Bezirk und es ist deswegen keine Überraschung, dass man hier die Vernichtungslager umsetzte. Franks Distriktverwaltung (bzw Verwalter) hatten hervorragend an den Ghettobewohnern durch Zwangsarbeit, Arisierung, Erpressung, Mord verdient. Deswegen scheute man sich lange die Kontrolle über die jüdischen Menschen zu Gunsten von Deportationen und Endlösung aufzugeben, auch wenn man die „unnützen Esser“ die nicht arbeitsfähigen Kinder Frauen Alte sowie Schwache gerne „beseitigt“ gesehen hätte. Frank hatte nun jedoch, den Großteil seiner Macht eingebüßt und die SS konnte ab diesem Zeitpunkt ungehindert ihre radikalen Interessen durchsetzen und vor allem die Sachwerte die in die Millionen gingen unter ihre Kontrolle bringen. Am 13/14 März 1942 kam Himmler abermals persönlich ins Generalgouvernement und traf sich mit dem Höheren SS und Polizeiführer als auch mit Globocnik. Nach Himmlers Besuch traf sich am 16 März ein Beamter der „Abteilung“ Bevölkerungswesen u Fürsorge des Districts Lublin mit Hermann Höfle. Der „Ostmärker“ Höfle kam im Namen seines Vorgesetzten Odilo Globocnik den ehemaligen Gauleiter Wiens der auf Grund von Veruntreuung seine Karriere als SSPF (SS- Polizeiführer) in Lublin fortsetzen musste. Er kam mit der Behörde überein, dass er täglich vier bis fünf Transporte in Belsec aufnehmen könne. Diese jüdischen Menschen erklärte er Reuter “ kämen über die Grenze und würden nie mehr ins Generalgouvernement zurück kommen“ Einen Tag später so datiert man heute, begannen die ersten regelmäßigen Tötungen durch chemische Verfahren – sprich Vergasungen in Belzec, mit jüdischen Menschen aus Lublin und Lvov. Die ersten Transporte kamen alle aus dem District Lublin selbst, zuerst aus dem großen Ghetto Lublin, ca     30 000 der 37 000 jüdische Insaßen wurden im Zuge der Räumung getötet. Parallel hierzu setzten Deportationen aus Zamosz, Piaski, Izbica und Lemberg ein. Die Ghettos des Distrikts wurden nun systematisch geräumt. Himmler hatte auf vernichtende Weise die Blockadepolitik in Judenfragen durchbrochen, und einmal mehr war Mord durch chemische Verfahren die Antwort auf alle seine Problemfelder.

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Hermann Höfle, ein maßgeblicher Mitorganisator der Aktion Reinhardt, konnte sich nach dem Krieg 1961 nicht erinnern „er habe von nichts gewusst“. Natürlich wusste Höfle als organisatorischer Leiter der Räumung der Ghettos im District Lublin sowie im größten Ghetto Warschau als Fachmann aus Globocniks Stab  auch um die „Endstation“ der Deportierten in den Tötungslagern. Höfle war auch der Kopf und Organisator hinter dem Ausbildungsprogramm der Trawniki Männer (Askaris) die ihren Dienst in den Vernichtungslagern versahen. Nach dem Polen seine Auslieferung verlangte flüchtete Höfle nach Italien. 1951 wird er bei dem Versuch von Österreich nach Deutschland zu gelangen verhaftet. Zu dieser Zeit wusste man jedoch noch nicht ausreichend über die Aktion Reinhardt und Höfles Rolle. Höfle belügt alle, er habe zu jener Zeit Partisanen in Russland bekämpft, während er im Generalgouvernement für „Sicherheitsaufgaben“ zuständig gewesen sei. Schlussendlich arbeitete er für den US amerikanischen Geheimdienst CIC als „low-level-agent „ Deckname „Hans Hartmann“. Er sollte seine SS Kameraden bespitzeln. Doch dies nutzte Höfle schlussendlich alles nichts. 1961 wurde er neuerlich verhaftet und nun hatte man mehr Indizien für seine Rolle innerhalb der Mordmaschinerie. Kurz vor seinem Prozess, wurde er am 20 August 1962 in Wien erhängt in seiner Zelle aufgefunden. Noch 2001 fand man ein Dokument des britischen Abhördienstes das Höfle im Nachhinein schwer belastete. Ein von ihm abgesetzter Funkspruch vom 11. Jänner 1943 an Eichmann und Obersturmbannführer Heim in Krakau über die jüdischen Deportationszahlen in die Tötungslager die eine Gesamtzahl bis Ende 42 mit 1 274 166 Menschen angibt. Für Belzec allein 434 508 Menschen.


DER ABLAUF – „DURCHGANGSLAGER“ DES TODES

 Vergraben der Leichen:  Tote nach einer Massenerschießung 1942 im...

Massenerschießungen waren in Belzec auf Grund der hohen Deportationen vor allem in der Anfangszeit an der Tagesordnung. Hier die Trawniki Männer bei der Bewachung eines Massengrabes. (Quelle: spiegel.de die eigentliche Quelle konnte nicht ermittelt werden, dieses Bild ist jedoch auch in Literatur zu finden)

In dieser ersten Erfahrungsperiode der Massentötung die etwa vier Wochen andauerte, wurde jeder ankommende Transport jüdischer Menschen in mehrere Teile gegliedert und nacheinander durch die einzelnen Abteilungen des Lagers durchgeschleust. Bei größeren Transporten wurden zuerst die Männer abgefertigt, ein System das alle Lager der Aktion Reinhardt übernahmen, aus Sicherheitsgründen. Nach dem die jüdischen Menschen die Züge verlassen hatten dürfte Wirth persönlich zu Beginn noch eine einführende Rede gehalten haben um die Menschen zu beruhigen und diese eines „Arbeitseinsatzes“ hier im Osten zu versichern. Um Krankheiten zu verhindern müssten die Menschen  zur Desinfektion. Ein Prozedere, dass in allen Durchgangslagern generell üblich war. Dann wählte man direkt aus den angekommenen Transporten vereinzelt Männer aus die beim „abfertigen“ der Transporte helfen mussten und zu Beginn der Aktion schon am Ende Tages mit den letzten Menschen der Transporte wieder umgebracht wurden. Die erste Gruppe wurde nun in eine Baracke geführt wo diese ihr Gepäck abzugeben hatten. Dann wurden sie weiter durch einen mit Stacheldraht umgebenen Durchgang (Allee) zur Entkleidungsbaracke (ein großer leerer Raum) geführt, der einen abgetrennten Bereich für Wertsachen hatte. Hier mussten sich Männer Frauen und Kinder entkleiden bevor sie getrennt wurden (bei kleineren Transporten). Die Männer waren wie schon beschrieben bei großeren Transporten die ersten die zu den Entkleidungs – bzw Gaskammern geführt wurden. Von der Entkleidungsbaracke führte ein etwa 10 Meter  langer Holzkorridor zu der Baracke mit den Gaskammern. Die drei Kammern hatten einen Eingang und gegenüber liegend einen Ausgangsbereich mit einer davor angebrachten Holzrampe. Der Ausgang der Gaskammern wurde  nun geöffnet um die Leichen zu bergen und mit Hilfe einer kleinen Lorenbahn die hinter der Baracke bei der Holzrampe halt machte beladen und die Toten in einen anderen Bereich des Tötungsbereichs zu den Massengräbern brachte. Dort wurde die Transportbahn entladen und die Menschen vergraben.

Für dieses System hatte man sich anscheinend entschieden, da Verbrennung und dies wussten die Experten der Tötung schon aus der Euthanasie zu lange gedauert hätte.  In der ersten heute so benannten Transportphase zeigten sich einige Schwachstellen des von der T4 Mannschaft entwickelten Ablaufs. Die Deportationskapazitäten überstiegen die Möglichkeiten der Baracke und der drei Gaskammern. Trotzdem, setzte Wirth die Deportationen nicht aus und es dürfte zum Ausgleich zu umfangreichen Erschießungen gekommen sein. Man hatte keine Häftlingsbaracken (nur für wenig Lagerpersonal) errichtet und somit musste das Töten durchgehend schnell durchgeführt werden.  Der etwa 10 Meter lange Korridor aus Holz zwischen Entkleidungsbaracke und der Baracke mit den Gaskammern erwies sich als zu kurz. Dies erschwerte die Geheimhaltung, die Menschen erkannten, dass ihnen der Tod drohte. Die Türen der Gaskammern erwiesen ich nicht als ausreichend abgedichtet, so musste man während der Tötungen Sand vor die Türen schütten. Der Motor zur Erzeugung des Kohlenmonoxid dürfte mehrmals ausgefallen sein. Die Tötungen erwiesen sich als zu langsam was zu Panik und Gewaltreaktionen führte. Schlussendlich führte die Mordmaschinerie zu überfüllten Massengräbern und vor allem im Sommer zu starken Verwesungsgeruch bis in weitere Umgebung. Die überfüllten Massengräber entwickelten starke Verwesungsgase welche die Zersetzungsflüssigkeiten an die Erdoberfläche drückten. Die Mangelhaftigkeit der Kammern und die zu klein bemessene Kapazität die einen reibungslosen Ablauf verhinderten führten dazu, dass man Mitte Mai dazu überging neue größere Kammern zu bauen.

Im Gerichtsurteil des so genannten Belzec Prozess urteilte das Gericht folgendermaßen :

Als man genügend Erfahrung gesammelt hatte, riss man etwa Mitte Mai die ursprüngliche Vergasungsbaracke ab und errichtete an ihrer Stelle ein massives Steingebäude mit insgesamt 6 Gaskammern im Ausmass von 4 x 5 m. Dieses war Ende Juni 1942 fertiggestellt. An der Eingangstüre war die Aufschrift „Bade- und Inhalationsraum“ angebracht. Der Bau wurde in seiner Länge durch einen Gang geteilt, zu dessen beiden Seiten jeweils drei Gaskammern lagen. Die Kammern waren durch Türen zugänglich, die luftdicht abgeschlossen und von innen nicht geöffnet werden konnten. An der Aussenseite jeder Gaskammer waren mit Gummi abgedichtete Schiebetüren angebracht, die auf Rampen hinausführten, auf die nach Beendigung des Vergasungsvorgangs die Leichen zum Zwecke des Abtransportes verbracht wurden. Die Gaszuführung zu den einzelnen Kammern erfolgte durch ein Röhrensystem. Die Räume waren zur Erleichterung der nach der Vergasung erforderlichen Reinigung bis zu einer Höhe von ca. 1 m mit Zinkblech verkleidet.

Nach Fertigstellung des Massivbaues konnten bei einem Vergasungsvorgang bis zu etwa 1500 Menschen getötet werden. Es bestand nunmehr die Möglichkeit, verhältnismässig grosse Transporte zusammenzustellen und die darin befindlichen Menschen innerhalb weniger Stunden zu töten.[…]

Gitta-Sereny-and-Stangl

Der ehemalige Kommandant des Tötungslagers Sobibor und Treblinka Franz Stangl im Gespräch mit der in Wien geborenen Journalistin Gitta Sereny für ihr Buch „Into That Darkness „. Sereny interviewte viele auch hochrangige Nationalsozialisten (z.b. Speer). Stangl sah sich als Opfer, er habe einen Führerbefehl ausgeführt – … Er war kein Teufel wird Sereny über Stangl berichten, geradezu ein banal einfacher Mann, der besessen unter allen Umständen seine Pflicht erfüllen wollte. Die Vernichtung der Juden war für Stangl eine gegebene Tatsache, ein „Projekt“ das größer war und letztlich von ihm selbst unabhängig. Jahre hatte Stangl sich in Brasilien versteckt, bis man ihn 1967 verhaftete. Nach seiner Verurteilung 1970, wegen gemeinschaftlichen Mordes an mindestens 400.000 Juden verstarb Stangl an einem Herzinfarkt in Haft. Gustav Wagner sein Stellvertreter, hielt sich ebenfalls in Brasilien auf. Gegen Wagner wurden mehrere Auslieferungsanträge gestellt, doch Brasilien hatte diese niemals vollzogen. Wagner gab jedoch Interviews über die Ermordung der jüdischen Menschen. Auch Franz Stangl erzählte der Autorin Sereny über seinen ersten Eindrücke in Belzec :

Ich fuhr mit dem Auto hin. […] Bei der Ankunft sah man erst den Belzecer Bahnhof auf der linken Seite der Straße […] Es war ein einstöckiges Gebäude. Der Gestank … oh mein Gott, der Gestank. Er war überall Wirth war nicht in seinem Büro. Ich erinnere mich, dass sie mich zu ihm brachten … er stand auf einem Hügel, neben den Gruben… die Gruben … voll … sie waren voll. Ich kann es ihnen nicht sagen: nicht Hunderte – Tausende, Tausende von Leichen … mein Gott. Dort hat Wirth es mir gesagt –  er sagte, daß es das war, wofür Sobibor bestimmt war. Und daß er mich offiziell mit der Leitung beauftragte.

Ende April stellte man die Transporte ein. Wirth und seine Mannschaft Oberhauser Schwarz, Hackenholt und Dubois verknüpften einen Berlin Aufenthalt mit einem Urlaub. Es kam zu Gesprächen mit den Verantwortlichen in der T4 Zentrale also mit Vertretern der Kanzlei des Führers. Was hier genau besprochen wurde ist nicht übermittelt. Wenn wir jedoch betrachten was sich die nächsten Monate entwickelte, ist es sehr wahrscheinlich, dass es um die zukünftige Organisation des zweiten bereits im Bau befindlichen Tötungslagers Sobibor ging sowie dem Bau des dritten Lagers Treblinka das Himmler wahrscheinlich um den 19 April befohlen hatte. Die Mordaktion weitete sich aus. Weiter kann man vermuten das Wirth die Problemfelder besprach die sich nach der ersten Deportationen ergeben hatten. In der zweiten Aprilhälfte kam der Kommandant Sobibors Franz Stangl mit 19 Männern in Sobibor an.  Zuvor war er noch bei Wirth und Globocnik gewesen um seine Befehle zu erhalten.

Ende April Anfang Mai hatte Himmler mit Heydrich innerhalb von nur acht Tagen sieben mal ein Zusammentreffen, und mit Hitler zweimal am 23 April kurz vor der letzten Reichstagssitzung (war am 26.4) )und Hitlers Bevollmächtigungen gegenüber Justiz und Staat, aus der er als „totaler Diktator“ hervorging, sowie am 3 Mai.  Es ist die Zeit der letzten abschließenden Vorbereitungen und Abstimmungen zur umfassenden Deportation und Ermordung der europäischen Juden. Rückdatiert auf April 1942 wird man diese Aktion nach dem Ableben Reinhard Heydrichs, Aktion Reinhardt benennen.

 wie alles begann GESCHICHTE DER EUTHANASIE lesen

Grundsätzlich empfiehlt Shoaportal zu diesem Thema das hervorragende Buch von Dr. Sara Berger „Experten der Vernichtung“ Verlag Hamburger Edition –

 Entscheidungen des Massenmords (link oben) Quellen:

1)13 Oktober Wirtschaftsminister Funk bei Hitler Kershaw Adolf Hitler Biografie S706

2)1 Oktober Brief Globocnik an Himmler sowie das Treffen zitiert aus Johannes Sachslehner „Zwei Millionen ham ma erledigt“ Odilio Globocnik Biografie S185/86. Am 13 Oktober 1941 vermerkt Himmler in seinem Dienstkalender von 18 -20 Uhr das Gespräch mit Globocnik und Krüger

3)Wirths Abkommandierung zur Kanzlei des Führers Sara Berger Experten der Vernichtung – S35/36

QUELLEN:

1)zu Himmlers Befehl zur Räumung des Generalgouvernements 19 Juli 42 zitiert aus Sara Berger- Experten der Vernichtung S91/Himmler an Krüger 19.7.1942Barch NS 19/1757, BL zitiert aus Witte  Dienstkalender S 482-483

2)Aussage Brandts -Hitlers Anweisung zum Ende der Aktion und das T4 Personal – siehe Nürnberger Dokument NO-426 Ärzteprozess, Exhibit – Nr. 160, Microfiche 168, S. 04271, wir zitierten dies aus Neueste Studien zur Massentötungen durch Giftgas Herausgegeben von Günter Morsch Bertrand Perz unter Mitarbeit von Astrid Ley Metropolverlag S168.

3)Aussage Oberhauser – zitiert nach Fischer Euthanasie im Dritten Reich S322- dieser zitierte Aussage Oberhauser vom 4.2.1963 L.G Hamburg (54) 4/62

4)Aussage Fuchs – zitiert nach Fischer Euthanasie im Dritten Reich S322- dieser zitierte Aussage Fuchs vom 8.4.1963 45 JS 27/61 STA Dortmund.

5)Aussage Konrad Morgen Nürnberger Prozess Hauptverhandlung – 197 Verhandlungstag  Aussage Konrad Morgen  Mittwoch 7 August 1946 siehe Shoaportal Archiv

6)Zahl der versetzten T4 Männer in Vernichtungslager bis Juni / Juli Sara Berger Experten der Vernichtung  1942 S37

7) zu Bauleitungsfrage in Belzec Fuchs traf Thomalla nicht persönlich in Belzec nur in Sobibor und Treblinka zur Bauleitung  wir zitierten aus Sara Berger Experten der Vernichtung S43/ 17 Breslau Fuchs 19.9 1963 La Münster Q 234 Nr 4292 BL 187-192 Schulte  Initiative  S134  –  –

8)Trawnikis 18 November Sara Berger Experten der Vernichtung   S43/22

9)zu Reuter Notiz und Höfle siehe Johannes Sachslehner Globocnik Biografie „Zwei Millionen ham ma erledigt“ S202- 205

10)Belzec-Prozess – Urteil LG München I vom 21.1.1965, 110 Ks 3/64 siehe Shoaportal Archiv

11)Franz Stangl zitiert aus Saul Friedländer Jahre der Vernichtung S385 dieser zitierte Gitta Sereny am Abgrund Gespräche mit dem Henker Franz Stangl und die Morde von Treblinka München Zürich 1997 S128

12)April/Mai Himmler und seine Treffen mit Heydrich sowie Hitler siehe Peter Longerich Heinrich Himmler Biografie S582/583

Eine Konferenz am Wannsee 20 Jänner 1942

DIE WANNSEEKONFERENZ – 20 JANUAR
SELEKTIVER MASSENMORD

Die Villa am Wannsee, heute Gedenkstätte des Genozids

Die ursprünglich schon am 9 Dez 41 angesetzte Wannseekonferenz (gleich nach Angriff der Japaner auf Amerika) wurde auf den 20 Januar 42 verschoben. Diese vielen unter dem Namen Wannseekonferenz bekannte Sitzung im Gästehaus des Sicherheitsdienstes in Berlin Umgebung, wurde zum Inbegriff für die Koordination der Vernichtung des europäischen Judentums. Hier trafen sich die staatlichen (politischen) Vertreter mit den Exekutivvertretern der Gerichtsbarkeit und Polizei  (SD, SS) um die genaueren Möglichkeiten einer “Endlösung” im eigentlichen Sinn einer folgenden  physischen Vernichtung vorzubereiten. In den Augen der SS ist die Frage der Endlösung und ihrer Zuständigkeit von zentraler Bedeutung. Über Monate versuchten sie sich gegenüber allen anderen Zentralinstanzen, als die eigentlich treibende Kraft in der “Judenfrage” zu etablieren. Der erste Triumph erfolgte in der Weisung Görings vom 31 Juli 41 in der die SS und der SD die erste offizielle Vollmacht erhielten die “Endlösung” der Judenfrage zu organisieren. Dies bedeutete im eigentlichen Sinn einen Pakt mit Göring und seinen Vollmachten als “zweiten Mann des Staates”  aber auch “Wirtschaftsbevollmächtigten” im Ostraum und daher auch als maßgeblicher “Judenbeauftragten” der neu gewonnenen Gebiete. Es bedeutete auch einen kleinen Triumph gegenüber dem Generalgouverneur Hans Frank in Polen, der sich wie wir gesehen haben in den Fragen der Judenenteignung immer wieder zu Wort meldete. Doch war diese Weisung Görings nur ein Teilerfolg, denn mit dem Zusatz “…Soferne hierbei die Zuständigkeiten anderer Zentralinstanzen berührt werden, sind diese zu beteiligen …”  erhielt die SS und der SD nicht die Weisungs freiheit die sie anstrebte, um die Judenfrage ungehindert unter ihrer Kontrolle zu einer “Endlösung” zu bringen. Dies sollte sich im Laufe des Ostfeldzuges ändern. Der Zyklus und die Entwicklung findet hier seinen erschreckenden Höhepunkt. Sie begann mit Erschießungen, Tötung durch Krankheit und Arbeit, durch gezielt provozierte Pogrome, endete in Massentötungen zehntausender Menschen durch erschießen, sprengen, verbrennen, und zuletzt durch Tötung in mobilen Gaswagen um nun in reinen Vernichtungsanlagen ihr Ende zu finden. An diesem Punkt gibt es für die SS keine moralische Grenze mehr zu durchbrechen. Dieses “ungermanische” Verhalten welches man einst verabscheute ist nun zur Norm eines ausser Kontrolle geratenen Krieges und Ideologie geworden. In einer gewissen Eigendynamik, wurde jede moralische Konsequenz beseitigt um ihren Rassenwahn nun vollends von einem Endsieg in eine Endlösung der Judenfrage zu verwandeln. In den Wahnvorstellung dieser Ideologen Kinder, Frauen, Alte, als der eigentlich zu vernichtende Feind, zur systematischen Vernichtung frei gegeben werden.



Die Teilnehmer der Konferenz v.l.n.r : der Chef des Reichssicherheitshauptamtes un Obergruppenführer Heydrich er leitete die Konferenz, der Chef der Geheimen Staatspolizei (Getsapa) Müller, Adolf Eichmann Kopf der Abteilung 4BIV jüdische Auswanderung (er verfasste das Protokoll), SS-Gruppenführer Hofmann aus dem Rasse und Siedlungshauptamt.



SS-Gruppenführer Schöngarth Chef des Sicherheitsdienstes (SD) im Generalgouvernement, SS-Sturmbannführer Dr. Lange als Kommandeur der Sicherheitspolizei Lettland als Stellvertreter für den Chef der Sicherheitspolizei des Reichskommissariat OSTLAND, Staatssekretär für die besetzten Ostgebiete Dr Meyer und Reichsamtsleiter Dr Leibbrandt für die besetzten Ostgebiete,



Staatssekretär Dr Stuckart für das Reichsministerium des Inneren, Staatsekretär Neumann als Beauftragter des Vierjahresplans (Göring), Staatssekretär Dr Freisler für das Reichsjustizministerium, Staatssekretär Dr Bühler Amt des Generalgouverneurs (Hans Frank)



Unterstaatssekretär Dr Luther für das Auswärtige Amt, SS-Oberführer Klopfer für die Parteikanzlei, Ministerialdirektor Kritzinger für die Reichskanzlei.

DIE KONFERENZ

Was war die Wannseekonferenz und welche Konsequenzen ergeben sich aus ihr ? Diese Fragen sind heute noch Grundlage wilder Spekulationen. Den besten Einblick gibt uns das Protokoll selbst, im Kontext zu den Geschehnissen die man heute vermutet oder teilweise gut beweisen kann. Es ergeben sich im wesentlichen Fragen aus dem Kontext vor der Konferenz und dem Wissen welches wir aus dem Protokoll selbst erhalten. Die Konferenz ist die Konsequenz auf jene gescheiterten Pläne der  Nationalsozialistendie “Judenfrage” in Form von umfangreichen Ansiedlungsprogrammen zu lösen, und das Resultat des unbedingten Willens Hitlers die Judenfrage nun zu einem Ende zu bringen. Heydrich wird nach Aussage Eichmanns zu Beginn der Konferenz einen Vortrag über die diversen Siedlungspläne halten, um dann im Kontext der neuen ”Zeitverhältnisse“ die Konferenz mit Hinweis auf Görings Ermächtigung zu eröffnen. Im Verlauf der neuen Lösungsmöglichkeiten der Judenfrage ergeben sich nun einige Schwierigkeiten und vor allem Fragen:

1. Die Frage der “Zuständigkeit” im Kontext zu formalen juristischen und verwaltungstechnischen Schwierigkeiten zwischen einzelnen Verwaltungsbehörden und der SS

2. Die Frage der “Ziele” die man der jüdischen Gemeinschaft gegenüber zu erreichen suchte

3. Die Frage der “Auswanderung” im Kontext zu jüdischen Organisationen und finanziellen Abgeltungen bis Stichtag 31.10.41

4. Die Frage der “Endlösung” im neuesten Kontext der militärischen und transporttechnischen Realitäten des Feldzuges gegen die Sowjetunion

5. Die Frage der “Zahl” der entsprechenden Länder im EINFLUSSGEBIET des Reiches die man einer JUDENAUSWANDERUNG unterziehen will

6. Die Frage des “Arbeitseinsatzes” im Kontext zur Endlösung und Bauprojekten des Generalstabsplans- Ost

7. Die Frage des “Generalgouvernements” als bisheriger Ort der Ghettoisierung nun als “Durchgangs- Ghettos” zu verstehen

8. Die Frage der “praktischen Umsetzung der Evakuierung “ im Kontext der von Ost nach West beginnenden Evakuierungen

9. Die Frage des “Beginns der Evakuierung” und etweilige Probleme mit div. Regierungen

10. Die Frage des “Auswahlverfahrens” Rechtsgrundlagen nach NBG (Nürnberger gesetzte), der in Frage kommenden jüdischen Menschen (Mischlingsfrage, Sterilisation).

11. Die Frage der “Rüstungsbetriebe” im Kontext produktiver jüdischer Menschen.

12. Die Frage des “Beginns der Endlösung” im Kontext der nun besprochenen Punkte – die im Generalgouvernement beginnen sollte, wobei nicht die Evakuierung gemeint ist da die im Generalgouvernement nebensächlich sei …

13. Die Frage der “Befugnis der Sicherheitsdienste SS und SD” im Kontext zu den jahrelangen Streitigkeiten der einzelnen Behörden

14. Die Frage der “div. Arten der Lösungsmöglichkeiten” Nach Eichmanns  Aussage 1961 im Kontext zu der abgeschlossenen Sitzung als “Tötungsarten” zu verstehen

15.  Die Frage der “Unterstützung” aller vertretenen Behörden

DAS PROTOKOLL –

Dies sind also die wesentlichen Fragen und zentralen Punkte der Besprechung mit anschließenden Frühstück in der Villa am Wannsee 56-58. Der erste Punkt ist einer der wesentlichsten, er stellt die Grundlage für dieses Zusammentreffen überhaupt. Seit Beginn des Feldzuges in Polen waren die Zuständigkeiten in Fragen der Judenangelegenheiten nie restlos geklärt worden. Dies ist der wesentliche Grund des Zusammentreffens. Eingangs wird Heydrich dies betonen und sich seine zukünftige Vorreiterrolle in diesen Fragen bestätigen lassen. Görings Weisung gilt ihm dazu als Grundlage.

Die Frage der Ziele ist dann der zweite Punkt des Protokolls. Diese Gliedern sich in zwei Teile. Der Erste ist was man getan hat um bis zu einem Stichtag dem 31.10.41 zu einer Lösung des „Judenproblems“ zu kommen. Der zweite Teil was nun anstelle der Auswanderung tritt. Die “legale Auswanderung” beinhaltet einen wesentlichen Faktor der hier unverblümt angesprochen wird:

“Hier wurden von diesen Juden im Schenkungswege (!!!) 9, 5 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt”

Begründung stellt hier der volkswirtschaftliche Sinn eines Devisenschutzes der Reichsmark (Schutz vor Devisenflucht ). In Wirklichkeit mussten die Auswandernden Juden nicht nur den größten Teil ihres Besitzes zurücklassen, wurden ihre Betriebe arisiert und an Parteifunktionäre verschenkt, nein ausländische Organisationen mussten auch noch Fremdwährungsgelder zu Verfügung stellen (Devisenaufwertung zb durch Dollar) um ihr jüdischen Verwandten oder Freunde aber auch viele Prominente oder Geschäftsmänner freizukaufen. Das Protokoll formuliert es folgendermaßen:

“Das Aufgabenziel war, auf legale Weise den deutschen Lebensraum
von Juden zu befreien. Anstelle der Auswanderung ist nunmehr als weitere Lösungsmöglichkeit nach entsprechender vorheriger Genehmigung durch den Führer
die Evakuierung der Juden nach dem Osten getreten.”

Hier wird das erste mal klar um welchen weiteren Möglichkeiten in der Judenfrage es in Wirklichkeit geht. Wenn dies die legalen Wege der Auswanderung waren, so impliziert die “Evakuierung in den Osten” nun alle illegalen Möglichkeiten die Judenfrage zu einer “Endlösung” zu bringen Begründung hierfür ist die neue Situation des Kriegszustandes und zwar nicht nur der Feldzug Barbarossa sondern der neue Umstand des Weltkrieges und der Schwierigkeiten die aus so einer Auswanderung in Feindesland bringen ja unmöglich machen. Dies wird nicht explizit dargestellt ist aber aus dem Kontext zu verifizieren. Mit dem Kriegseintritt der USA so kann man herauslesen sieht man also endgültig keinen Möglichkeit durch eine legalen Auswanderung das Judenproblem zu lösen, wohin solle man sie auch schicken?

Der nächste Absatz ist einer der interessantesten und lässt auf den ersten
Blick noch immer viel Platz für Spekulationen.

” Diese Aktionen sind jedoch lediglich als Ausweichmöglichkeiten anzusprechen, doch werden hier bereits jene praktischen Erfahrungen gesammelt, die im Hinblick auf die kommende Endlösung der Judenfrage von wichtiger Bedeutung sind “

Dieser Satz wirkt auf den ersten Blick widersprüchlich. Man muss an dieser Stelle berücksichtigen dass bis jetzt nur von jüdischen Menschen aus dem Reich die Rede war also dem Reichsgebiet selbst im speziellen dem Altreich, der Ostmark und dem Protektorat Böhmen und Mähren. Es geht auf die Priorität zurück die sich aus Hitlers Befehl, das Reich so schnell wie möglich “judenfrei” zu machen. Mit Ausweichmöglichkeit ist das Generalgouvernement gemeint, dass angesichts der nun neu ankommenden Transporte über die Grenzen seiner Aufnahmefähigkeit trifft. Die Vorsitzenden der “Ghettos” werden Einspruch gegen die neu eintreffenden Transporte aus dem Reich erheben, die Antwort der Nazis auf die Überbevölkerung der Ghettos wird zu dieser Zeit schon “vernichtend” ausgefallen. Die praktischen Erfahrungen die man jedoch sammelt, stehen wieder eindeutig für den impliziten Kontext des illegalen Weges dieser Evakuierungen in den Osten. Denn “praktische Erfahrung” mit Ghettoisierung und Judendeportationen hatte man schon hinlänglich genug gesammelt neu ist nur die Tatsache des neue Interpretierten Begriffs “Endlösung” und den damit zusammen – hängenden neuen Zielen umfangreichster Selektion und auch Deportation in die Vernichtungslager die man nun an der Grenze des Generalgouvernements am Bug errichten wird oder hat. Diese “praktischen Erfahrungen” sind unschätzbar für die Organisatoren des Vernichtungsbetriebes und hier findet man einen weiteren Hinweis auf die eigentliche Tatsache des hier zu besprechenden Inhalts der auf den ersten Blick nichts schlimmes verrät. Aus den Umständen unseres heutigen Wissens jedoch Klarheit über diese Besprechung schafft. Wenn man auf die Protokollliste den Namen des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD des Reichskommissariat Ostland sucht wird man nur den Namen Dr Rudolf Lange als seinen unerwartet rangniedrigen (Sturbannführer) Stellvertreter finden. Jener Befehlshaber der Einsatzgruppe 2 der Einsatzgruppe A der die ersten Vergasungen in mobilen Gaswagen zb in Soldau durchgeführt hatte (geistig Behinderte) und Monate lang mit Mobilen Gaswagen mordend durch den Osten zog. Schlussendlich wurde Dr Rudolf Lange zu einem unentbehrlichen Spezialisten in Fragen des “mobilen Gastodes” aber auch Massenexekutionen durch Erschießungen und als solcher auch treibende Kraft hinter dem Aufbau des ersten reinen Vernichtungszentrums Chelmno (Kulmhof) dass wie eine Basisstation für mobile Gaswagen angelegt war. Das Dr. Lange als Vertreter des Chefs der Sicherheitspolizei des ganzen Reichskommissariat Ostland auftritt,  zeugt von jenem Plänen die man nun auch im großen Maßstab umzusetzen suchte .

… mit den Worten:

“Im Zuge dieser Endlösung der europäischen Judenfrage kommen rund 11 Millionen Juden in Betracht, die sich wie folgt auf die einzelnen Länder verteilen.”

sind wir bei der nächsten Frage angelangt. Das Protokoll teilt hier die Liste in zwei Gruppen A und B. In den Fällen der Gruppe A besitzen die Nationalsozialisten direkten Einfluss auf die Regierungen oder stellen sie selbst. In den Ländern der Gruppe B sind zu erwartende Problemregierungen als auch Länder mit denen das Reich sich noch im Krieg befindet darunter England und die UDSSR. Es zeigt einmal mehr, dass an diesem Punkt 1942 die radikalsten Nationalsozialisten trotz der enormen militärischen Rückschläge an dem Willen Endsieg festhalten in dem man Schlussendlich sich als Herr über ganz Europa bis tief in die Sowjetunion sieht. Die Zahlen wie man heute vermutet zb im europäischen Teil der Sowjetunion sind übertrieben eben nur eine überhöhte Schätzung.

Nach dem man einzelne Zahlenzusammenhänge bespricht nähert man sich der nächsten wesentlichen Frage an:

“Unter entsprechender Leitung sollen nun im Zuge der Endlösung die Juden in geeigneter Weise im Osten zum Arbeitseinsatz kommen. In großen Arbeitskolonnen, unter Trennung der Geschlechter, werden die arbeitsfähigen Juden straßenbauend in diese Gebiete geführt, wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung(!!!) ausfallen wird. Der anfällig verbleibende Restteil wird, da es sich bei diesem zweifellos um den widerstandsfähigsten Teil handelt, entsprechend behandelt werden müssen,da dieser,eine natürliche Auslese darstellend, bei Freilassung als Keimzelle eines neuen jüdischen Aufbaues anzusprechen ist (siehe Erfahrung Geschichte)”

Dieser Teil ist einer der unverblümtesten und auch Aufschlussreichsten des ganzen Protokolls. Hier treffen sich zwei wesentliche Merkmale und auch Erklärungen für die weiteren Handlungen und Taten aber auch für einige Motive der Wannseekonferenz selbst. Es erscheint nun einen Synthese der Vernichtung die sich hier in zwei Teile zerlegt. Erstens Vernichtung durch Arbeit. Zweites Vernichtung der arbeitsunfähigen (wird später noch erörtert werden) oder eben jene welche diesen Arbeitseinsatz überleben sollten. Hier schließt sich ein Kreis um einen einzelnen wesentlichen Punkt Es führen hier die drei zentralen Säulen der Endlösung zu einem Programm der Vernichtung zusammen. Ersten wäre hier der unabdingliche Glaube der Nationalsozialisten an die Rassereinheit der ideologische Faktor. Zweitens der wirtschaftliche Faktor im Verlauf des Generalstabplan – Ost. Schlussendlich waren die Siedlungsprogramme im Generalgouvernement als gescheitert anzusehen, da man nun auch im Generalstabsplan Ost das General gouvernement als polnisches und später sogar alsdeutsches Siedlungsgebiet einzusetzen suchte, und nicht wie man ursprünglich vor hatte es auch als jüdisches Siedlungsgebiet zu benutzen. Der gescheiterte Blitzkrieg und der Eintritt der USA in den Krieg, ist der dritte Faktor des Beschlusses, die jüdischen Menschen einer radikalen Form der Endlösung zuzuführen, die das Synonym der Evakuierung in den Osten für viele in eine Frage der Evakuierung in ein Vernichtungslager bedeutete. Der Arbeitseinsatz sollte für die arbeitsfähigen “Juden” bedeuten im Verlauf des Generlastabsplans Ost “straßenbauend” in den Osten geführt zu werden. Dies steht wieder herum in Zusammenhang mit umfangreichen Plänen der Besiedelung des Ostens, Straßenbauprojekten und Schienenbauprojekten aber auch dem Ausbau von Städten Pläne, welche die Nazis auf Grund der militärischen Niederlage nie verwirklichen sollten. Der Hinweis jedoch die Überlebenden solcher Bauprojekte entsprechend zu behandeln da sie die Keimzelle eines neuen jüdischen Aufbaues sein könnten, zeugt abermals von dem eigentlichen Sinn hinter dem Begriff der nun folgenden, radikalen Form der  “Endlösung” aber auch dieser Konferenz.

Im nächsten Absatz betont man erneut die Dringlichkeit im Großreich selbst mit den Evakuierungen zu beginnen auf Grund des Wohnungsmangels. Europa solle von West nach Ost durchgekämmt, werden wobei man die Juden in Durchgangsghettos unterbringen wolle, um sie dann in den Osten zu evakuieren. Schlussendlich fungierten viele Arbeitslager und so gut wie jedes Ghetto als “Umschalgplatz” in den Tod durch Gas oder Tötung durch erschießen.

Die nächsten Absätze Folgen der Frage der zu Evakuierenden Personen, und auf welcher Grundlage sie zu geschehen sei. Grundsätzlich einigte man sich auf die Definition der Nürnberger Gesetzgebung NBG – einer jener federführenden Juristenköpfe Staatssekretär Freisler, welcher diese Gesetzgebung in hohen Maße mitentwickelte hatte war selbst zu Gast bei dieser Sitzung. Nach dem man die Mischlingsfrage erörterte und die Frage einer Zwangssterilisation und die Möglichkeit einer staatlich verordneten Zwangsscheidung für Mischehen besprach, wirft man noch eine Frage auf die zu diesem Zeitpunkt für Heydrich keine Priorität besitzt jedoch Himmler zu späteren Zeitpunkt ein großes Problem darstellen wird. Staatsekretär Neumann der Mann der für Görings Ministerium des Vierjahresplans bei der Sitzung teilnahm, brachte die Frage der in “kriegswirtschaftlichen Betrieben” arbeitenden jüdischen Menschen auf. Hier gab es von Heydrich mit dem Hinweis dass jene Zielgruppe bei dieser Aktionen unberücksichtigt sei auch keine weitere im Protokoll festgehaltene zukünftige Verfahrensweise. Vielleicht ein Fehler Heydrichs der diese relevante Frage keiner genaueren Analyse oder zukünftigen Regel unterwirft. man erkennt hier jedoch dass diese Endlösung noch vorsah die Mehrheit der arbeitsfähigen Juden nicht zu deportieren ein Umstand der sich schnell ändern sollte. Himmler wird diese lange ungeklärte Frage sehr zu schaffen machen schon 1942 /1943- Mit  dem Tod Heydrichs und der erneuten Radikalisierung erging sein  Befehl das Generalgouvernement endgültig (so schnell wie möglich)von allen jüdischen Menschen zu räumen. Mit der Feststellung Dr Bühlers dem Vertreter Hans Franks aus dem Generalgouvernement bei dieser Sitzung , dass der Sicherheitsdienst jede Unterstützung von Verwaltungsebene bekomme und der eindringlichen nochmaligen Bitte das Generalgouvernement als erstes im Verlauf der Endlösung von Juden zu reinigen, da dort verkehrstechnisch keine Probleme zu erwarten sind erhalten wir den letzten klaren Hinweis auf die die Tatsache hinter der “Evakuierung” in den Osten. Der Osten ist vorallem für die “arbeitsunfähigen” Ostjuden das Generalgouvernement selbst, die Vernichtungslager die sich Teils schon im Bau befinden werden logistisch nicht weit “östlich” von den “Durchgangsghettos” errichtet, direkt am Bug etwas abgelegen im ländlichen Bereich. Schon im März wird das Vernichtungslager Belcek seine Tore öffnen. Wie Bühler weiter erläutert sollen etwa 2,5 Millionen Juden wobei die Mehrheit “arbeitsunfähig” sei im Generalgouvernement bereitstehen. Zum Schluss bespricht man noch diverse Lösungsmöglichkeiten der Judenfrage wie es das Protokoll formuliert, wobei Dr Meyer als auch Dr Bühler darum baten “gewisse vorbereitende Arbeiten im Zuge der Endlösung gleich in den betreffenden Gebieten selbst durchzuführen, wobei jedoch einen Beunruhigung der Bevölkerung vermieden werden müsse”

Somit ist die Wannseekonferenz beendet. Die staatlichen Stellen sind nun instruiert und bald schon werden die Mühlen des Staatsapparates den verwaltungstechnischen Überbau erschaffen der den Genozid wenn schon nicht “legalisiert” so doch fördert. Konkret ergaben sich also etwa sechs geklärte Punkte über die man sich schlussendlich geeinigt hatte:

1. Die Säuberung des Reiches von den Juden

2. Die Säuberung des Generalgouvernements von den Juden

3. Die Pläne des Generalstabplan Ost

4. Die zukünftige wirtschaftliche Rolle der jüdischen Menschen in diesem Plan

5. Die “Behandlung” der Arbeitsunfähigen .

6. Die “Behandlung” der stärkeren Überlebenden.

Zwei Punkte hingegen wurden nicht geklärt und werden weiterhin dazu führen, dass Ministerien und Partei, Zivilverwaltung, Wehrmacht, Wirtschaft und SS , in Konflikte geraten.

1 Die Frage der Mischlinge, Geltungsjuden, usw und deren Behandlung

2 Die Frage der in Rüstungsbetrieben tätigen Menschen.

Man kann die nächsten Monate und Jahre beobachten wie diese Fragen immer wieder erörtert wurden, für Himmler Schwierigkeiten die diese Konferenz eigentlich beseitigen sollte.

Die Seite sechs des Wannseeprotokolls, mit allen Ländern darauf in der man die Judenfrage zur “Endlösung” bringen wollte. Das Protokoll stand unter absoluter Geheimhaltung. Auf Verrat Geheimer Reichssachen stand der Tod. Betreffende Personen die eine Kopie erhielten waren angehalten diese nach Kenntnisnahme zu vernichten. Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Luther (Bild oben) war jedoch kein Freund seines Vorgesetzten Aussenminister Ribbentrop. Er behielt seine Kopie versteckt.Sie wurde nach dem Krieg zufällig gefunden und wurde ein wichtiges Indiz für Vorgänge, rund um die “Endlösung”.

Die Frage der Endlösung oder der “Evakuierung” in den Osten wie die Nazi Diktion es offiziell nannte wird sich auf alle Gebiete des Ns Staates erstrecken, selbst aus den Gefängnissen werden ab Mitte des Jahres systematisch Juden, “Asoziale” und Menschen die zu einer Haftstrafe verurteilt waren die länger als 8 Jahre dauerte in Konzentrationslager “evakuiert”. Die Synthese der Vernichtung mit “produktiven
Hintergrund” ist das wesentliche Kennzeichen der nun beginnenden Phase. Es geht auf die Einstellung der Nazis und insbesondere Hitler zurück, dass das “beste deutsche Blut” an der Front getötet wird und  jene schäbigsten Elemente in Gefängnissen und Konzentrationslagern “nutzlos überleben”. Auch sie hätten nun der großen Sache des dritten Reiches zu dienen. In diesem Tenor werden in den folgenden Jahren, Menschen auch zu “medizinischen Versuchen” herangezogen. Experimente die in ihrem Wesen mehr den Tötungswillen und Sadismus einzelner Wissenschaftler betonte, deren Methoden die Skrupellosigkeit einer “Humanmedizin” zeigt, in der ein Mensch auf ein Versuchsobjekt reduziert, jedes Anrecht auf Menschlichkeit verliert.

Warschau 20 Jänner 1942

Ghetto – Warschau 20 Jänner

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Alltag im Warschauer Ghetto (Quelle: BArch N 1486/152 Bild: Joe Heydecker)

Das größte Ghetto ist noch von Deportationen frei. Der Tod gehört zum Alltag. Es gibt Massensterben jetzt auch auf Grund von erfrieren, da es nur  wenig Kohle und es insgesamt fast kein Brennmaterial mehr gibt. Allein im Januar des Jahres 42 sterben  5 123 Menschen im Warschauer Ghetto. Am 20 Januar verzeichnet der Vorsitzende des Judenrates Adam Czerniakov aus dessen Aufzeichnungen das Buch im Ghetto von Warschau entstand, einen Fall von Kannibalismus eine Frau hatte ihrem zuvor gestorbenen 12 jährigen Sohn ein Stück Fleisch aus dem Gesäß geschnitten, um nicht zu verhungern. Czerniakov berichtet am 22.3.1942 weiter, dass im Ghetto – Gefängnis also dem Gefängnis, dass die Juden selbst betrieben Menschen starben und jene dann länger oft bis zu acht Tagen liegen gelassen werden. Für den 10.2.42 berichtet er von 22 Toten im Arrestlokal. Der Ghettoarrest war in den zwei Gebäuden untergebracht jedoch nur für max.350 Personen ausgelegt. Angesichts des Überlebenskampfes wie man vermuten kann ist die Kriminalität so hoch dass auf diesem Raum 1283 Gefangene Platz finden mussten. Die Zustände erklären sich aus diesen Zahlen von selbst. Die jüdischen Organisationen innerhalb des Ghettos finden sich im März zusammen um über alle Streitigkeiten hinweg eine gemeinsam Front gegen die Nazideutschen zu bilden. Man will nicht länger mehr Opfer sein wenn man schon sterben muss will man einige Nazi- Mörder mit in den Tod nehmen. So finden sich linkszionistische Gruppen wie Hechaluz (Zuckerman) zu Gesprächen mit dem jüdischen Bund ein. Frühere Versuche mit dem Bund in Kontakt zu treten um Widerstandspläne auszuarbeiten schlugen fehl. Doch angesichts der Tatsachen Vermutungen und Beobachtungen konnte auch dieser nun nicht mehr seine Augen vor dem Augenscheinlichen verschließen, auch wenn man sich schwer tat das Unfassbare zu begreifen. Traditionelle weltanschauliche Unterschiede erschwerten die Verhand lungen enorm, und vor Juli sollte es keinen Widerstand im eigentlichen Sinn geben.

Quellen:

20 JÄNNER WARSCHAU siehe Adam Cherniakov im Ghetto von Warschau Saul Friedländser Jahre der Vernichtung S418/19

SHOA – ENDLÖSUNG – TOTALER KRIEG

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JÄNNER – MÄRZ

“Jene biologisch scheinbar völlig gleichgeartete Naturschöpfung mit Händen und Füssen und einer Art Gehirn ist doch eine ganz  Andere, eine furchtbare Kreatur, ist nur ein Wurf zum  Mensch hin, mit menschlichen Gesichtszügen – geistig, seelisch jedoch tiefer stehend  als jedes Tier, im inneren seines Wesens ein grausames Chaos wilder, hemmungsloser Leidenschaften, namenloser Zerstörungswille, primitivste Begierde, unverhüllteste Gemeinheit. Untermensch sonst nichts.”

Heinrich Himmler zitiert in einer Broschüre des SS Hauptamtes “DER UNTERMENSCH”

DIE ENDLÖSUNG

RÜCKBLICK

Hier an diesem Punkt 1942 tritt nun auch praktisch dass ein was man Ende 1941 begonnen hatte zu planen. Das Faustpfand Jude wie es Franz Rademacher aus dem Auswärtigen Amt benannte, hatte seinen Zweck erfüllt. Die lange gehegten Umsiedlungs- pläne waren angesichts des Raummangels der, Kriegssituation, der Lebensmittel- versorgung, des finanziellen Aufwandes und der ungeheuren Dimension solcher Pläne beiseite gelegt worden.  Kurz nach der Atlantikcharta verfügte Hitler die Deportationen der Juden aus dem Reich. Dies ist ein klares politisches Zeichen an die Welt, dass er nun bereit sei die Judenfrage auch mit den schon 1939 prophezeiten radikalsten Mitteln zu lösen. In das Einflussgebiet der Nationalsozialisten sind durch den Ostfeldzug etwa 2 Millionen Juden hinzugekommen. Die Einsatzgruppen sind damit beschäftigt dieses “Problem” gar nicht erst eines werden zu lassen. Man exekutieret und tötet im Schatten der riesigen Frontbewegungen. Systematisch beginnt man den europäischen Teil  Russlands im Einvernehmen mit der Wehrmacht zu säubern. Nun wird bei Deportationen und Mord Verschleppung und Versklavung nicht mehr zwischen West und Ostjuden unterschieden. Angesichts der Kriegssituation des Reiches und der Siedlungspläne der Nationalsozialisten, den sich neu entwickelnden wirtschaftlichen Zwängen, beginnt man nun die Selektionen auch der jüdischen Menschen in – Produktiv,- Unproduktiv oder “Sonderbehandlung” einzuteilen. Es ist eine Selektion der jüdischen Menschen im Dienste der wirtschaftlichen Zwänge unter Ausnützung ihrer Arbeitskraft. Aber auch hier beginnt man schon Anfang des Jahres neue Prioritäten zu erkennen. Um die jüdischen Menschen besser kontrollieren zu können beginnt man die jüdischen Ghettos zu zentralisieren, und die ersten vorbereitenden Maßnahmen die jüdische Menschen langsam aus den produktiven Prozessen herauszulösen. Wieder ist es die Gefahr von Aufständen die man erkennt, und Himmler wird das Konzentrationslagerwesen ausbauen um die wirstchaftlich produktiven jüdischen Menschen in seinen Machtbereich zu bekommen, unter besserer Bewachung in Konzentrationslager. Für Millionen Juden wird dies das Todesurteil bedeuten. In den Jahren 1939/40 war Himmler damit beschäftigt gewesen in Polen die Probleme der “Umsiedlungsaktionen” in den Griff zu bekommen. Dazu gehörten zuerst die Räumungen der Städte dann die Ghettoisierung, die Vertreibungen und die ersten Massentötungen. Die Probleme der Deportationen der Umsiedlungen, all dies sollte sich nun im großen “Weltanschauungskampf” im Osten nicht mehr wiederholen. Es scheint wie ein “Zweifrontenkrieg” gegen die jüdischen Menschen. Die nun 1942 startenden Deportationen aus dem Reich in den Osten, um sie nach einer Selektion unter Produktivitätskriterien, teils in die Vernichtung durch Gas oder Erschießungen oder durch Arbeit zu Tode zu bringen, während man weiter im Osten auf sowjetischen Gebiet erneut von Juden “umzingelt” ist. Mobile Gaswagen werden die Einsatzgruppen des SD der SS und der Schupo (Schutzpolizei) an der “Judenfront unterstützen,…” damit man an “Leib und Seele keinen all zu großen Schaden nimmt”…, während ab Mitte des Jahres die jüdischen Menschen in einen geregelten Vernichtungsaktion mit dem bezeichnenden Namen “Reinhardt” einbindet. Diese neue Aktion bildet vorerst den Schwerpunkt im Vernichtungsprozess. Bis in den Herbst 43 wird sie andauern und den Kern der Vernichtung der Juden Europas bilden. Es ist eine Standardisierung der Vernichtung es ist wenn man so will ein vom Exzess der willkürlichen Tötung befreiter Zyklus der die Vernichtung weitgehenst “regularisiert” und ihn so zu einem geregelten Dauerzustand erhebt, der es dem einzelnen Mörder erleichtert diesen “Fließbandprozess” als gegebene Tatsache zu begreifen. Wie barbarisch und unmenschlich mutet eine Erschießung gegen eine luftdichte Kammer, bei welcher einer die Menschen in die Kammern bittet prügelt oder schiebt, einer den Motor bedient, einer die Türe schließt zwei drei die Leichen untersuchen, andere Zähne herausbrechen, und andere wieder herum die Menschen verbrennen. Vor allem wenn man die jüdischen Menschen selbst diese Dinge tun zu lassen wird und wenn es nicht Juden sind, dann werden es ukrainische oder andere Hilfstruppen machen. Der Tod als mechanisierter Prozess mit dazugehörenden verwaltungstechnischen Überbau dessen Entscheidungen weitgehend befreit von einem persönlichen Urteil die Vernichtungs maschinerie am laufen hält. Der Tod als Ziel produktiver Kapazitäten ist diese vernichtende Wahrheit einer Selbstgerechtigkeit, deren Lebensverachtung sich im Wahnsinn eines totalen Krieges gegen das Naziregime und dessen Mordschergen selbst richten wird.

Werbeplakat für die SS 1942 Hilger verlag Berlin.

JAHRESWECHSEL 41/42

Die Russen hatten am 5 Dezember die erste große Offensive, gegen die vom Winter “überraschten” Deutschen Truppen eingeleitet.Diese bescherten vorerst die grössten Verluste des bisherigen Krieges. Nicht nur dass der Blitzkrieg gescheitert war die unzureichende Ausrüstung für einen Winter im offenen Feld gegeben war, hatte das Reich den Amerikanern am 11 Dezember 41 auch noch den Krieg erklärt. Trotzdem gelingt es Hitler nachdem er den Oberbefehl von Brauchitsch übernahm die Ostfront zu begradigen und zu stabilisieren. In diesem Frühjahr 1942 sollten die deutschen Truppen wieder die Offensive übernehmen, bis an die Krim und das Donezk Becken vorstoßen und bis Juli standen sie wieder bei Sewastopol. In Afrika feierte man mit der Einnahme Tobruks einen großen Erfolg und im Pazifik standen die Amerikaner vor fast unlösbarenProblemen mit  japanisch kaiserlichen Truppen. Trotz all der Siege die sich 1942 für die deutschen Truppen noch abzeichneten, weiss Hitler dass es seine letzte Chance ist um das Kriegsglück zu Gunsten Nazideutschlands zu wenden. Er weiss dass die amerikanische Rüstungsindustrie die Deutsche um ein vielfaches übersteigt, dass die Ernährungsprobleme des europäischen Kontinents sich drastisch verschlechterten und sämtliche Rohstoffe die zur weiteren Kriegsführung notwendig sind, sich zu fatalen Defiziten neigten. Es ist einer der letzten Aufgebote der deutschen Truppen, während die Alliierten insbesondere die USA erst begonnen hatten das größte Rüstungsprogramm der Menschheitsgeschichte zu starten und so jene Grundlage legten die sie bis heute zu der führenden Weltmacht werden ließen

 

Doch mit Hitlers ersten schweren Rückschlägen im Osten, dem Scheitern des Blitzkrieges beginnen sich viele Deutsche das erste mal von Plänen zu distanzieren. Auch innerhalb des Generalstabs beginnt man Hitlers Vorstellungen nun immer wieder in Frage zu stellen. Vorallem seine Entscheidung Richtung Stalingrad zu marschieren um den russischen Nachschub zu unterbinden wird eine viel diskutierte Entscheidung werden. Für die Bevölkerung bedeutet die neue “Mobilmachung” 1942 weitere tiefe Einschnitte hinnehmen zu müssen. Vorallem wird man die Nahrungsmittelrationen erneut radikal kürzen. Die Ohnehin schon an einem Existenzminimum lebende deutsche Bevölkerung wird 1942, auf breiter Ebene wirklichen Hunger kennenlernen. Viktor Klemperer der jüdische Tagebuchautor, wird Deutsche mit Blähbäuchen auf Grund des Nahrungsmittelmangels beschreiben. Hinzu kommen die sich radikal verschärfenden Bomenangriffe der Alliierten auf das Reich. Dies ist ein Umstand den Hitler besonders fürchtet er erkennt, dass die Gefahr eines “Aufstandes” oder “Unruhen “, “Revolutionen” wie schon 1917-1918 wächst. Diese Gedanken Hitlers sind in den letzten Monaten 1941 und den ersten 1942 gut dokumentiert, und so beginnt er systematisch die staatlichen Stellen auf diesen Umstand vorzubereiten. Zuerst beginnt er jenes Ministerium unter Druck zu setzten, dass in seinen Augen nicht ausreichend die Forderungen der Partei und des Nationalsozialismus vertrat, den Justizapparat. Die Justiz war in seinen Augen nicht ausreichend hart, weder in ihren Urteilen noch in ihrem Auftreten. Hitler wollte Abschreckung um jeden Preis eine Terrorjustiz zur Abschreckung des Volkes. Schon die ersten Jahre des Krieges zeugte die Justiz in einzelnen Fällen von ihren Unabhängig – keitsbestrebungen. Dies zeigte sich vorallem im Fall der Euthanasie, in der vereinzelne Volksgenossen  Anzeigen gegen den Staat einbrachten, und es sogar kriminalistische Untersuchungen gegen das Regime gegeben hatte. Der Umbau des Justizapperates war also einer der wesentlichen Faktoren für Hitler um nicht nur gegen das eigene Volk vorgehen zu können und es durch diese schwierige Zeit zu bringen, sondern vorallem die noch nicht parteipolitisch besetzten Stellen innerhalb der Justiz vollkommen durch regimetreue Richter, Staatsanwälte, und Beamte zu durchsetzen. Es ist möglich, dass Hitler sich auch aus diesem Grund 1942 lange hüten wird vorallem die Reichsjuden im Osten, einer geregelten Tötung zu übergeben. Erst mit der Einberufung der Reichstagssitzung am 26.April 1942 wird er sich erneut als Führer bestätigen lassen, und vorallem mit neuen Ermächtigungen der Justiz gegenüber. Es sollte auch die letzte Reichstagssitzung der Ns –  Geschichte sein, aus der Hitler mit neunen Möglichkeiten gegen Ministerien ausgestattet als “totaler” Diktator hervorgeht. Jener Teil der Justiz der sich als unabhängiger wahrer der Volksinteressen gesehen hatte, wird sich empört zurückziehen, es ist ihre faktische Entmachtung. Ab nun kommen nicht nur regimetreue, sondern vorallem radikale Nationalsozialisten in die oberste Führungsriege. Die zeitlichen Abläufe zeigen dass dies eine zumindestens “absichernde” Entwicklung war, denn auch der Hinweis Hauptsturm – führers Dieter Wislicenys in Nürnberg war ein Schreiben Himmlers dass die Ermordung der Juden im Namen Hitlers legitimierte und dass er zweifellos auf April 1942 datierte. Im Kontext des Geschehens und der unglaublichen Schwierigkeiten die Hitler angesichts der Euthanasie also der Tötung körperlich und geistig behinderter Menschen durch die Justiz gehabt hatte wäre dies eine logische Erklärung- Die Deportation der Juden machte sie rechtlich zwar im Osten zu staatenlosen Existenzen, doch die Angehörigen Freunde, Bekannte aber auch zweifelnde Parteigenossen hätten ohne diesen Schritt eine Möglichkeit gehabt gegen die Deportationen, und einzelne Todesfälle rechtlich besser vorzugehen. Die Justiz stellte sich vorallem gegen Willkürakte, und pochte immer wieder auf formal juristische Grundlagen die in ihren Augen auch von der Partei als bindend anzusehen waren. Die Justiz sah sich also nicht als eine Widerstandsorganisation, sondern als ein wahrer der staatlichen Rechtsordnung. Eine Zwangsscheidung oder Zwangsmassnahmen gegen jüdische und deutsche Menschen sah sie, weniger als “Ungerechtigkeit”, sondern vielmehr als eine formale Verletzung der staatlichen Rechtsnormen und somit in ihrer Zuständigkeit, sobald sie selbst unzureichend eingebunden waren. In diesem Sinne war Hitler’s Wille immer wieder in Konflikt mit dem Justizministerium geraten, denn für juristischen Verwaltungs – aufwand oder gesetzliche Grundlagen seiner Anweisungen sah Hitler keine Zeit gegeben. Aus dem Blickwinkel der Justiz hatte auch die Polizei und SS in Hitlers Sinne zu viel Macht erhalten. Diese Organisationen bewegten sich in einer vernichtenden Grauzone, die ein Eingreifen der Justiz in zu schwere Willkürakte weitgehenst erschwerte ja unmöglich machte. Ein Umstand der immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen führen sollte.

Die Zeitschrift des SS Hauptamtes “Der Untermensch” sollte auch den jüdischen Charakter dieses Krieges weiter hervorheben, wobei man den gesamten Osten als “Sammelbecken” minderwertigster Rassen darstellte. Wie die “Hunnen”  einst versuchten diese nun die Deutsche Kultur zu vernichten.

SHOA

TOTALE DEPORTATION – SOMMER 1942 – “AKTION REINHARDT”

Im ersten Halbjahr 1942 beginnt man sich auf die neuen “Umstände” einzustellen. Man wird Konferenzen abhalten, um die formal rechtlichen Zusammenhänge zu erläutern. Staatliche Stellen, eben zuständige Männer des Staates der Partei, und jene polizeilich durchführenden Instanzen der SS koordinieren ihre Zusammenarbeit, wobei einmal mehr klar gemacht werden wird dass SS und SD im Sinne des Führers die Kontrolle über die jüdischen Menschen hat. Das erste Halbjahr 1942 zeigt jedoch auch, dass man vorerst gewillt ist die jüdischen Menschen des Ostens radikal zu beseitigen, jenes Judentum dass man auf Grund seiner kulturellen Herkunft, als eine rassische und politische besondere Gefähr,  ja als die “Pest des Ostens” und als potentielle Partisanen ansieht. Die schnelle Ermordung der übrigen nicht “produktiven” Juden des Ostens soll jenen Platz schaffen, um Hitlers Wunsch nachzukommen, das Großreich selbst und Europa, so schnell wie möglich von den Juden zu reinigen. Die jüdischen Menschen des Westens werden in die Ghettos geschafft die zuvor “gereinigt” wurden, sie sollen als Arbeitskräfte der Kriegswirtschaft dienen. Auch waren formal rechtliche Dinge (Zwangssterilisation) wie die Mischlingsfrage und die Frage der mit Ariern verheirateten jüdischen Menschen noch nicht geklärt. In die Vernichtungslager die man am Fluss Bug geplant hatte und die im ersten Halbjahr 1942 gebaut bzw in Betrieb gehen werden, sind vorerst anscheinend nur zur Vernichtung der ansässigen heimischen Juden gedacht.(da sie vorerst sehr klein konzipiert waren)- Es ist bis Jahresmitte ein noch immer “Selektiver Prozeß”, wie schon Ende 1941 nur, dass man die als nicht “arbeitsfähig” und “unproduktiv” eingestuften jüdischen Menschen des Ostens, nicht nur mehr durch Massenerschießungen tötet sondern nun vermehrt schneller durch Gas. Die Pläne der Nazis sahen hier noch einen Sieg über die Sowjets voraus, und wie man aus den Dokumenten der SS ableiten kann hätten die europäischen Juden in Russland als Zwangsarbeiter fungieren sollen, was sie schlussendlich auch taten. Wahrscheinlich sollten auch die kaputt gearbeiteten europäischen Westjuden nach diesem ursprünglichen Plan, auch in den Gaskammern umgebracht werden, im Laufe dieses “Wirtschaftsprogramms”. Was also nicht an Schwäche und Zwangsarbeit getötet werden sollte, hätte anders „beseitigt“ werden müssen, während man diese Ausfälle durch andere aus dem Westen deportierte arbeitsfähige jüdische Menschen ersetzt hätte. Ein Kreislauf der es erlaubt hätte in absehbarer Zeit Europa von der “jüdischen Frage” zu “befreien”. Vielleicht hätten jedoch einige von ihnen, weit abgelegen, nach einem Sieg der Nazideutschlands eine Siedlungsmöglichkeit bekommen was Hitler Anfang 1942 noch mehrmals betonte, dies bleibt jedoch Spekulation da die Geschichte anders kommen sollte als die Nationalsozialisten es geplant hatten. Ab Juni sollte sich der Plan des “produktiven Juden” nämlich nocheinmal radikal ändern, und zwar führen mehrere Umstände zu einer neuerlichen Radikalisierung der jüdischen Frage gegenüber. In Frankreich, Niederlanden, Jugoslawien, Deutschland kommt es zu Anschlägen, an denen auch jüdische Menschen beteiligt sind. Ein Umstand der die tiefen Ängste der Nazis vor Aufständen in der Bevölkerung erneut schürt. Ende Mai Anfang Juni trifft das Reich ein Schlag der das ganze Regime tief erschüttert. Reinhard Heydrich der Chef des Reichssicherheitshauptamtes und SD, Reichsprotektor von Böhmen und Mähren stirbt nach einem Anschlag tschechischer Widerstandskämpfer. Heydrich ist einer der höchstrangigsten Nationalsozialisten und war der zentrale “Kopf” des Vernichtungsbetriebes. Verantwortlich werden natürlich “kapitalistisch-bolschewistische Brandstifter” gemacht, nämlich die jüdischen Menschen. Die zweite Jahreshälfte ist nun geprägt von neuen “Prioritäten”. Hatte man zuvor propagiert die grösste Gefahr ginge von den Banden und Partisanengruppen im Osten aus, und hatte daher begonnen auch die jüdischen Menschen des Ostens unter diesem Deckmantel  in die “Vernichtung” einzubeziehen, erkannte man nun, dass auch westlich eine radikale Gefahr drohte, und Hitler sah sich in seiner Angst vor Aufständen bestätigt, die er natürlich vorallem mit der jüdischen Frage vernüpfte. Die Antwort gibt Himmler selbst bei Heydrichs Begräbnis- Die Völkerwanderung der Juden werden wir in einem Jahr bestimmt fertig haben -dann wandert kein Jude mehr, denn jetzt muss eben reiner Tisch gemacht werden Dies leitet wahrscheinlich einen weitaus radikalierteren Prozess ein, der nicht mehr wie geplant den Schwerpunkt des “produktiven Juden” in einer, wirtschaftlichen Stellung beinhaltete, deren Tod weitgehenst durch Arbeit beschlossen gewesen war und man beschlossen hatte die kaputt gearbeiteten Menschen oder “unproduktiven” dann in den Tod zu schicken, sondern nun die radikale Deportation, die “schnelle” Herauslösung der jüdischen Menschen aus den Produktionsprozessen auch die in “Kaufnahme” wirschaftlicher Schädigung durch diesen Umstand und die direkte Verschickung in die Vernbichtungslager – Es leitet ab Sommer 1942 eine Phase ein in der durch Hitler und Himmler eine Endlösung eingeleitet wird deren Schwerpunkt radikal der Vernichtung zuneigte. Jetzt werden hunderttausende Menschen gleich direkt in die Vernichtungslager geschickt werden, um das europäische Gebiet so schnell wie möglich von diesen “jüdischen Brandstiftern”  zu befreien. Diese Aktion wird unter dem Namen “Aktion Reinhardt” bekannt werden. Platzmangel, Lebensmittelmangel, Arbeitskräftemangel, und die Weltkriegssituation hatten, dazu geführt dass man die Methode Tod durch Arbeit und Sonderbehandlung beschlossen hatte, mit der radikalen Deportation aus dem europäischen Teilen des Reiches in den Osten, wird dieser geplante, geregelte Teil des Plans der “Endlösung” den man noch zu Beginn 1942 in der Wannseekonferenz anstrebte  erneut radikalisiert. In den Vernichtungslagern wird man so die kurz zuvor  “klein” bemessenen Gaskammern zwar nicht abreissen, jedoch neue “Gaskammern” errichten mit mehr “Kapazitäten”,  Schienenstränge ausbauen  um diese neuen Pläne der Naziführung durchführen zu können.- Man wird sich jedoch gezwungen sehen auch weiterhin Selektionen zur Arbeit durchzuführen, um wirtschaftliche Projekte vorallem der SS eigenen Betriebe und großer privater und staatlicher Industrien weiterzuführen, doch vorallem in Konzentrationslagern und Arbeitslagern unter schwerer Bewachung. Jüdische Menschen die nicht unter Aufsicht der SS standen, da sie unter der Kontrolle ziviler Behörden oder der Wehrmacht waren werden auch gegen deren Willen in den nächsten Monaten und Jahren unter die Kontrolle der SS gebracht. Ghettos als Zwischenstationen der Deportationen geräumt und Konzentrationslager wie Auschwitz als eigentliches Ziel der Deportationen weiter ausgebaut.

Ende August – Hitler/ Himmler/Göbbels und die Judenfrage – Klemperer

16 AUGUST – LEBENSBORN IM OSTEN

Himmler fliegt nach Rastenburg, um sich mit SS Standartenführer Guntram Pflaum zu treffen. Im Zuge des Gespräches geht es um “blutlich guten und unvermischten Volksdeutschen Kindern anzunehmen” Himmler erweiterte nun den Befehl auf die gesamten neu gewonnen und noch zu erwarteten Gebiete.

17 AUGUST

Himmler ist zu Gast bei Hitler man trifft sich zu einem Mittagessen. Was hier genau besprochen wird ist reine Spekulation. Geht man aber von Himmlers Standpunkt und Problemstellungen aus, werden neben militärischen Fragen des Feldzuges sicher auch die für Himmler noch immer unzureichend entschiedene Frage seiner Einflussnahme im Rahmen der Zivilverwaltung erörtert. Himmler weiß, um sich wirklich frei in den neuen Gebieten bewegen zu können und auch um den Willen des Führers in der „Judenfrage“ umsetzen zu können, ist es für ihn dringend erforderlich ohne politischen und verwaltungs-technischen Widerstand, ziviler Behörden zb Rosenbergs Amt frei agieren zu können. Interventionen in dieser Richtung sind bei diesem Gespräch also wahrscheinlich. Hitler wird knappe 2 Wochen später Himmler etwas entgegen kommen in dem er ihn auch für die neu gewonnen Gebiet zum „Reichskommissar zur Förderung deutschen Volkstum“ ernennt. Für Himmler ist dies nur ein Formalakt dem er keine weiteren Ermächtigungen entnehmen kann, wie der Historiker Peter Longerich betont. Anscheinend bringen sie ihm keine Vorteile in verwaltungstechnischen Fragen mit politischen Behörden, oder weitere Befugnisse. Hitler konnte ihm in dieser Frage wahrscheinlich keine entscheidende Antwort geben. Doch bald wird man eine Konferez einberufen in der vorallem Himmlers Vorrangstellung in der Judenfrage bestätigt werden sollte. Sie wird im Dezember anberaumt und wird in die Geschichte als Wannseekonferenz eingehen. Es ist auch möglich, dass Himmler an diesem Punkt, Hitler über seine Eindrücke der Massenvernichtung berichtete die man nun vermehrt auch mit Gas umzusetzen versuchte. An diesem Punkt waren und sind  wahrscheinlich einige zentrale Weichenstellungen gesetzt  worden, die zumindestens vorbereitende Maßnahmen auch zur Massentötung der jüdischen Menschen beinhalteten. Dies kann man zwar nur vermuten, doch Hitlers radikalisierte Äusserungen, die nächsten Tage, deuten auf solch Bild.

 

18 AUGUST

Hitler bekräftigt seinen Schwur aus dem Jahre 1939. So erfahren wir aus Goebbels Tagebuch:

“Der Führer ist der Überzeugung dass seine damalige im Reichstag, daß, wenn es dem Judentum gelänge, noch einmal einen Weltkrieg zu provozieren, er mit der Vernichtung der Juden enden würde, sich bestätigt. Sie bewahrheitet sich dieser Wochen und Monaten mit einer fast unheimlich anmutenden Sicherheit. Im Osten müssen die Juden die Zeche bezahlen, in Deutschland haben sie schon teils die Zeche bezahlt und werden sie in Zukunft noch mehr bezahlen müssen. Ihre Zukunft bleibt Nordamerika, und dort werden sie über kurz oder lang auch einmal bezahlen müssen. Das Judentum ist ein Fremdkörper unter den Kulturnationen, und seine Tätigkeit in den letzten drei Jahrzehnten ist eine so verheerende gewesen, dass die Reaktion der Völker absolut verständlich, notwendig, ja man möchte fast sagen in der Natur fast zwingend ist. Jedenfalls werden die Juden in einer kommenden Welt nicht viel Grund zu lachen haben. Heute schon gibt es in Europa eine ziemliche Einheitsfront dem Judentum gegenüber”

Als Göbbels bei Hitler im feuchten Bunker “Wolfschanze” vorspricht, findet er einen erschöpften und körperlich krank wirkenden Führer vor. Hitler leidet unter einem Anfall von Ruhr, doch ist dieser Zustand sicherlich auch auf den Frontdruck im Ostefeldzug  und die gemeinsamen Pläne der USA und Grossbritanien zurück zu führen.

19 AUGUST

Goebbels kommt auf die Unterredung mit Hitler zurück, in der er behauptet Hitler sei damit einverstanden ein Judenabzeichen einzuführen,und zu einer möglichen Deportation der Berliner Juden. Jene würden in den Osten deportiert werden, sobald die ersten Transportmittel verfügbar seien und Hitler meinte :“Dort werden sie dann unter einem anderen Klima in die Mache genommen”

20 AUGUST

Goebbels zitiert Hitler (Judenfrage) erneut mit den Worten  “….nach der Beendigung des
Ostfeldzuges. evakuiert werden…”.

 

21 AUGUST
FRAGWÜRDIGE ENTSCHEIDUNG

Hitler gibt Weisung, Kiev und die Ukraine seien noch vor dem Endziel Moskau primäres Angriffsziel. Diese Entscheidung Hitlers ist bis heute eine der umstrittenen Fragen der Kriegsgeschichte. Nachdem man auf Grund der militärischen Situation in Europa (Griechenland, Jugoslawien) den Feldzug im Osten spät begonnen hatte steht Hitler nun vor grundlegenden Fragen der Militärstrategien. Er ist sich bewusst dass der moderne Krieg vorallem über rüstungswirtschaftliche Strategien bzw eroberte Produtionsstätten gewonnen wird. Hitler will die Ukraine um den Nachschub der russischen Rüstungsproguktionen zu unterbinden. Doch der Zeitpunkt den er wählt ist ungewöhnlich. Im Norden (Heeresgruppe Nord und Mitte)scheint der Krieg fast entschieden, und trotzdem will Hitler Kiev und die Kontrolle über die ukrainischen Bodenschätze. Ein Durchbruch im Norden und bei der Heeresgruppe Mitte hätte jedoch den Vorstoss auf Moskau erlaubt und möglicherweise die Einnahme der Hauptstadt und somit den Sieg über Sowjetrussland. Seine Entscheidung zuerst in die Ukraine einzurücken ist daher ein weiteres Risiko dass Hitler eingeht, kostbare Zeit die dem Dikator schlussendlich fehlen wird, als man am 3 Oktober den Vormarsch auf Moskau einleitete.Diese Operation der Vormarsch auf Kiev wird jedoch ein militärischer Erfolg Stalin der anscheinend überrascht über den Vorstoss der Deutschen war verliert in der Kesselschlacht um Kiev sechs Armeen, es ist wenn man so will Stalins Stalingrad. Die Deutschen Panzergruppen die Richtung Kiev einen weiten Bogen zogen, fehlen jedoch im Norden und der Vormarsch auf das Hauptziel verlangsamt sich erheblich. Hitlers Entschluss wäre nur dadurch zu erklären, dass er möglicherweise eine Sicherheitsvariante wählte, die ein Szenario berücksichtigte, dass der militärische Sieg über Moskau 1941 nicht gelingen sollte, und man so die Rüstungsbestrebungen der Russen für eine weiteren Krieg unterbinden wollte.

 

22 AUGUST

Victor Klemperer notiert in sein Tagebuch: LTI.Blitzkrieg, Vernichtungsschlacht – superlative Worte: Krieg und Schlacht tun es nicht mehr. Dazu der Größenwahn der Zahlen. Frau Paul, deren 2 oder 3 Mann Jude war, die mit dem dritten oder 4 in Scheidung liegt, erzählt verzweifelt, ihre Mutter 89 Jahre, gebe Anzeichen von Altersirrsinn. ”Ich kann Sie in kein Krankenhaus bringen, da wird sie getötet”. Man spricht jetzt allgemein von der Tötung Geisteskranker in den Anstalten.- Wie man versucht der Frau Voß ihr Haus abzutreiben, wie es immer darum geht, wer bessere Verbindungen hat…

QUELLEN:

1) 16 August
Longerich Heinrich Himmler Biography S553

2) 18 -20 August
Saul Friedländer Jahre der Vernichtung S267/268 er zitierte aus
Joseph goebbels Tagebücher Teil II Bd. 1 S269f –

3) 22 August
siehe Viktor Klemperer
Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten Band 1
S660

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August 1941- Massenmord, Moltke, Graf Galen Euthanasie,

Ist hier noch ein Kommentar notwendig ? In den Konzentrationslagern, Mord ! In den Irrenanstalten, Mord ! in den Altersheimen, Mord ! Und     Mord an der deutschen Jugend, auf den Schlachtfeldern von Russland !      BBC im AUGUST 41

1 AUGUST

Ostgalizien wird dem Generalgouvernement angegliedert. Bei den davor ergehenden Säuberungen kamen wahrscheinlich um die 26 000 Menschen ums Leben, das Morden nimmt kein Ende, es beginnt sich nun im großen Maßstab durchzusetzen.

Am selben Tag kommt es im moldawischen Kischinjov zu Erschießungen unter der Einsatzgruppe – D unter der Führung Otto Ohlendorfs. Ein Sanitäter der Wehrmacht Franz H. der die Erschießungen beobachtete berichtete:

“Diese an der Grube aufgestellten jüdischen Mädchen und Frauen wurden nun von einem Exekutionskommando erschossen. Es gab dabei schreckliche Szenen. Es wurde geschrien und gejammert. Einige flehten in deutscher Sprache den SS-Führer an, sie doch zu ver- schonen. Es nutzte aber nicht. Rechts und Links der Grube standen jüdische Männer bereit, die Gefallenen Frauen in die Grube warfen. Nachdem sämtliche Frauen und Mädchen erschossen waren, kamen die Männer an die Reihe. Es mögen etwa 250 gewesen sein,die man auf dieselbe Art und Weise, wie vorher die Frauen, erschossen hat. Ich blieb aber nicht mehr bis zum Schluss “


2 – 3 AUGUST –  ”Regionaler Partisanentod”

Der Befehl von Pinsk Pribjet Sümpfe des Reichsführers persönlich an die 2 SS Kavalleriebrigade an den Kommandeur Franz Magill Kommandeur der 2. SS -Kavalleriebrigade “… sind sämtliche Juden von 14 Jahren an in den durchzu- kämmenden Gebieten zu erschießen, die jüdischen Frauen und Kinder sind in die Sümpfe zu treiben. Die Juden sind das Reservoir der Partisanen, sie unterstützen diese ….In der Stadt Pinsk sind die Erschießungen durch die 1 und 4 Schwadron durchzuführen …Mit der Aktion ist sofort zu beginnen Vollzugsmeldungen sind zu erstatten. ” Die Juden dieser Stadt bleiben vorerst noch verschont, denn das Wasser der Sümpfe ist in diesen heißen Monaten zu niedrig ,es besteht Fluchtgefahr, so wird diese Aktion vorerst verschoben.



Helmuth James Moltke, schreibt ende August 41 an seine Frau Freya :

“Die Nachrichten aus dem Osten sind wieder schrecklich. Wir haben offenbar doch sehr, sehr große Verluste. Das wäre aber noch erträglich, wenn nicht Hekatomben von Leichen auf unseren Schultern lägen. Immer wieder hört man Nachrichten, dass von Transporten von Gefangenen oder Juden nur 20% ankommen, … was wird passieren, wenn das ganze Volk sich klar ist, dass dieser Krieg verloren ist  und zwar ganz anders verloren als der vorige ? Dazu mit einer Blutschuld ,die zu unseren Lebzeiten nicht gesühnt und nie vergessen werden kann.”

3 AUGUST – DU SOLLST NICHT TÖTEN




Nach wiederholten Protesten der Bevölkerung zahlreicher Protestschreiben und Reden, und nach einer öffentlichen Rede des Bischof Klemens Graf von Galen, wird das Euthanasie Programm T4 also die Ermordung unwerten Lebens offiziell “eingestellt” (Euthanasie). Schon im Juli hatten Gestapobeamte versucht von Galen ausgebildete Jesuiten aus einem Ordenshaus in Münster zu vertreiben. Doch Galen liess sich von diesen Einschüchterungsversuchen der Staatsbeamten nicht beeindrucken. Am 3 August erhob er abermals seine Stimme in der vollen Lambertikirche in Münster:

“Seit einigen Monaten hören wir Berichte, dass aus Heil und Pflegeanstalten für Geisteskranke auf Anordnung von Berlin Pfleglinge, die schon länger krank sind und vielleicht unheilbar erscheinen, zwangsweise abgeführt werden. Regelmäßig erhalten dann die Angehörigen nach kurzer Zeit die Mitteilung, der Kranke sei verstorben, die Leiche sei verbrannt, die Asche könne abgeliefert werden. Allgemein herrscht der an Sicherheit grenzende Verdacht, dass die zahlreichen Todesfälle von Geisteskranken nicht von selbst eintreten, sondern absichtlich herbeigeführt werden, dass man dabei jener Lehre folgt, die behauptet, man dürfe sogar, lebensunwertes Leben vernichten, also unschuldiges Menschen töten, wenn man meint, ihr Leben sei für Volk und Staat nichts mehr wert. Eine furchtbare Lehre, die Ermordung unschuldiger rechtfertigen will, die gewaltsame Tötung der nicht mehr arbeitsfähigen Invaliden, Krüppel, unheilbar Kranken, Altersschwachen grundsätzlich freigibt. […] Wenn man den Grundsatz aufstellt und anwendet, dass man unproduktive Mitmenschen töten darf, dann wehe uns allen, wenn wir alt und altersschwach werden ! Wenn man die unproduktiven Menschen töten darf, dann wehe den Invaliden, die im Produktionsprozess ihre Kraft, ihre gesunden Knochen eingesetzt geopfert und eingebüßt haben ! Wenn man die unproduktiven Menschen gewaltsam beseitigen darf, dann wehe unseren braven Soldaten, die als Schwerkriegsverletzte, als Krüppel, als Invaliden in die Heimat zurückkehren! Wenn einmal zugegeben wird, dass Menschen das recht haben – unproduktive – Mitmenschen zu töten und wenn es jetzt zunächst nur arme wehrlose Geisteskranke trifft -, dann ist grundsätzlich der Mord an allen unproduktiven Menschen, also an den unheilbar Kranken, den Invaliden der Arbeit und des Krieges dann ist der Mord an uns allen, wenn wir alt und altersschwach und damit unproduktiv werden, freigegeben. Dann braucht nur irgendein Geheimerlass anzuordnen, dass das bei den Geisteskranken erprobte Verfahren auf andere Unproduktive auszudehnen ist, dass es auch bei den unheilbar Lungenkranken, bei den Altersschwachen, bei den Altersinvaliden, bei den Schwerkriegsverletzten Soldaten anzuwenden ist. Dann ist keiner von uns seines Lebens mehr sicher. Irgendeine Kommission kann ihn auf die Liste der Unproduktiven setzen, die nach ihrem Urteil lebensunwert geworden sind. Und keine Polizei wird ihn schützen und kein Gericht seine Ermordung ahnden den Mörder der verdienten Strafe übergeben. Wer kann dann noch vertrauen zu seinem Arzt ? Vielleicht meldet er den Kranken als unproduktiv und erhält Anweisung, ihn zu töten. Deutsche Männer und Frauen ! Noch hat Gesetzkraft der § 211 des RSTGB, der, bestimmt, wer vorsätzlich einen Menschen tötet, wird, wenn er die Tat mit Überlegung ausgeführt hat, wegen Mordes mit dem Tode bestraft .”

WEITERLESEN GESCHICHTE DER EUTHANASIE

Schon seit Mitte 1940 diskutierten die Leiter der Kanzlei des Führers die Notwendigkeit, die Tötungen in den Euthanasieanstalten gesetzlich zu verankern, und sie somit zu einem legitimen, gesetzeskonformen Bestandteil des NS Staates zu machen. Hitlers rückwirkende “Legitimierung” dieser Taten durch “Führerermächtigung” brachten keine klare Rechtsstellung, vor allem für die Justiz. In einigen Fällen wie man heute nachweisen kann, kam es so sogar zu Untersuchungen von Kriminalbeamten und Staatsanwälten. Hitler konnte sich jedoch nie durchringen, eine gesetzliche Grundlage für den Mord an Anstaltspatienten öffentlich zur Diskussion zu stellen, zu gravierend wäre der Vertrauensverlust innerhalb der Bevölkerung, und wahrscheinlich auch in der Partei gewesen. Dieses Programm musste als “Geheime Reichsache” weitergeführt werden. Dies ist jedoch das einzige mal dass sich breiter öffentlicher Widerstand gegen die gezielte Vernichtung von Menschen in Nazideutschland formiert. Es kann auch als Sinnbild für den einzigen Widerstand gegen das Naziregime erkannt werden, in dem gezielte Tötungen -offiziell- gestoppt wurden. Inoffiziell tarnen sich die Mordschergen nun besser, sichern sich genauer ab, das Morden geht heimlich weiter . Wie Galen es in seiner Rede “prophetisch” anspricht, weitet sich das Morden aus. Die Spezialisten die dieses Programm hervor gebracht hatten sind schon an anderen Fronten zu finden. Sie beschäftigen sich nun mit der Möglichkeit, die gezielte Vernichtung ganzer Volksgruppen vorzubereiten. Das Euthanasieprogramm, dass nun den neuen Decknamen 14f13 (Aktenkennzahl dieses Programmes) bekommt,zeugt in seinem Wesen von den Plänen welche die schlimmsten Mordschergen dieses Programms im größeren Maßstab mit vorbereiten. Die Euthanasieanstalten erhalten nun immer, mehr Transporte aus Konzentrationslagern. Die Vernichtungsanstalten die bis dahin der “Volksgesundheit” durch Mord dienten, und in deren Gaskammern schon zehntausende Menschen umgekommen waren, beginnen nun, invalide Konzentrationslagerhäftlinge und Kriegsgefangene zu vergasen.

5 AUGUST

Kommandoführer Karl Jäger der Befehlshaber der Einsatzgruppe 3 unter Leitung HSSP Adolf Prützmann beginnt mit Hilfe litauischer Hilfskräfte die Erschießung von Kindern und Frauen Auch das Einsatzkommando 2 beginnt im August mit Erschießungen bis Anfang September werden 18000 Menschen dem Naziterror durch dieses Einsatzkommando zum Opfer fallen. Auch das Einsatzkommando Tilsit (stand unter direkten Befehl des Chefs der Gestapo Müller) beginnt etwa zu dieser Zeit Ende Juli Anfang August seine Todesterror im Baltikum

8 AUGUST

SS Obersturmführer August Häfner trifft mit seinem Sonderkommando in Bjelaja Zerkow ein. Von besagten 8-.19 August erschoss Häfners Mannschaft alle dort ansässigen Juden, die sich auf etwa 800- 900 beziffern lassen. verschont bleiben vorerst die Kinder unter 5 Jahren. Am 19 August werden die Kinder auf Lastwägen verladen und deportiert. Man bringt sie an einen nahe gelegenen Schießplatz, wo sie schlussendlich erschossen werden.

Quellen:

1) zu 1 August Erschiessungen siehe Saul Friedländer Jahre der Vernichtung S243

2) 1 AUG
AUSSAGE DES EHEMALIGEN ANGEHÖRIGEN DES FELDLAZARETTS
173 FRANZ H VOM 26 MAI 1965 zit nach ANGERICK BESATZUNGSPOLITIK a.a.O S148 Soldatenbriefe wir zitierten dies aus  Mario R. Dederichs Heydrich Biografie Das Gesicht des Bösen S120 siehe Bibliographie Menüleiste Impressum.

3) 2/3 August siehe Himmler Biography Peter Longerich oder Friedländer Jahre der Vernichtung S236/49, oder Justiz und Ns Verbrechen Sammlung deutscheer Strafurteile wegen Nationalsozialistischer Tötungsverbrechen 1945-66 Bd 20 Amsterdam 1979 S48

4) August- Moltke Helmuth James Moltke Briefe an Freya 1939-1945hrsg von Beate Ruhm von Oppen , München 1991 S 278 siehe Saul Friedländer Jahre der Vernichtung S323

5) Galen zitiert aus 3 August Mordschloss Hartheim Tom Matzek S176 zitiert nach Nachlass Memelauer Diözesanarchiv St. Pölten

6) 5 August Heinrich Himmler Biography Longerich S549 75/76/77

7) 8 August Saul Friedländer Jahre der Vernichtung S244

1945 – 27 Jänner – Die Auflösung des Konzentrationslagers Auschwitz – Höß Erklärungen



(Bild Konzentrationslager Ebensee in Österreich nach der Befreiung).

Anfang 45 Canaris wird wegen Verschwörung verhaftet. Der ehemalige Freund
Heydrichs und Chef des militärischen Nachrichtendienstes wurde beschuldigt an der
Verschwörung und dem Attentat Stauffenbergs beteiligt gewesen sein. Die
militärische Abwehr wird aufgelöst und dem RSHA (Reichs Sicherheits Haupt Amt der SS) unterstellt.

Das Reich brennt unter den pausenlosen Bombenangriffen doch die Gestapo und die
Nazibehörden arbeiten weiter als ob das Reich gesichert die nächsten „hundert Jahre“ überdauern würde. Im Jänner erhalten die meisten der 200 Mischlinge Stuttgarts eine Aufforderung von der zuständigen Gestapostelle sich im Laufe des Montags den 12 Februar zum Arbeitseinsatz im Durchgangslager Bietigheim einzufinden. Ahnliche Aufforderungen wurden nun im ganzen Reich verschickt.

10  –  27/28 Jänner 1945

AUSCHWITZ DAS ENDE

auschwitz2

An diesem 10 Januar 1945 beginnt die rote Armee ihre letzte Winteroffensive. Die deutsche Armee hat diesem Ansturm nicht mehr viel entgegenzusetzten. Laut Überlieferung ist die sowjetische Artillerie in Auschwitz schon zu hören. Einige Tage später den 17 Januar hielt die Lagerbesatzung der SS ihren letzten Appell ab. Es sind noch etwas mehr als 67 000 Häftlinge im Lager sowie den Nebenlagern, dies ergibt diese letzte Zählung. Am 18 Jänner setzen sich etwa 60 000 Menschen aus vielen Nebenlagern in ganz Oberschlesien und anderen Gebieten des Generalgouvernement in Bewegung Richtung Westen, zu Fuß, unzureichend ausgerüstet, unterernährt, in Häftlingskleidung. Schon im Oktober 1944 hatten die ersten Evakuierungsmaßnahmen, arbeitsfähiger Häftlinge zurück ins Reich begonnen. Der Höhere SS Polizeiführer – Oberschlesien (Breslau) Obergruppenführer Heinrich Schmauser erhält am 22 Jänner den Befehl zur endgültigen Liquidation des KZ -Auschwitz -Birkenau – Monowice. Noch einmal beginnen Erschießungen. Die Sondereinheiten der SS töten etwa 700 Gefangene.  Für die Transporte in das Reich benutzen die Nazis vor allem zwei Eisenbahnknotenpunkte Gliwice (Gleiwitz etwa 50km) oder Wodzislaw (etwa 60 km entfernt).  Am 26 Jänner sprengten die letzten SS Männer  das Krematorium 5 in die Luft. Jede Spur des Massenmordes sollte verwischt werden. In Auschwitz selber waren etwa 600 – 700 Häftlinge zurückgeblieben. Schlussendlich hatte man Himmlers Befehl alle nicht transportfähigen Häftlinge zu töten nicht durchgeführt. Um den 27 Jänner erreichte die Rote Armee das Lager Auschwitz – Monowize- später das Stammlager des größten nationalsozialistischen Konzentrationslager. (Anmerkung zur Datierung im Quelltext !)

Höß vor Gericht

Höß bei seinem Prozess in Polen

Die Zahlen der Tötungen in Auschwitz sind unterdessen bis heute Grundlage allgemeiner und spezieller Spekulationen.Bis heute führt dieser Umstand auch unter Historikern immer wieder zu Diskussionen und Spekulationen. Versuche die genaue Anzahl der ermordeten Menschen zu rekonstruieren können daher nur Klarheit über die Abläufe des Vernichtungsprozesses geben, sowie Einblicke in temporäre Zyklen dieses Konzentrationslagers. Spekulationen Mutmaßungen Hochrechnungen können hier nur ein ungefähres Bild der Abläufe bzw Zahlen wiedergeben. Höß der Kommandant von Auschwitz selbst der auch als Inspekteur des Konzentrationslagerwesens Einblick in die Abläufe hatte, konnte seinerseits keine genaueren Angaben zur Massentötung geben. Seine persönlichen  Aufzeichnungen die er während seines Prozesses verfasste zeigen wie schwierig es auch den Verantwortlichen war eine genaue Zahl zu erfassen. Höß selbst war in diesem Punkt auf Zahlen anderer Dienststellen angewiesen, da die in Auschwitz ermordeten bewusst nicht registriert wurden. Höß Aussagen können daher als eine Art Richtschnur erkannt werden, der nicht nur die Gedankenwege der verantwortlichen Nationalsozialisten wieder spiegelt sondern auch die inneren strukturellen Abläufe.

Höß hierzu:

„Die Zahl der in Auschwitz zur Vernichtung eingelieferten Juden gab ich in früheren Vernehmungen mit 2,5 Millionen an. Diese Zahl stammt von Eichmann, der sie kurz vor der Einschließung Berlins, als er zum Rapport zum RFSS befohlen war, meinem Vorgesetzten, Gruppenführer Glücks gab. Eichmann, bzw sein ständiger Vertreter Günther waren die einzigen, die überhaupt Unterlagen, die Aufschluß über die Zahl der Vernichteten besaßen. Nach jeder größeren Aktion mußten in Auschwitz alle Unterlagen, die Aufschluss  über die Zahl der Vernichteten geben konnten, laut RfSS- Befehl  verbrannt werden. Als Amtschef D1 vernichtete ich persönlich alle Unterlagen, die überhaupt in meinem Amt vorhanden waren. Die anderen Ämter taten das selbe. Nach Eichmanns Aussage waren auch beim RFSS und RSHA alle Unterlagen vernichtet worden. Lediglich seine Handakte konnte noch Aufschluß geben. Es mögen durch Nachlässigkeit bei der einen oder anderen Dienstelle noch einzelne Schriftstücke, FS [Fernschreiben] oder Funksprüche  liegengeblieben sein, über die Gesamtzahlen können sie keinen Aufschluß geben. Ich wußte selbst nie die Gesamtzahl, habe auch keine Anhaltspunkte, um diese wiedergeben zu können. Es sind mir lediglich noch die Zahlen der größeren Aktionen in Erinnerung, die mir wiederholt von Eichmann oder dessen Beauftragten genannt worden waren.

Aus Oberschlesien und Generalgouvernement 250 000

Deutschland :::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::100 000

Holland………………………………………………………………….95 000

Belgien:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::20 000

Frankreich……………………………………………………………………110 000

Griechenland ::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::65 000

Ungarn::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::400 000

Slowakei:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::90 000

Die Zahlen der kleineren Aktionen sind mir nicht mehr in Erinnerung, sie waren im Vergleich zu obigen Zahlen unbedeutend. Ich halte die Zahl 2,5 Millionen für viel zu hoch. Die Möglichkeiten der Vernichtung hatten auch in Auschwitz ihre Grenzen. Die Zahlenangaben ehemaliger Häftlinge sind Phantasiegebilde und entbehren jeder Grundlage.“

ANM: Die Zahlen die Höß hier angibt sind revidiert, zb jene der slowakischen Juden deren Zahl heute geringer berechnet wird. Sie beruhen auf persönlichen Schätzungen Höß –

Die Deportationen die sogenannten RSHA (aus dem Reichssicherheitshauptamt) Transporte, also jene von Eichmanns Dienstelle aus der Gestapo organisierten „Judentransporte“ wurden laut Aussagen „höchstwahrscheinlich“ von der  Politischen Abteilung (Abteilung des RSHA siehe Grabner, Lachmann, Boger usw) in Auschwitz registriert, und die Zahlen laut dieser Überlieferungen direkt nach Berlin gesendet, nach Höß Aussagen auch von der Lagerleitung die an das WVHA geschickt wurden und von dort wahrscheinlich nach Oranienburg in die Inspektion der Konzentrationslager  (konnten jedoch nie gefunden werden, wurden vernichtet). Die Lagerleitung selbst, regestrierte offiziell, nur die Lagerzugänge, also nur jene die zum Arbeitseinsatz abgestellt wurden also offizielle Häftlinge wurden. Diejenigen, die gleich nach Ankunft des Zuges und nach der „Selektion“ ermordet wurden, waren offiziell nicht registriert worden. Anhand der Sammel und Deportationslisten sowie Bahndokumenten in das Lager, sowie Aussagen  konnte man jedoch ein Bild der Mordaktionen und Zahlen bestimmen. Die Zahlen der in das Lager aufgenommenen und regestrierten Menschen, eben Häftlinge, sind sehr gut und fast vollständig erhalten. Die Zahlen liegen bei etwa 400.207 Menschen. Die Deportationszahlen nach Auschwitz minus der Häftlingszahlen  ergibt also unser heutiges Bild. Die Zahl der insgesamt nach Auschwitz deportierten Menschen wird heute mit ca 1.300.000 Menschen beziffert- daher ca 900.000 nicht registrierte Häftlinge und somit die Zahlen der Selektionen und Tötungen. Aber auch diese Zahlen sind nur ein allgemeiner Grundriss, da das Konzentrationslagerwesen auf Grund der hohen Sterblichkeit grundsätzlich seine Zahlen manipulierte. Der bekannte NS Spezialist und  Historiker Franciszek Piper, hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht die Zahlen so genau wie möglich zu rekonstruieren. Das Massensterben in Auschwitz Birkenau Monowice war jedoch so umfangreich und das Töten wurde lange Zeit sehr willkürlich betrieben, dass auch diese Zahlen wohl nie ganz genau rekonstruiert werden können. Doch Zahlen so wichtig diese wirken,  berichten kein Schicksal und vermitteln uns wenig von der eigentlichen Substanz dieses Geschehens (sie jedoch allein durch die Rekonstruktion innere Zusammenhänge darlegen) – Das Einzelschicksal vermittelt uns jenen Überblick in dieser Geschichte der mehr sagt als Zahlenkolonnen.

Der Wiener Hermann Langbein der als Schreiber des obersten Standortarztes eingestzt war, hatte von seiner Ankunft ab 1942 bis 1944 Prozent Zahlen festgehalten und diese mit Hilfe einer  SS- Krankenschwester Maria Stromberger, aus dem Lager schmuggeln lassen. Sie zeigen ein Bild der Todeszahlen innerhalb des Lagers, die Abgänge in sehr allgemeinen Zahlen. Hier liegt die Geschichte und jene Einzelschicksale, nach denen wir suchen, um zu verstehen wie dieses Auschwitz und das Leben darin funktionierte. (Hermann Langbein Tondokument anhören – Dies war Auschwitz )

zu Zahlen und den historischen Vorgang der Berechnungen lesen siehe Shoaportal Archiv Danuta Czech

QUELLEN:

1) CANARIS GOEBBELS TAGEBÜCHER TEIL II BD 8 S288 zitiert aus Saul Friedländer Jahre der Vernichtung  S573.

2) zu Schmauserbefehl siehe 22 Jänner AUSCHWITZ S 352/2 Befreiung und Vergeltung zitiert aus Saul Friedländer Jahre der Vernichtung.

3) zu Datumsangaben, Zahlen, Todesmärsche, Auschwitzbefreiung, siehe Neue Studien zu Nationalsozialistischen Massentötungen Durch Giftgas – Historische Bedutung, technische Entwicklung, revisionistische Leugnung – Herausgegeben von Günter Morsch und Bertrand Perz unter Mitarbeit von Astrid Ley. S216 (Autor Robert Jan van Pelt)

 Im Frankfurter Auschwitz Prozess war der ermittelte Ausgangspunkt folgender – Am 27 sowie den 28 Jänner, hatten die letzten SS Männer und Lagerpersonal als auch Häftlinge das Stammlager verlassen –  (die letzten Transporte).

4) Höß Aussagen zu den Zahlen siehe Kommandant in Auschwitz Autobiographische Aufzeichnungen des Rudolf Höß Herausgegeben von Martin Broszat – S251/252

5) zu Langbein siehe Frankfurter Auschwitz Prozess 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess »Strafsache gegen Mulka u.a.«, 4 Ks 2/63 Landgericht Frankfurt am Main 24. Verhandlungstag, 6.3.1964 Vernehmung des Zeugen Hermann Langbein – Im Netz zu finden unter Auschwitz.de – Strafsache gegen Mulka u.a.« ( Fritz Bauer Institut ) – empfohlen dortige Audiodatei Mail Adresse im Impressum hier auf Shoaportal – wählen sie Impressum – Bibliographie –

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16 November 1942 Die Stimmen des Schweigens – was die Welt von den Gaskammern wusste

16 November –  DIE STIMMEN DES SCHWEIGENS – Aktion Reinhardt

Die Tatsache der Massenexekutionen vor allem der osteuropäischen Juden war seit Beginn des Russlandfeldzuges ein „offenes“ Geheimnis. Häftlinge, Soldaten, Frontkämpfer, hohe Offiziere berichteten von ihren Erlebnissen, während man im Sicherheitdienst der SS die Einsatzgruppenberichte ungeniert kopierte und an diverse Dienststellen versendete. Selbst in den Deutschen Wochenschauen des Sommers 1941 scheute man sich nicht dem Deutschen Volk die Tatsache von Massentötungen auch filmisch vorzuführen wenngleich die Mörder auch keine Deutschen waren. Dieses “offene Geheimnis” präsentierte man der Weltöffentlichkeit als Austand “geknechteter Volker” gegen ihre jüdisch bolschewistischen Unterdrücker. Mit dem Voranschreiten des Krieges und der immer gezielteren Tötung unzähliger Menschen musste jedoch auch die Geheimhaltung forciert werden, und dieses “ungermanische” Verhalten verheimlicht werden. Selbst die radikalsten Nationalsozialisten wussten dass ein vermeintlich “gerechter Krieg” in dem hundertausende Menschen ausserhalb von Kriegshandlungen getötet wurden auf lange Sicht Nazideutschland unwiderruflichen propagandistischen Schaden zufügen würde, und auch das eigene Volk diese Greultaten nicht mittragen würde. Vor allem aus den Geschehnissen rund um die Euthanasie hatte man seine Schlüsse gezogen deshalb setzte man zu Beginn der „Aktion Reinhardt“ und der planmäßigen Vernichtung der jüdischen Menschen durch Gas auf absolute Geheimhaltung. Selbst SS intern war diese Aktion lange Zeit ein in sich abgeschlossenes Projekt welches nicht direkt aus den SS Hauptämtern geleitet wurde. Auf Verrat dieser Geheimen Reichsache stand die Todesstrafe die Himmler in einigen Fällen auch gegen SS Männer verhängte. Dementsprechend wenig Informationen kamen zu Beginn der Aktion Reinhardt in Alliierte Hände, und vorerst schienen diese möglicherweise zu unglaubwürdig um eine offizielle Reaktion zu zeigen. Eine Gruppe von Polen mit Pässen der britischen Mandatsverwaltung wird an diesem 16 November von den Nazis gegen deutsche Staatsangehörige die in Palästina lebten ausgetauscht. Dies ist insofern interessant, da jene Polen den Briten direkt über die Tatsache der Endlösung berichten konnten. Ab wann die Briten und Amerikaner über die Tatsache der totalen Vernichtung im Sinne der Massenvernichtung durch Gas wussten ist heute jedoch schwer zu sagen. Was die Alliierten Regierungen und vor allem, wann sie über diverse Agentenkanäle und Verbindungen in das Reich über diese Tatsache informiert wurden, und wie die Verhandlungen falls es welche gab, mit Nazideutschland aussahen wird wohl noch längere Zeit, vielleicht sogar für immer Geheimnis bleiben. Wenn man das TIME Magazin nur eine Woche nach der Wannseekonferenz betrachtet, so könnte Heydrichs Bild auf der Titelseite mit Galgen dahinter, reiner Zufall sein es könnte aber auch ein klarer Hinweis darauf sein, dass die Alliierten, ja sogar die führende Zeitung des Landes, mehr wusste als man heute zugeben will. Wie auch immer es auch gewesen sein mag, möglicherweise wird diese Frage eines Tages genauer beleuchtet werden können. Was die Geschichtsschreibung heute vermutet und immer wieder beschreibt, ist dass es im Jahr 1942 zu drei ganz klaren Bezeugungen der Tatsache, einer planmäßigen Vernichtung auch durch Gas kommt.

Der erste Fall ist jener wie wir gesehen haben Himmlers Zusammentreffen mit dem Gauleiter Bracht bei dem der Reichsführer vielleicht unter den intensiven Eindrücken einer Vergasung die er in Auschwitz selbst beobachtet hatte, in Richtung der totalen Vernichtung des europäischen Judentums Andeutungen machte. Man leitete diese Information über Benjamin Sagalowitz dem Presseattachee der jüdischen Gemeinde in der Schweiz zu Gerhard Riegner dem Chef des Genfer Büros des jüdischen Weltkongresses weiter, der über die amerikanische und britische Gesandtschaft in Bern Telegramme versendete:

“Alarmierenden Bericht erhalten, der angibt, daß im Führerhauptquartier Plan diskutiert und erwogen wird, nach dem alle Juden in den von Deutschland besetzten oder kontrollierten Ländern, insgesamt dreieinhalb bis vier Millionen nach Deportation und Konzentration im Osten auf einen Schlag vernichtet werden sollen, um ein für alle mal Judenfrage in Europa zu lösen ..STOP. Aktion Bericht zu Folge im Herbst geplant Mittel zu Durchführung werden noch diskutiert.STOP. Erwähnt wurde Blausäure STOP. Übermitteln Informationen mit aller gebotenen Vorsicht, da Richtigkeit von uns nicht überprüft werden kann. Bitten darum anzugeben , daß Informationen von höchsten deutschen Autoritäten haben soll und seine Berichte in der Regel zuverlässig sein sollen.” Das State Departement und Foreign Office scheinen anfänglich diesen Berichten nicht vertraut zu haben, es scheint auch nicht verwunderlich angesichts solch einer Nachricht. Uber Unwege kam die Nachricht verspätet zu Welles Wise dem eigentlichen Adressanten der jedoch gebeten wurde den Inhalt des Berichtes nicht zu veröffentlichen, bis es für diese Nachricht, eine unabhängige Bestätigung gäbe. Doch die unabhängigen Berichte sollten nicht verstummen, bis Ende des Jahres vernahmen die Alliierten immer mehr Berichte von Greultaten auch von eigenen V- Leuten und auch dem Vatikan blieben die Vorgänge in Ostpolen nicht verborgen. Schlussendlich erkannte man, dass die Nazis auch nicht vor den radikalsten Mitteln halt machten, und eine moralisch schwierige Frage stellte sich den Regierungen -Wie könnte man angesichts solcher Taten angemessen reagieren?

Das zweite mal wie wir gesehen haben im Fall Gerstein und seinem Gespräch mit Göran von OTTER jenem schwedischen Attache in Berlin der Gersteins Bericht an seine Regierung weiterleitete, diese jedoch die Informationen für sich behielt. (siehe dazu Sommer 42 GERSTEINBERICHT) Laut Gersteins Aussagen versuchte er auch den päpstlichen Nuntius in Berlin Bericht zu erstatten, der jedoch auf Grund Gersteins Stellung als SS Offizier verunsichert die Schilderungen nicht hören wollte. Gerstein berichtete folgendes:

Ich versuchte … dem päpstlichen Nuntius in Berlin Bericht zu erstatten. Dort wurde ich gefragt, ob ich Soldat sei. Daraufhin wurde jede weitere Unterhaltung mit mir abgelehnt, und ich wurde zum Verlassen der Botschaft seiner Heiligkeit aufgefordert … Ich habe dann alles dies Hunderten von Persönlichkeiten berichtet, u.a. dem Syndikus des katholischen Bischofs von Berlin, Herrn Dr Winter, mit der ausdrücklichen Bitte um Weitergabe an den päpstlichen Stuhl.”

Ob die Nachricht und wie diese im Vatikan angekommen ist, ist bis heute ungeklärt. Der Erzbischof von Krakau Sapieha beschwerte sich am 8 November so vermutet man heute, bei Hans Frank, daß auch polnische Arbeiter bei der Tötung von Juden hineingezogen wurden.

Im dritten Fall handelt es sich um einen Agenten mit Namen Karl Ingve Vendel schwedischer Konsul in Stettin der für die alliierten Regierungen deutsche Truppenbewegungen auskundschaftete. Am 9 August 42 gibt Vendel einen ausführlichen Bericht in dem er auch die Situation der Juden im Generalgouvernement beschreibt.

“In einer Stadt wurden alle Juden zu einer Aktion versammelt, die offiziell als Entlausung angekündigt war. Am Eingang zwang man sie, ihre Kleidung abzulegen, …der Entlausungsvorgang bestand jedoch darin, daß man sie vergaste, und danach wurden sie alle in ein Massengrab geworfen. …Die Quelle, aus der ich all diese Informationen über die Zustände im Generalgouvernement erhalten habe, ist so geartet, daß es hinsichtlich der Wahrhaftigkeit der Schilderungen meines Informanten nicht den leisesten Hauch eines Zweifels gibt.” Heute vermutet man, dass es sich bei diesem Informanten um um den Grafen Heinrich von Lehndorf gehandelt haben muss, der wiederherum Kontakt zu Henning von Tresckow hatte. Leider wurde auch Vendels Bericht nicht an die Alliierten weitergeleitet.

Quellen:

16 NOV
zu den einzelnen Fällen siehe Saul Friedländer Jahre der Vernichtung S487-489 Zu Gerstein siehe Saul Friedländer Pius XII und das Dritte Reich S121 oder Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 1 1953 S190 – Das Telegramm Riegners ist zu finden im Archiv des jüdischen Weltkongresses Genf- wobei es zwei Versionen zu geben scheint, eine nach New York versendete und eine die nach England versendet wurde. Da ich zwei in der Wortwahl leicht unterschiedliche Versionen in Saul Friedländers Pius XII und das Dritte Reich auf Seite 111 und Friedländers Jahre der Vernichtung auf Seite 489 gefunden habe, nehme ich an dass es sich bei der einen um die Nachricht handelt die nach New York versendet wurde und bei der zweiten die nach England versendet wurde. Wie Friedländer in seinem Buch Jahre der Vernichtung betonte seien diese beiden in ihrer Formulierung gleich- Auch diese zwei Versionen sind in ihrer Formulierung gleich lediglich in ihrer Wortwahl variieren sie. Deshalb nehme ich vorerst an dass es sich hierbei nicht um Druckfehler oder einen Irrtum des Autors handelt, sondern um diese beiden Versionen – Es ist mir aber nicht möglich dies genauer festzustellen, da Friedländer in seinem Werk Pius XII nicht explizit festhält dass es sich hierbei um das Telegramm nach England handelt, sondern als Quelle das Archiv des jüdischen Weltkongresses Genf angibt. Das hier zitierte Schriftstück welches ich aus Jahre der Vernichtung zitiere , wird von Friedländer explizit als jenes Schriftstück angegeben welches nach New York gesendet wurde. Als Quelle gibt er Gerhart M .Riegner selbst an , nämlich dessen Buch Niemals verzweifeln sechzig Jahre für das jüdische Volk und die Menschenrechte 2001 S 159-176

10 – 14 Oktober 1942 Moltke, Klemperer, Adolf Reich, Misocz

10 OKTOBER

Helmuth James von Moltke schreibt an seine Frau “Gestern Mittag war es insofern interessant, als der Mann, mit dem ich aß, gerade aus dem Gouvernement kam und uns authentisch über den SS Hochofen berichtete. Ich habe es bisher nicht geglaubt, aber er hat mir versichert, daß es stimmte:in diesem Hochofen werden täglich 6000 Menschen “verarbeitet”. Er war in einem Gefangenenlager etwa 6 km entfernt, und die Offiziere dieses Lagers haben es ihm als absolut sicher berichtet.”

Auch wenn Moltke hier nur Gerüchte wahrnimmt wird das Wesentliche schon übermittelt. Der seit Sommer radikal angelaufene Judenmord im Generalgouvernement wird vermittelt

14 Oktober

Die Juden aus dem Ghetto Misocz werden in die Schlucht bei Rovno gebracht

17 OKTOBER

Sonnabend spät Nachmittags

Tagebucheintrag des jüdischen Autors und Professors Victor Klemperers in Dresden: Über Egers ist nichts in Erfahrung zu bringen. Sie sind eben verhaftet worden, und mindestens sein Leben ist keine fünfzig Pfennig mehr wert. In hoher Gefahr ist auch ihres. Heute das erste mal die Todesnachricht zweier Frauen aus dem KZ. Bisher starben dort nur die Männer. Von diesen zwei Frauen hatte eine verbotenen Fisch im Kühlschrank gehabt, die andere auf dem Weg zum Arzt die Trambahn benutzt, die sie nur zur Arbeitsstätte hätte benutzen dürfen. Beide wurden von dem Frauenlager Mecklenburg nach Auschwitz transportiert, das ein schnell arbeitendes Schlachthaus zu sein scheint. Todesursache: “Alter und Herzschwäche”. Beide waren um die Sechzig, die eine besonders robust. Bericht der Frau Ziegler.

Der Maler Adolf Reich porträtierte den nationalsozialistischen Alltag. Im Hintergrund sammeln Hitlerjungen Spenden, im Vordergrund der Maler selbst.

Victor Klemperer ist als Jude in einer Mischehe noch vor den Deportationen geschützt. Wie aus seinen Tagebucheinträgen hervorgeht ist das zweite Halbjahr 1942 eines der radikalsten. Bis Ende des Jahres sind zwei drittel der jüdischen Menschen in seiner Umgebung deportiert, inhaftiert oder ermordet. Die Gestapo kommt in manchen Wochen zwei bis dreimal unerwartet zu Hausdurchsuchungen. Die Methoden der Einschüchterung gehen von Beschimpfungen und Demütigungen (Spucken ins Gesicht) bis zu massiven Schlägen, Tritten (einen der Gestapobeamten der häufiger auftaucht nennt er „Spucker“ den anderen Schläger, Prügler) und Zerstörung des kümmerlichen Überrestes der an sich schon länger besitzlosen Juden. Auch oder gerade ältere Menschen werden hierbei nicht ausgenommen und viel in dieser Aussichtslosigkeit in den Selbstmord getrieben. Wegen kleinsten Verstößen gegen die Gesetzgebung folgt die Vorladung in das Gestapogebäude, dass in vielen Fällen einem Todesurteil gleichkam. Hinzu kommt noch der Hunger der  Deutschland befallen hat und Klemperer auch bei seinen “arischen Mitbürgern” Unterernährung beschreibt. Er skizziert wie russische Zwangsarbeiter sich aus dem Müll ernähren und wie er selbst verzweifelt vollkommen verschimmelte Kartoffeln verspeist. Auch zweite Hälfte 1942 beschreibt Klemperer mehr positive Erfahrungen mit den deutschen Mitbürgern als negative. Viele „Deutsche“ bzw “Arier” wollen anscheinend bewusst ein Zeichen setzen und den restlichen jüdischen Menschen Zuspruch geben. Dies geht von aufmunternden zuflüstern auf der Straße bis demonstratives Händeschütteln (welches für den betreffenden Juden und den Arier schwerwiegende Konsequenzen haben kann bis zum Tod). Er beschreibt auch einzelne Beschimpfungen die aber zumeist von Kindern (er nennt sie “Pimpfe” Kinderorganisation der Hitler Jugend) aber auch von Erwachsenen ausgehen.

Quellen:

1)10 OKT zitiert aus Saul Friedländer Jahre der Vernichtung – er zitierte MOLTKE BRIEFE AN FREYA 1939-45 hrsg von BEATE Ruhm von Oppen, München 1991 S420 (siehe auch Google- mit Auszug des Briefes copy paste MOLTKE BRIEFE AN FREYA ist zu großen teilen online)

2) 17 OKT Viktor Klemperer Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten- BD II S259

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9 Oktober 1942 – Himmlers Zorn auf die Wehrmacht

9 Oktober 1942

Himmler antwortet auf die Forderungen der Wehrmacht verärgert bezüglich der jüdischen Zwangsarbeiter. Seine Antwort fällt folgendermaßen aus :

1) ”Ich habe angeordnet die ganzen sogenannten Rüstungsarbeiter, die lediglich in Schneider, Holz und Schusterwerkstätten arbeiten, an Ort und Stelle, daher also in Warschau, Lublin in Konzentrationslager zusammenzufassen. Die Wehrmacht soll ihre Bestellungen an uns geben, und wir garantieren ihr den Fortgang der Lieferungen für die von ihnen gewünschten Bekleidungsstücke. Gegen alle diejenigen jedoch die glauben, hier mit angeblichen Rüstungsinteressen entgegentreten zu müssen, die in Wirklichkeit lediglich die Juden und ihre Geschäfte unterstützen wollen, habe ich Anweisung gegeben, unnachsichtig vorzugehen.

2. Die Juden, die sich in wirklichen Rüstungsbetrieben befinden, also Waffenwerkstätten, Autowerkstätten usw, sind Zug um Zug herauszulösen. Als erste Stufe sind sie in den Betrieben in einzelnen Hallen zusammenzufassen. Als zweite Stufe dieser Entwicklung ist die Belegschaft dieser einzelnen Hallen im Austausch tunlichst in geschlossenen Betrieben zusammen zu tun, so daß wir dann lediglich, einige geschlossenen Konzentrationslager-Betriebe im Generalgouvernement haben

3.Es wird dann unser bestreben sein, diese jüdischen Arbeitskräfte durch Polen zu ersetzen und die größte Anzahl dieser jüdischen KL-Großbetriebe tunlichst im Osten des Generalgouvernements zusammenzufassen. Jedoch auch dort sollen eines Tages dem Wunsche des Führers entsprechend die Juden verschwinden.”

Dieses Arbeitsprogramm unter der Herrschaft der SS im Gesamtrahmen von SS Unternehmen die den Namen Deutsche – Wirtschafts- Betriebe oder kurz DWB hatte, mit ihrer Tochtergesellschaft OSTI Ostindustrie GMBH für Himmler im Generalplan Ost eine wesentliche Rolle. Als nun auch treibende wirtschaftliche Macht bot sie der SS hohe Gewinne und mehr Einfluss, und hätte nach einem vermeintlichen deutschen Endsieg die SS noch unabhängiger von Mitteln der Partei und des Staates machen sollen. Dies und der Wille Hitlers die Judenfrage so schnell wie möglich zu einem Abschluss zu bringen, hatte schlussendlich dazu geführt, den ursprünglichen Plan Heydrichs eines „straßenbauenden bzw produktivern Juden“ aufzugeben. Deswegen begann man schlussendlich die jüdischen Menschen in Konzentrationslagern des Ostens unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen und unter Aufsicht der SS zu sammeln und in produktiv und unproduktiv und dem Primat des Wahnsinns einer Vernichtungsgeschichte zu unterwerfen

Am selben Tag die Reichskanzlei ist besorgt über Gerüchte die über die Judenevakuierung in Nazideutschland kursieren.“Im Zuge der Arbeiten an der Endlösung der Judenfrage werden neuerdings innerhalb der Bevölkerung in verschiedenen Teilen des Reichsgebietes Erörterungen über sehr scharfe Maßnahmen gegen die Juden überhaupt in den Ostgebieten angestellt. Die Feststellungen ergaben, daß solche Ausführungen-meist in entstellter oder übertriebener Form-von Urlaubern der verschiedenen im Osten eingesetzten Verbände weitergegeben werden, die selbst Gelegenheit hatten, solche Maßnahmen zu beobachten.” Viele Teile der deutschen Bevölkerung wissen oder haben konkrete Ahnungen über die Vorgänge im Osten. Das geht darauf zurück dass SS Männer in Auschwitz zb Besuche von ihren Frauen haben konnten, Urlauber oder Wehrmacht die sich in der Umgebung der Lager aufhielten, oder auch SS Männer die ihren Posten wechselten ihre Erlebnisse weitererzählen.

Quellen:

1)9 OKT zitiert aus Longerich Heinrich Himmler Biografie S641 er zitierte aus TATIANA BERENSTEIN FASCHISMUS GHETTO MASSENMORD S446

September 1942 – Himmler, Gienanth, Speer, Blobel, Auschwitz, Sachsenhausen, Warschau, Kiev –

9 SEPTEMBER 1942

Reichskommissar für Germanisierung Lohse führt in der Ukraine die “Deutsche Volksliste” ein

15 SEPTEMBER 1942

Albert Speer der seit Februar den verstorbenen Fritz Todt als Reichsminister für Munition und Bewaffnung beerbt hatte genehmigt dem WVHA Wirtschaftsverwaltungs Hauptamt 13,7 Millionen Reichsmark zum rascheren Ausbau der Anlagen, Rüstungsbetrieben in Konzentrationslager und somit auch den Vernichtungsstätten, wahrscheinlich speziell für Auschwitz.

18 SEPTEMBER 1942 – MORALISCHES DEBAKEL

Polen, Kurt Daluege, Hans Frank, v. Gienanth

Von links nach rechts: Daluege, Hans Frank, Kurth von Gienanth (Bild Bundesarchiv Berlin Polen ca 1939)

Auf Grund der Geschehnisse wie zb in Przemysl im (siehe) Juli dieses Jahres und zahlreicher ähnlicher Zwischenfälle in denen die Wehrmacht jüdische Arbeiter vor den Deportationen zu „schützen“  suchte, erlässt man für das Generalgouvernement eine Denkschrift die man dem Militärbefehlshaber des Generalgouvernement vorlegt. General Kurth von Gienanth schildert in dieser Schrift eine zeitliche  Unentbehrlichkeit spezialisierter jüdischer Arbeiter.  “Wenn die kriegswichtigen Arbeiten nicht leiden sollen, können die Juden nach Ausbildung des Ersatzes, also Zug um Zug, freigegeben werden… Dabei soll Richtlinie sein, die Juden so rasch als möglich auszuschalten, ohne die kriegswichtigen Arbeiten zu beeinträchtigen.” Doch Himmler ist unerbittlich bis Ende des Jahres will er das Generalgouvernement „gereinigt“ sehen, verärgert wird er keinen Zweifel an seinen Befugnissen in der Judenfrage lassen, in einem Gegenbrief die Wehrmachtsführung zurechtweisen und auf die sofortige Auslieferung der Arbeiter drängen (siehe 19 Okt)

20 – 22 SEPTEMBER 1942

Himmler trifft Hitler auf einer Rüstungssitzung. In einer mehrstündigen Unterredung bespricht man alle weiteren Vorgehensweisen im Reich als auch in den Reichskommissariaten im Osten. Hitler unterstreicht bei dieser Unterredung die Wichtigkeit, Rüstungsbetriebe des Reiches endgültig von Juden zu reinigen und die daraus entstehende Priorität Ausländer als Arbeiter einzusetzen. Zu diesem Zeitpunkt ist dies noch nicht möglich, erst mit Fritz Sauckel und seinem Zwangsarbeiterprogramm, in Kooperation mit der SS wird man die nötigen Kapazitäten an “Arbeitssklaven” zusammen treiben um die jüdischen Arbeitskräfte ersetzen zu können.

1943 wird Himmler Hitlers Wunsch eines judenfreien Reiches umgesetzt werden können. Weiters unterrichtet Himmler Hitler über die Fortschritte der Germanisierungsprojekte im Osten und wahrscheinlich auch über die damit zusammenhängenden Deportationen (Judenauswanderung).Hitler stimmt zu Bach Zelevski nun auch offiziell als Bevollmächtigten des Reichsführers SS für die Bandenbekämpfung im gesamten Ostgebiet einzusetzen.

21 SEPTEMBER 1942 WARSCHAU

JOM KIPPUR der Tag der Versöhnung ist der letzte Tag (der grossen Aktion) an dem ein Transport mit 2196 Juden aus Warschau Richtung Treblinka aufbricht. Der Gipfel des Zynismus der Nazimörder ist erreicht, die Transporte die am 22 Juni begonnen hatten dem Tag des Gedenkens der Zerstörung des Tempels kommt am höchsten Feiertag der jüdischen Gemeinschaft zu seinem vernichtenden Ende. Die SS Leute hatten an diesem Tag das Ghetto verlassen um den Anschein von Toleranz zu vermitteln, doch weit gefehlt, auf Befehl mussten nun die Werksmeister der Betriebe und die jüdische Polizei selbst die zu “Evakuierenden” sammeln. Die “Grosse Aktion” im Warschauer Ghetto geht zu Ende. Sie begann mit der Eröffnung des Vernichtungslagers Treblinka am 23 Juli und endet voerst mit einer vernichtenden Bilanz. Etwa 10 380 Menschen werden im Zuge der Deportationen schon im Ghetto getötet, etwa 265 040 werden hauptsächlich in Treblinka umkommen.

26 SEPTEMBER 1942

Ferdinand Sauerbruch, Direktor der Berliner Charite, berühmter Chirurg und die führende Persönlichkeit der deutschen Chirurgen jener Zeit, erklärt dem Tagebuchschreiber von Hassel, dass er nach einem Treffen mit dem Führer zu dem Schluss gekommen sei,  das Jener nun unzweifelhaft verrückt sei.

Am selben Tag erlässt SS Brigadeführer August Frank der Stellvertreter Pohls als Leiter des WVHA (Wirtschaftsverwaltungshauptamt der SS) einige Verfügungen bezüglich der Wertgegenstände die man im Zuge der Vernichtung den jüdischen Menschen abgenommen hatte und nun seit Mitte 42 offiziell dem WVHA also Oswald Pohls Dienststelle die Verwaltung aller dieser Gegenstände übergab. In dieser Weisung wurden die Preise von Kleidungsstücken geregelt zb eine gebrauchte Männerhose 3 Mark, eine Wolldecke 6- Rm,  dabei musste streng auf eine gewisse “Geheimhaltung” geachtet werden “Es ist streng darauf zu achten, daß bei allen zur Abgabe kommenden Kleidern und Überkleidern der Judenstern entfernt wird. Es sind ferner mit größtmöglicher Sorgfalt alle zur Abgabe kommenden Gegenstände auf versteckte und eingenähte Werte zu untersuchen”

 Bruno Melmer wurde beauftragt Wertgegenstände wie Schmuck, Geld aber auch das Gold welches man den Opfern aus dem Mund holte (Zahngold), in ein eigens dafür angelegtes Depot in der Reichsbank und damit zusammenhängende Geschäfte zu organisieren. Kleidungsstücke und andere Gegenstände wurden nach Deutschland transportiert und dort verkauft. Himmler war bedacht sich genauestens über jedes einzelne ” erbeutete ” Stück dem Reichswirtschaftsministerium Auskunft geben zu können um nicht den Eindruck illegaler Machenschaften zu erwecken. So wies er Pohl immer wieder an über “jedes Stück” mit dem Wirtschaftsministerium in Verhandlung zu treten. Doch trotz Himmlers Bemühen den Anschein von “Korrektheit” aufrecht zu erhalten, blüht die Korruption Diebstahl und Bereicherung schon seit Jahren. Gleich nach Einmarsch der Deutschen in Polen sprach man schon von Gangstermethoden weshalb das Generalgouvernement auch gerne als „Gangster- Gau“ hinter vorgehaltener Hand bezeichnet wurde. Für Himmler ein schwerer Imageschaden, deshalb war er bemüht die Regeln der SS immer strenger und konsequenter umzusetzten. Für Himmler stellte ein Diebstahl einen schlimmen Verstoß gegen alle Werte der SS dar, er betonte immer wieder mit welchen Maßnahmen ein Dieb rechnen musste nämlich mit dem Tod oder Einweisung in ein Konzentrationslager welches den gleichen Effekt für einen SS Mann gehabt hatte.

29 SEPTEMBER 1942

Himmler inspiziert das Konzentrationslager Sachsenhausen. Es ergeht die Anweisung an Konzentrationslager Inspekteur Glücks “sämtliche im Reich gelegene Konzentrationslager judenfrei zu machen und …sämtliche Juden in das KZ Auschwitz und das Kriegsgefangenenlager Lublin zu überstellen” Dieser Befehl ist ganz im Sinne Hitlers Willen das Reich so schnell wie möglich Judenfrei zu machen. Auch bekommt das Konzentrationslager Auschwitz erstmals jene zentrale Rolle der Vernichtung .

30 SEPTEMBER 1942

Himmler trifft in der Ukraine ein. Zuvor hatte er einige “Experten” dorthin entsendet um Lastkraftwagen in mobile Gaswagen umbauen zu lassen, SS Standartenführer Paul Blobel der hinter der Front wieder in Kiev einrückte, tat sich mit außergewöhnlicher Brutalität hervor. Der Oberbefehlshaber Generalfeldmarschall von Reichenau billigte die Erschießung jüdischer Kinder aus dem Waisenhaus in Belaja Zerkow Ende August

QUELLEN:

1) 9 SEPT Londerich Heinrich Himmler Biografie S605 /35

2) 15 SEPT zitiert aus Saul Friedländer Jahre der Vernichtung S531 er zitierte aus Thomas SANDKÜHLER BERTRAND PERZ AUSCHWITZ UND DIE AKTION REINHARDT 1942-45???

3) 20-22 SEPT Longerich Heinrich Himmler Biografie S644 er zitierte zur Rüstungsitzung, Boelcke Deutschlands Rüstung S89

4) 26 SEPT zitiert aus Saul Friedländer Jahre der Vernichtung S428 er zitierte aus Ulrich von Hassel die Hasseltagebücher 1938-1944 Berlin 1988 S330

5) 29 SEPT  zur Anweisung IFZ (Institut für Zeitgeschichte München Dokumentenummer) NO 5522 in  Karin Orth das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager S173

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19 Dezember – Hans Frank Generalgouvernement –

19 DEZEMBER

Zur Weihnachtsansprache des ersten Wachbataillons, meint der Generalgouverneur Hans Frank “Ich habe freilich in einem Jahr weder sämtliche Läuse noch sämtliche Juden beseitigen können. Aber im Laufe der Zeit und besonders wenn ihr mir dabei helft, wird sich das schon erreichen lassen.”



Ende 40 Anfang 41 erhält Heydrich den Befehl Hitlers eine “Endlösungsprojekt” auszuarbeiten für die Zeiten nach dem Krieg. Dieses hatte ganz im Zeichen des bevorstehenden Plans Hitlers die Sowjetunion anzugreifen wahrscheinlich eine Lösung in den besetzten Sowjetgebieten zur Folge. In diesem Zusammenhang steht wahrscheinlich auch der Plan der Massensterilisation (-Kastration) den Himmler mit Viktor Brack beriet. Über die Unterredungen zwischen Brack und Himmler ist nicht viel bekannt. Die Problemstellungen eines Judenreservates auf sowjetischen Gebiet, oder Madagaskar hätte jedoch, ein Problem gebracht dass Himmler noch in einigen Jahren beschäftigen wird. Die Frage der jüdischen Menschen die man auf Grund ihrer Stellung nicht evakuieren konnte, weil sie zb mit Deutschen verheiratet waren, hätte in den Augen der Nationalsozialisten ein “rassisches und juristisches Problem” bedeutet. Himmler wollte wahrscheinlich wie man es auch 1942 festhalten wird, die Zwangssterilisation der zurückbleibenden jüdischen Menschen. Vorallem wird dies juristische Auseinandersetzungen bringen, in den Hitler selbst einenn Machtkampf gegen die Justiz führen wird. (siehe 26 April 1942).(siehe 1941 Jänner bis April zu Bracks Antwortschreiben)

QUELLEN:

1) Frank zitiert nach  SACHSLEHNER Der Tod ist ein Meister aus Wien S57 Ende 1940 zu Endlösungsprojekt siehe Longerich Peter – Heinrich Himmler Biografie S528/122 oder Ulf Schmidt Hitlers Arzt Karl Brandt Medizin und Macht im dritten Reich S263

September – Lammers teilt Baldur von Schirach

Lammers teilt Baldur von Schirach mit

GEHEIM!

An den Reichsstadthalter in Wien

Herrn Gauleiter von Schirach in Wien

Sehr geehrter Herr von Schirach !

Wie mir Reichsleiter Bormann mitteilt, hat der Führer auf einen von ihnen erstatteten Bericht entschieden, dass die im Reichsgau Wien noch wohnhaften 60.000 Juden beschleunigt, also noch während des Krieges, wegen der in Wien herrschenden Wohnungsnot ins Generalgouvernement abgeschoben werden sollen. Ich habe diese Entscheidung des Führers dem Herrn Generalgouverneur in Krakau sowie dem Reichsführer SS mitgeteilt und darf sie bitten, gleichfalls von ihr Kenntnis nehmen zu wollen.

HEIL HITLER

IHR sehr ergebener

gez. Dr Lammers.

Die Deportationen  begannen Anfang Februar.Aufgrund der Kriegsvorbereitungen und den damit zusammenhängenden transporttechnischen Problemen jedoch stellte man die Deportationen schon nach 2 Monaten wieder ein. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte man etwa 7 000 jüdische Menschen nach Lublin deportiert.

Quellen:

1)Deutsches Reich und Protektorat September 1939 – September 1941, Band 3 Andrea Löw es handelt sich um das NBG DOK 123 vgl. Schreiben  Lammers  an  Schirach DER WIENER STADTTEMPEL S83 UNSERE OPFER von Dr Klaus Lohrmann aus dem ich die Zahl der 7000 Deportierten nach Lublin habe –

Mai – August – Plan „Madagaskar“- „Die Judenfrage“

DIE FRAGE MADAGASKAR

Himmler ist also gezwungen für die europäischen Juden und deren Deportation eine andere Lösung zu finden als Hans Franks Generalgouvernement als “Müllkippe” zu benutzen, wie es die Nazidiktion formulierte. In der Zwischenzeit sind Heydrich und Eichmann damit beschäftigt, die Auswanderung der Juden weiter zu forcieren, wobei die Schwierigkeiten einer “legalen” Auswanderung und Abschiebung sich verschärften. Eine “geregelte” Auswanderung praktisch nicht mehr umsetzbar war. Die Länder der Welt hatten längst ihre Tore geschlossen auch in den sowjetischen Teil Polens konnte man nunmehr über Schleichpfade Menschen verschicken. Die Palästina- Auswanderung wurde angesichts der Kriegssituation von den Briten unterbunden. Heydrich wird im Juni erkennen, dass er keine Möglichkeit einer Auswanderung der Juden mehr sieht und im Kontext zu Madagaskar die Frage einr territorialen “Endlösung der Judenfrage” aufwerfen, wobei man den nicht militärisch notwendigen Teil Madagaskars unter den Befehl eines deutschen Polizeigouverneurs (Reichsleiter Bouhler) stellen wollte. Hierzu sollte Frankreich dem Reich Madagaskar zu Verfügung stellen. Diese Maßnahme sollte zu Beginn der Planungen etwa 3, 25 Millionen Menschen betreffen wie Franz Rademacher in einem Bericht des Auswärtigen Amtes Abteilung “Judenangelegenheiten” festhielt.

Im Herbst 1940 erkannte man die Hoffnungslosigkeit der Friedensverhandlungen mit
England. Man führte den Plan Madagaskar zwar offiziell noch einige Monate weiter, doch hinter den Kulissen begann man nach neuen Möglichkeiten zu suchen. Nun war man in der “Judenfrage” keinen Schritt weitergekommen. Nach dem der Friedensvertrag mit England gescheitert war, nach dem man erkennen musste dass auch ein “Faustpfand Jude” oder gar ein Plan Madagaskar keine reale Lösung brachten, kehrte man Ende des Jahres  wieder zu den alten Plänen zurück. Die Konzentration im Osten sollte wieder Priorität bekommen. Um der dadurch gegebenen Gefahr, eines “Einsickerns rassisch minderwertigen Blutes” zu verhindern, griff Himmler auf eine Möglichkeit zurück die im Zuge der “Sozialmedizinischen  Eingriffe” hinlänglich erprobt worden war, die Möglichkeit der “Zwangssterilisation”. Wahrscheinlich für jene HalbjüdischenProminenten und  Geltungsjuden die man auch rechtlichen Gründen nur schwer deportieren konnte. Mit diesen Gedanken musste Himmler schon Ende 1940 spekuliert haben. In diesem Sinne wird er mit Viktor Brack Kontakt aufnehmen um diesen Plan prüfen zu lassen. Doch die für Himmler grundlegenden  Problemstellungen lagen ganz wo anders. Eine Deportation in ein Judenreservat oder Ghetto   stellte die Frage nach Nahrungsmittel, und des enormen Aufwands einer Überwachung für Millionen Menschen. Mit dem nun angestrebten Ostfeldzug kamen für Himmler zwar erneut Millionen Juden als “Problemstellung” hinzu, jedoch auch ganz neue Möglichkeiten diese Problemstellungen einer endgültigen Lösung zuzuführen. Heydrich wird im Dezember erneut den persönlichen Befehl Hitlers bekommen sich dem Judenproblem zu widmen. Nun im Zeichen der zu erwartenden neuen Ostgebiete, im Kontext eines zu erwartenden Feldzuges gegen die Sowjetunion.

JUNI 1940

Reinhard Heydrich sieht keine Möglichkeit mehr für eine jüdische Auswanderung “Judenfrage könne durch Auswanderung nicht mehr gelöst werden. Eine -territoriale Endlösung – wird daher notwendig.” Dieses Schreiben bezieht sich auf alle offizellen “Möglichkeiten der Judenauswanderung” Die Heydrich 1942 als die “legalen” Auswanderungsmöglichkeiten bezeichnete, wie zb die Auswanderung in die Vereinigten Staaten über Visa und gegen hohe Geldforderungen.

3 JUNI

DAS AUSWÄRTIGE AMT-

Die Frage der jüdischen Menschen und deren “Aussiedlung” erreichte nun die Ministerialebene. Aussenminister Ribbentrop richtete in diesem Sinne nun eine zentrale Stelle im Aussenministerium ein deren Ziel, die Koordination mit allen Dienststellen des Reiches war, die in der Judenfrage eine maßgebende Rolle spielten. Sie definierte die Möglichkeiten und Verhandlungsziele aus Sicht des Auswärtigen Amtes, also aus Sicht der aussenpolitischen Interessen und führte die Verhandlungen. In diesem Sinn versuchte Franz Rademacher, vorerst die wichtigsten Punkte und Zusammenhänge für die künftige Judenpolitik zusammen zu fassen, Zuständigkeiten auszuloten, und grundsätzliche Richtlinien vorzugeben.

“1. Erbitten einer grundsätzlichen Festlegung des deutschen Kriegsziels in der Judenfrage von Herrn Reichsaussenminister.

Möglichkeiten:

a) Alle Juden aus Europa,

b) Trennung zwischen Ost- und Westjuden; Ostjuden, die den zeugungskräftigeren und talmudsicheren Nachwuchs für die jüdische Intelligenz bilden, bleiben als Faustpfand in deutscher Hand (Lublin?), um die Amerika-Juden lahmzulegen. Westjuden aus Europa (Madagaskar?),

c) jüdisches Nationalheim in Palästina (Gefahr eines 2.Roms!).

2. Aufnahme engerer Besprechungen mit den interessierten innerdeutschen Partei-, Staats- und wissenschaftlichen Stellen. Erfassen und Abstimmen ihrer Pläne auf die Wünsche des Herrn Reichsaussenministers.

3. Sammeln der sachlichen Unterlagen (Anzahl der Juden in den einzelnen Ländern, die für die Evakuierung notwendigen Geld- und Transportmittel und die dafür möglichen Fristen usw.).

4. Für diese Arbeit notwendig: Sofortige Verstärkung des Referats D III um einen geschickten, jüngeren Konsulatssekretär und eine Schreibdame, sowie Zuweisung eines neuen Attachés an Stelle des zum Ref. Partei überwiesenen Attachés Neuwirth” (a.a.O., Bl.229).

2/3 JULI –

LÖSUNG MADAGASKAR

Franz Rademacher aus dem Auswärtigen Amt verfasst seine Schrift zur Frage Madagaskar

DIE SICHT DES AUSWÄRTIGEN AMTES

Legationssekretär im Auswärtigen Amt Judenreferat der Deutschlandabteilung DIII Franz Rademacher

Nun nach dem man im Juni die ersten Grundsätzlichen “Überlegungen” festgelegt hatte und man sich mit Himmlers Polizeidienststellen in Verhandlungen über die “Judenfrage” befand, kam man zu den ersten außenpolitischen “Richtlinien”, wie Franz Rademacher festhielt:

“Die Lösung Madagaskar bedeutet vom deutschen Standpunkt aus gesehen, Schaffung eines Großghettos. Nur die Sicherheitspolizei hat die nötigen Erfahrungen auf diesem Gebiet, Sie hat die Mittel, eine Flucht von der Insel zu verhindern. Sie hat weiter die Erfahrung darin, Strafmaßnahmen, die wegen feindseliger Handlungen von Juden in USA gegen Deutschland erforderlich werden, in der geeigneten Weise durchzuführen.”

12 JULI

Hans Frank hat sein wesentlichstes Ziel erreicht, die Deportationen ins Generalgouvernement sind gestoppt, so hält er vor seinen Ressortchefs in Krakau fest: „Sehr wichtig ist auch die Entscheidung des Führers, die er auf meinen Antrag gefällt hat, dass keine Judentransporte ins Generalgouvernement mehr stattfinden. Allgemein politisch möchte ich dazu sagen, dass geplant ist, die ganze Judensippschaft im Deutschen Reich, im Generalgouvernement und im Protektorat in denkbar kürzester Zeit nach Friedensabschluss in eine afrikanische oder amerikanische Kolonie zu transportieren. Man denkt an Madagaskar, das zu diesem Zweck von Frankreich abgetreten werden soll „

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15 August

Das RSHA (Reichsicherheitshauptamt SS/SD) hatte schon im Juni den Auftrag des Auswärtigen Amtes erhalten im Kontext des Madagaskarplans genauere Details auszuarbeiten. Am 15 August erhält das Auswärtige Amt Eichmanns Projektplanung.  Eichmann bezweifelt wie auch schon Heydrich eine Lösung des Judenproblems durch normale Auswanderung noch erreichen zu können. Daher meint er “Zur Vermeidung dauernder Berührung anderer Völker mit Juden ist eine Überseelösung insulare Charakters jeder anderen vorzuziehen.” In Frage kämen hierbei sämtliche Juden aus Ost und West die er auf etwa 4 Millionen beziffert.

Die Antwort des RSHA Reichs Sicherheit Haupt Amtes sah folgendermaßen aus:

 Unbenannt

SS-Obersturmführer Theo Dannecker – Eichmanns enger Mitarbeiter (Judenreferent)

(Quelle Bild:  Holocaust Research Project)

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Der „Madagaskar-Plan“

Theo Dannecker SS-Obersturmführer Berlin W 62, den 15. August 1940, Kurfürstenstraße 116

Herrn Legationssekretär Rademacher Berlin

Lieber Kamerad Rademacher!

Durch Boten übersende ich ein Exemplar der Ausarbeitung „Madagaskar-Projekt“ für Ihren persönlichen Gebrauch. Ich darf um besonders vertrauliche Behandlung bitten.

Heil Hitler!

Urschriftlich mit der Bitte um Rückgabe

Herrn Gesandten Luther zur Kenntnis vorgelegt. Der Plan selbst ist durch Gruppenführer Heydrich an Herrn Reichsaußenminister unmittelbar weitergeleitet worden, von dort über Kult E zu D III gelangt, von mir an Pol III geleitet. Das anliegende Stück hatte ich inzwischen unmittelbar erhalten. Ich war von der Absicht Heydrichs informiert worden, worüber ich gleich telefonisch an Sie nach Fuschel berichtet habe.

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I. Lage und Grundsätzliches.

a) Mit der Errichtung des Generalgouvernements Polen und der Eingliederung der neuen deutschen Ostgaue kamen große Massen von Juden unter unmittelbare deutsche Hoheitsgewalt. Dazu kommen noch die in den unter deutscher militärischer Oberhoheit stehenden Gebieten ansässigen Juden. Die bisherige Praxis zeigte, daß schon die Lösung des jüdischen Problems im Reichsgebiet einschließlich Protektorat Böhmen und Mähren im Wege der Auswanderung infolge der allenthalben auftretenden Schwierigkeiten (verschärfte Einwanderungsgesetzgebung überseeischer Länder, Passagen- und Devisenbeschaffung usw.) in absehbarer Zeit schwer zum Ende geführt werden kann. Nach dem Hinzukommen der Massen des Ostens ist eine Bereinigung des Judenproblems durch Auswanderung unmöglich geworden.

b) Insgesamt ist augenblicklich mit einer Zahl von rund 4 000 000 Juden zu rechnen, die sich wie folgt zusammensetzt:
1. Deutschland etwa 743 000 2. Generalgouv. etwa 2 300 000 3. Protektorat etwa 77 000 4. Belgien etwa 80 000 5. Holland etwa 160 000 6. Luxemburg etwa 2 500 7. Dänemark etwa 7 000 8. Norwegen etwa 1 500 9. Slowakei etwa 95 000 10. Frankreich etwa 270 000

c) Die folgende Ausarbeitung stellt den Niederschlag der bisher seitens der Sicherheitspolizei geleisteten Vorarbeiten zu dem Projekt einer Ansetzung dieser rund 4000000 Juden in Madagaskar dar.

Zur Vermeidung dauernder Berührung anderer Völker mit Juden ist eine Überseelösung insularen Charakters jeder anderen vorzuziehen.

II. Geographisches. (Landkarte siehe Anlage I)

a) Klima.

Die Küsten der Insel sind infolge der hohen Temperatur und der dauernd feuchten Luft für Europäer ungesund. Ein großer Teil des Innenlandes bildet eine Hochlandstafel von 800—1500 m Durchschnittshöhe. Diese Zone ist für Europäer geeignet.

Die großen Niederschlagsmengen bedingen das Vorhandensein zahlreicher Wasserläufe und Sümpfe. Dadurch ist naturgemäß in den Niederungen Fiebergefahr vorhanden. Durch Trockenlegungen könnte der Seuchenausbreitung entgegengesteuert werden. Für ein Arbeitsprogramm sind schon hier große Aufgaben zu bewältigen.

b) Volkszahl und Land.

Das Gebiet der Insel entspricht mit fast 600 000 qkm der Größe Frankreichs, Belgiens und Hollands zusammen.

Insgesamt sind 3,8 Millionen Einwohner vorhanden, darunter 3 660 000 Madagassen, 11 000 Inder und Chinesen sowie 24 000 Europäer, hauptsächlich Franzosen.

c) Wirtschaft.

Industrien sind nur im geringen Umfange vorhanden. Neben dem Reis, der in allen Teilen des Landes angebaut wird, wächst Maniok (Wurzelpflanze, die hier die Kartoffel ersetzt), Kartoffel, außerdem Baumwolle, Erdnuß, Mais, Zuckerrohr, Kaffee, Tee, Nelken, Vanille, Parfümerie- und Medisialpflanzen werden ausgeführt. In den Höhenlagen bis 1000 Meter gedeihen Bananen, Orangen, Zitronen, Kokospalmen, Mango, Litschi, Avokado und Ananas.

Der hohe Viehbestand von ungefähr sieben Millionen Rindern gestattet zur Zeit einen Fleischexport. Die Ernährung ist demnach auch beim Hinzukommen von 4 Millionen Juden gesichert.

Teilweise Erzvorkommen sind vorhanden, aber mangelhaft ausgebaut.

d) Verkehrswege.

Das Eisenbahnnetz der Insel ist nur 600 km lang. Stabile Straßenanlagen, Wege und Brückenbauten müssen in großem Umfange noch geschaffen werden. Auch Stromregulierungen sind weitgehendst erforderlich. Ein großzügiges Arbeitsprogramm zum Ausbau der Verkehrswege würde auf Jahre hinaus Arbeitsmöglichkeiten schaffen.

Die örtliche Leitung des Territoriums müßte bemüht sein, die Wirtschaft dieses Landes autark zu gestalten, damit Verbindungen zwischen den Juden und der übrigen Welt im Rahmen des internationalen Handels ausgeschlossen werden.

Wo dies im Anfang nicht erreicht werden kann, sind deutsche Treuhandgesellschaften zur Lösung dieser Probleme anzusetzen.

III. Staatsrechtliche Form und gebietsmäßige Aufgliederung.

a) Madagaskar ist infolge des insularen Charakters zur Bildung eines jüdischen Reservates geeignet. Jeder Versuch jüdischer Eigenstaatlichkeit muß bei der Findung der staatsrechtlichen Form von vornherein ausgeschaltet werden. Gleichzeitig ist es notwendig, allen etwaigen Einspruchsversuchen, besonders seitens der USA, vorzubeugen.

Als staatsrechtliche Form erscheint aus diesen Gründen die Errichtung einer jüdischen Wohnstätte unter deutscher Oberhoheit gegeben. Tatsächlich müßte aber dieses Mandat im Innern als Polizeistaat aufgezogen werden.

Der Kriegsmarine und der Luftwaffe werden die notwendigen Stützpunkte und Landeplätze freigehalten.

b) Das Gesamtgebiet der Insel ist zweckmäßigerweise aus organisatorischen Gründen, besonders auch in Anbetracht der großen Entfernungen, in vier Distrikte zu unterteilen. Während dem Ansetzungshauptstab als Organisation zur Durchführung zentraler Aufgaben ein zu bildender jüdischer Ältestenrat zur Verfügung steht, haben sich am Sitz der Distriktsstäbe jüdische Distriktsgemeinden zu bilden, die wiederum in Bezirks- und örtliche Gemeinden aufgeteilt werden.

Der örtliche französische Verwaltungsapparat müßte unter Leitung der deutschen Behörden zeitweise weiterarbeiten. Dadurch ist eine dienstliche Entlastung der Ansetzungsstäbe, gleichwie der anderen etwa vorhandenen deutschen Behörden, gegeben.

IV. Organisation. (Organisationsplan siehe Anlag II)

A) Gesamtleitung.

Die Gesamtleitung liegt beim Chef der Sicherheitspolizei und des SD, welcher bereits mit Befehl des Reichsmarschalls vom 24.1.1939 als Sonderbeauftragter für die Judenauswanderung eingesetzt worden ist. Ihm obliegen die zentrale Steuerung der gesamten Aussiedelung und Ansetzung, die Regelung der Transportangelegenheiten, die gesamte Finanzierung, sowohl der Transporte als auch der Ansetzung, und die sicherheitspolizeiliche Aufsicht.

B) Aussiedelung.

1. Technische Durchführung. Zur technischen Durchführung der Aussiedelung werden folgende Aussiedelungsstäbe gebildet:

West: Für Frankreich, Belgien, Holland, Luxemburg

Mitte: Für Altreich mit Sudetenland einschließlich neue deutsche Ostgaue, Ostmark, Protektorat Böhmen und Mähren, Slowakei, Dänemark, Norwegen

Ost: Für Generalgouvernement Polen.

2. Im einzelnen: a) Altreich, Sudetengau, neue deutsche Ostgaue. Die zentrale Steuerung liegt in Händen der Reichszentrale für jüdische Auswanderung Berlin. Verantwortlich für die Durchführung sind hier die Inspekteure der Sicherheitspolizei und das SD, die durch ihre nachgeordneten Dienststellen zu ausführenden Organen werden. Letztere bedienen sich hinsichtlich der Durchführung im einzelnen der Bezirksverbände bzw. Ortsvereinigungen der „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ bzw. in den Ostgauen der „Jüdischen Ältestenräte“.

b) Ostmark. Die zentrale Steuerung liegt bei der Zentralstelle für jüdische Auswanderung Wien. Ihr steht zur Einzeldurchführung die Israelitische Kultusgemeinde Wien mit ihrem gesamten Apparat zur Verfügung. (Es handelt sich hier lediglich nur um etwa 50 000 Juden.)

c) Protektorat Böhmen und Mähren. Die zentrale Steuerung liegt bei der dem Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD unterstellten Zentralstelle für jüdische Auswanderung Prag. Für die Durchführung im einzelnen sind die Staatspolizeileitstellen in Prag und Brünn verantwortlich. Die jüdische Kultusgemeinde Prag hat als Trägerin des gesamten jüdischen organisatorischen Lebens im Protektorat die Einzelarbeiten zu leisten.

d) Slowakei. Nach dem Muster der Zentralstelle für jüdische Auswanderung wird mit dem Sitz in Preßburg ein besonderer Aussiedelungsstab unter Zuhilfenahme der örtlichen Behörden errichtet und dem Chef der Sicherheitspolizei und des SD unterstellt.

e) Dänemark Während die Durchführung der Aussiedelung in den unter a), b), c) und d) genannten Gebieten größeren Umfang hat, kann die Aussiedelung in Dänemark, wo sich nur etwa 7500 Juden befinden, so vor sich gehen, daß ein Beauftragter des Stabes Mitte zusammen mit der zuständigen dänischen Polizeibehörde die verhältnismäßig kurze Zeit in Anspruch nehmenden Arbeiten durchführt. Soweit vorhanden, haben sich hier jüdische Gemeinden bzw. Organisationen an der Einzeldurchführung zu beteiligen.

f) Norwegen. Hier handelt es sich nur um etwa 1500 Juden, deren Abschub mit einem Transport erledigt ist.

g) Frankreich, Belgien, Holland, Luxemburg. Von dem Aussiedelungsstab West wird zu den zuständigen Polizeibehörden dieser Länder jeweils ein Beauftragter abgestellt.

Die Durchführung im einzelnen liegt bei den unteren Verwaltungs- bzw. Polizeibehörden der vier Länder. Dabei sind als Hilfsstellen die jüdischen Organisationen bzw. Gemeinden nach ihrer Reorganisation entsprechend dem Aufbau der Israelitischen Kultusgemeinden“ in Wien und Prag bzw. der „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ heranzuziehen.

h) Generalgouvernement Polen. Die gesamte Verantwortung für die Aussiedelung im Generalgouvernement liegt beim Aussiedelungsstab Ost, der innerhalb des Stabes des Befehlshabers der Sicherheitspolizei und des SD in Krakau tätig ist.

In den einzelnen Distrikten sitzen Distriktsbeauftragte, die unter Einschaltung der örtlichen Dienststellen der Sicherheitspolizei und des SD die Aussiedelungsaktionen durchführen. Dabei haben die Vorarbeiten zur Einzeldurchführung weitestgehend die jüdischen Ältestenräte durchzuführen.

3. Vorarbeiten. a) Alle mit der Durchführung beauftragten Dienststellen haben zunächst eine genaue Sichtung des gesamten Judentums ihres Gebietes vorzunehmen. Sie sind für die Beantragung und Ausstellung aller — für eine Abwanderung von Juden — notwendigen Vorarbeiten, wie Dokumentenbeschaffung für den Einzeljuden, Vermögenserfassung und Verwertung, sowie Eingliederung in die Transporte, verantwortlich. Die ersten Transporte sollen hauptsächlich Landwirte, Baufachleute, Handwerker und Handarbeiterfamilien bis zu 45 Jahren sowie Ärzte enthalten. Diese werden dann gewissermaßen als Vortrupp zum Zwecke der Vorbereitung der Unterbringung der nachfolgenden Mannen vorausgeschickt und angesetzt.

b) Die Juden dürfen bis zu 200 kg nicht sperrendes Gepäck pro Person mitnehmen. Jüdische Landwirte, Handwerker, Ärzte usw. müssen, soweit vorhanden, die gesamte in ihrem Besitz befindliche und zur Ausübung ihres Berufes notwendige Ausrüstung mitnehmen. Bezüglich der Mitnahme von Bargeld und Edelmetallgegenständen gelten die jeweiligen Bestimmungen.

c) Das zurückbleibende Vermögen der Ausgesiedelten ist der besonders dafür in jedem Lande zu errichtenden „Treuhandstelle für das Judenvermögen“ zu melden. Der Gesamterlös nach Verkauf der unbeweglichen Vermögensteile wird dann einem zu errichtenden Zentral-Aussiedelungsfonds zugeführt, der nach dem Muster des Auswanderungsfonds in Wien bzw. des Auswanderungsfonds Böhmen und Mähren erstellt wird und sich dieser Fonds und allfällig weiterer Landesfonds als Untergliederung bedient.

C) Transporte.

1. Schiffsraum. Um einen rohen Überblick über den notwendigen Schiffsraum zu erhalten, wird unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen Fassungsvermögens von 1500 Personen pro Schiff folgende Überschlagsrechnung niedergelegt: Nimmt man für Hin- und Rückfahrt einschließlich der notwendigen Aufenthalte etwa 6o Tage an, dann kommt man zum Ergebnis, daß beim Vorhandensein von 120 Schiffen ähnlichen Inhaltes täglich zwei Transporte mit demnach insgesamt 3000 Juden durchgeführt werden könnten.

Pro Jahr würde das eine Zahl von rund 1 Million Juden ergeben. Die Dauer der Durchführung des gesamten Projektes könnte deshalb auf etwa vier Jahre festgesetzt werden. Nach dem Friedensschluß wird zweifellos die deutsche Handelsflotte anderweitig sehr stark in Anspruch genommen sein. Es wird deshalb notwendig, im Friedensvertrag mit aufzunehmen, daß zum Zwecke der Lösung des Judenproblems sowohl Frankreich als auch England den erforderlichen Schiffsraum zur Verfügung stellen.

2. Finanzierung der Transporte. Die Finanzierung der Transporte wäre im wesentlichen der in den Westmächten ansässigen Judenschaft anläßlich des Friedensvertrages als Wiedergutmachung für jenen Schaden aufzuerlegen, der im Verfolg der Auswirkung des Versailler Vertrages durch die Juden dem Deutschen Reiche in wirtschaftlicher und sonstiger Beziehung zugefügt wurde.

D) Ansetzung.

1. Ansetzungshauptstab. Der Ansetzungshauptstab des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD, dessen Sitz noch zu bestimmen wäre, ist als die direkt Berlin verantwortliche Stelle für die Gesamtleitung der Ansetzung zuständig. Ihm obliegt das gesamte Sicherungswesen, die Transportannahme und -Verteilung (Einwanderungskontingente), das Melde- und Auskunftswesen, Ernährungswesen, Finanzwesen und Währungsfragen, Nachrichtenwesen sowie Aufbau und Kontrolle des jüdischen Gemeinwesens.

2. Ansetzungsstäbe. Die in den Distrikten arbeitenden Ansetzungsstäbe I—IV, deren Standorte gleichfalls noch zu bestimmen sind, tragen die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der Befehle des Hauptstabes und die unbedingte Einhaltung der von diesem erteilten generellen Richtlinien in ihren Distrikten.

Die jüdischen Distriktsgemeinden unterstehen direkt dem jeweiligen Ansetzungsstab, der seinerseits entsprechend den ihm gegebenen Richtlinien die notwendigen Einzelentscheidungen an Ort und Stelle fällt.

Hauptaufgabe der Ansetzungsstäbe in den Distrikten ist ferner die Kontrolle der zweckmäßigen Ansetzung jüdischer Arbeitskommandos mit dem Ziele, die Unterbringungsmöglichkeiten für die nachfolgenden Transporte zu sichern und zu erreichen, daß insoweit eine sofortige Einschaltung in den Produktionsprozeß erfolgt, als dies zur Bestreitung des jüdischen Eigenbedarfs nötig ist.

3. Arbeitsweise. Als Grundlage wird durch ein Vorkommando überschlagsmäßig nach Festlegung der Distriktsgrenzen die vermutliche Aufnahmefähigkeit festgestellt. Dann erfolgt die Festsetzung der Schlüsselzahlen für die einzelnen Distrikte.

Die Ansetzungsstäbe der Distrikte können nach Bekanntgabe der Schlüsselzahlen an eine großzügige Planung unter laufender Beteiligung des Ansetzungshauptstabes herantreten.

E) Jüdisches Gemeinwesen.

Wie bereits ausgeführt, wird ein einsatzfähiger jüdischer Organisationsapparat aufgebaut werden, dessen Haupttätigkeit darin besteht, den gegebenen Anordnungen der Ansetzungsstäbe schnellstens Geltung zu verschaffen. Diese Methode hat sich bei der Arbeit der Zentralstelle für jüdische Auswanderung bestens bewährt und wälzt einen Großteil der Arbeit auf die Juden selbst ab.

Die jüdischen Distriktsgemeinden haben die Bezirks- und Ortsgemeinden so durchzuorganisieren, daß während der Durchführung der Ansetzung eine reibungslose Abwicklung gewährleistet erscheint. Ferner haben jüdische Baufachleute und geschulte Landwirte, die mit den Vortrupps ins Land kommen, unverzüglich innerhalb der einzelnen jüdischen Gemeinden an den Ausbau und Aufbau landwirtschaftlicher Siedelungen sowie an die verkehrstechnische Erschließung des Landes heranzugehen.

Die Juden haben ferner für die geordnete Lebensmittelversorgung durch Errichtung eines Verteilungsapparates auf genossenschaftlicher Basis zu sorgen.

Um die sanitäre Betreuung einigermaßen zu sichern, haben die jüdischen Stellen auf die richtige Verteilung aller vorhandenen Ärzte innerhalb der Gebiete zu achten.

F) Finanzierung.

Die Durchführung der vorgeschlagenen Endlösung erfordert bedeutende Mittel. Es ist zu unterscheiden zwischen Mitteln, die für die Aussiedelung der Juden aus dem Reichsgebiet einschließlich Protektorat Böhmen und Mähren, den neuen deutschen Ostgebieten und dem Generalgouvernement aufgebracht werden und solchen Mitteln, die für die Aussiedelung der Juden aus den Ländern in Frage kommen, die bei der Endlösung berücksichtigt werden sollen. Die Aufbringung der letzteren Mittel wäre durch entsprechende Bedingungen anläßlich der Friedensvertragsverhandlungen etwa durch Auflegung einer Kontribution auf das Judenvermögen dieser Länder zu erreichen.

Diese durch Kontribution aufkommenden Mittel können zweifellos bedeutend größer gestaltet werden, als die innerhalb des Reichsgebietes einschließlich Protektorat Böhmen und Mähren aufzubringenden, selbst unter Berücksichtigung der Heranziehung des gesamten jüdischen Privateigentums im Reichsgebiet, Protektorat Böhmen und Mähren, den neuen deutschen Ostgebieten und Generalgouvernement. Durch einen entsprechenden Verteilerschlüssel muß der notwendige Ausgleich dieser beiden Aufbringungsgruppen hergestellt werden. Ebenso wäre noch die Frage zu klären, ob bezüglich der Aufbringung der Mittel im Reichsgebiet, im Protektorat Böhmen und Mähren, in den neuen deutschen Ostgauen und im Generalgouvernement Enteignungsmaßnahmen geeignet erscheinen, oder aber ob diese Mittel in Form von freiwilligen Rechtsgeschäften unter Einschaltung der jüdischen Kultusgemeinden Prag und Wien, der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland und der jüdischen Ältestenräte in den Ostgebieten aufzubringen wären.

G) Vorausmaßnahmen.

Im Falle der endgültigen Bestimmung Madagaskars zur Judenwohnstätte wird vorgeschlagen, ein Kommando der Sicherheitspolizei in entsprechender fachlicher Zusammensetzung an Ort und Stelle zu entsenden.

Aufgabe dieses Vorkommandos ist es, folgende Feststellung zu treffen:

1. Gesamtaufnahmefähigkeit. 2. Möglichkeiten der Erweiterung der Aufnahmefähigkeit durch Lagererrichtung u. ä. 3. Verwendbarkeit der unteren französischen Verwaltungsbehörden bezüglich der Verteilung und Einordnung ankommender Transporte. 4. Allgemeine Verpflegungslage. 5. Landwirtschaft und Wirtschaft allgemein, Arbeitseinsatz. 6. Landemöglichkeiten, Verkehrswege.

Nach Vorliegen des Berichtes des Vorkommandos werden unter Heranziehung der örtlichen französischen Verwaltungsbehörden Vorbereitungsaufgaben in Angriff genommen.

Es wird vorgeschlagen, daß bei den Friedensverhandlungen für den Bereich dieser Angelegenheit ein Beauftragter des RF-SS und Chefs der Deutschen Polizei miteingeschaltet wird.

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30 August

Am 30 reagiert das Auswärtige Amt, die Verhandlungen mit dem Reichsicherheitshauptamtes waren vorerst zu folgenden Ergebnis gekommen.

“Nachdem auf Vorschlag der Abteilung Deutschland der Herr Reichsminister entschieden hatte, dass die Lösung der Judenfrage im Friedensvertrag von dem Referat D III in der Abteilung Deutschland im Einvernehmen mit den Dienststellen des Reichsführers SS bearbeitet werden sollte, habe ich den anliegenden Grundriss eines Planes zur Lösung der Judenfrage im Friedensvertrage entworfen. Dieser Plan ergibt als praktische Arbeitseinteilung:

1. Führen der Verhandlungen mit den Feindmächten auf Grund des Friedensvertrages und mit den übrigen europäischen Staaten auf Grund von Sonderverträgen – Auswärtiges Amt.

2. Erfassen der Juden in Europa, Transport nach Madagaskar, ihre Ansiedlung dort und die zukünftige Verwaltung des Insel-Ghettos – Reichssicherheitshauptamt.

3. Erfassung des jüdischen Vermögens in Europa, Gründen einer intereuropäischen Bank, die dieses Vermögen treuhänderisch zu verwalten und zu verwerten, sowie die Finanzierung des Ansiedlungsunternehmens durchzuführen hat – Dienststelle des Vierjahresplanes, Staatsrat Wohltat.

4. Das propagandistische Vorbereiten und Sichern des Planes gegen eine evtl. Hetzwelle aus USA:

a) für den Bereich des Inlands das Propagandaministerium, Oberregierungsrat Dr. Taubert, mit seiner “antisemitischen Aktion”,

b) für den Bereich des Auslandes die Informationsabteilung des Auswärtigen Amts.

Gemäss dieses Grundplanes bin ich an die einzelnen Dienststellen herangetreten. Auf meine Anregung hin und in enger Fühlungnahme mit mir ist dann der Madagaskarplan des Reichssicherheitshauptamtes entstanden…. Um den Plan sachlich weiter zu fördern, ist es jetzt an der Zeit

a) die erwähnten innerdeutschen Dienststellen zu einer Besprechung im Auswärtigen Amt zusammenzurufen und eine vorbereitende Kommission zusammenzustellen,

b) an die Franzosen heranzutreten, damit sie dieser Kommission die Einreise nach Madagaskar gestatten,

c) entsenden der Kommission auf 1-2 Monate nach Madagaskar, um an Ort und Stelle die Einzelfragen der Ansiedlung und deren Vorbereitung festzustellen…” (a.a.O., Bl.195/196).

Quellen:

FRAGE MADAKASKAR UND FRANZ RADEMACHER
siehe zb Heinrich Himmler Biografie
Longerich Peter S525 (106)

Juni 1940
MÜNCHEN 1998 in MARIO DEDERICHS
HEYDRICH Biografie S117 aus Peter Longerich POLITIK DER
VERNICHTUNG-Eine Gesamtdarstellung der
nationalsozialistischen Judenverfolgung
 

3 Juni zitiert aus dem Gerichtsurteil gegen Franz Rademacher
Lfd.Nr.673 es handelt sich hierbei um die Denkschrift
“Überblick über die neu aufzunehmenden,
vordringlichen Aufgaben des Referats D III”
QUELLE :UNIVERSITÄT VON AMSTERDAM vgl.Anatomie des SS Staates S604
es handelt sich hierbei um das Nürnbg.Dok. NG 5764

2/3 Juli DIE SICHT DES AUSWÄRTIGEN AMTES
Heinrich Himmler Biografie
Longerich Peter S525/107

15 August Der Madagaskarplan Hans Jansen Der Madagaskaplan S. 341ff  Es handelt sich um das Dokument NG-2586 – Wir danken auch NS Archiv de

August zitiert aus dem Gerichtsurteil gegen Franz Rademacher
Lfd.Nr.673 Vortragsnotiz vom 30.8.1940 QUELLE :UNIVERSITÄT VON AMSTERDAM

Shoaprtal Archiv -1940 – 25 Mai – Himmler – Einige Gedanken über die Fremdvölkischen im Osten –

etwa 25 MAI

Himmler

Himmlers Denkschrift – EINIGE GEDANKEN ÜBER DIE BEHANDLUNG DER FREMDVÖLKISCHEN IM OSTEN- die er Hitler nun vorlegt.

Himmler setzte  eine Denkschrift auf, die er Hitler persönlich etwa um den 25 Mai vorlegte, wie in Zukunft mit den “minderwertigen Volk” der Polen, und den Untermenschen den Juden zu verfahren sei. Himmler ist also gezwungen, auf Grund des Drucks aus Franks Verwaltungsapparat und dessen neuen Befugnissen sich um eine neue Möglichkeit zur “Lösung der Judenfrage” umzusehen. Die Konzentrierung der Juden konnte nun nicht mehr in Franks Reich dem Generalgouvernement durchgeführt werden. In diesem Sinn versucht man sich neu zu orientieren und so ist auch Himmlers Denkschrift zu verstehen. Der absehbare Sieg im Frankreich-Feldzug eröffnete neue Perspektiven vielleicht eine Lösung über die französischen Kolonien in Afrika zu erhalten.

“Den Begriff der Juden hoffe ich durch die Möglichkeit einer großen Auswanderung sämtlicher Juden nach Afrika oder sonst in eine Kolonie völlig auslöschen zu sehen……”

 In dem gesamten Text den Himmler Hitler vorlegte und der als “Geheime Reichssache” galt, geht es primär um die “Zerschlagung des gesamten Völkerbreis im Osten”. In der Einleitung des Textes erwähnt Himmler viele der Volksgruppen die im Laufe der Jahrhunderte in Polen zu siedeln begannen. Hier erwähnt er primär Ukrainer, Weißrussen, Goralen, Lemken und Kaschuben welche er als eigene Volksgruppen, neben den Polen und Juden anerkennt. Der Begriff der nichtdeutschen Bevölkerung bezieht sich also auf alle diese Volksgruppen außer der Juden selbst deren Frage er “durch die Möglichkeit einer großen Auswanderung … auslöschen zu sehen wünscht.”

Der Plan sieht vor, wie aus dem weiteren Text hervorgeht, die Frage dieser Volksgruppen im Generalgouvernement zu lösen und zwar durch mehrere Maßnahmen. Neben der Aussiebung rassisch wertvoller Menschen, sieht man die Möglichkeit den für die nationalsozialistischen Rassehygieniker übrig bleibenden rassisch wertlosen „Restbestand“ durch gesellschaftspolitische Eingriffe so zu kontrollieren, dass jene als billige Arbeitssklaven eingesetzt dem Reich dienen sollten. Der Endzweck der rassischen Siebung besteht darin diesen Völkern ihr “deutsches” Blut zu entziehen was sie in den Augen der Nazis zu einem Sklavenvolk herabsinken lassen sollte, welches zu keinerlei höherer Kultur mehr fähig und so keine Gefahr für das Reich mehr darstellen konnte. Der Restbestand sollte dann die selben “… rassische und menschliche Art haben wie die Sorben und Wenden…” die er als die minderwertigsten Volksgruppen einstufte. Dies sollte, der in seinen Augen durchführbare Plan sein, das Generalgouvernement in Zukunft zu besiedeln, wohlgemerkt ohne Millionen Juden deren Frage er hier außerhalb des Generalgouvernements erkennt, da diese für die Rassenideologen nicht nur eine rassische sondern auch eine kulturelle wie auch politische Gefahr darstellten. Interessant ist, dass man für die Lösung dieser „völkischen Probleme“ explizit nicht die “bolschewistische Methode der Ausrottung” in Betracht zieht. Es sind Gedanken die uns verraten welches Schicksal man für slawische Völker reflektierte, diese hier zwar als „ungermanisch“ ablehnt, jedoch als eindeutigen Bestandteil rassischer Überlegungen preisgibt. Im Wesentlichen zeugt es jedoch von  Siedlungsvorstellungen in denen man das „Judenproblem“ vorerst als gelöst betrachtet. Ein weiterer zentraler Faktor der nach dem Scheitern der “Siedlungspläne” die Situation radikalisieren wird. Die zentrale Rolle des Judentums als Volksgruppe mit Millionen Menschen musste zu einer “Endlösung” gebracht werden. Vor allem mit der Judenfrage steht und fällt für die Nationalsozialisten, ihr Kernprogramm der Besiedelung des Ostens. Ein Umstand der jenen grundsätzlichen Hass noch verschärfen wird und dazu führte, dass man schlussendlich die “bolschewistischen Methode” der Ermordung als einzigen Ausweg erkannte.

Schon bald wird Himmler gegen seine inneren moralischen Widerstände ankämpfen, dies mehrmals betonen, um schlussendlich festzustellen doch keinen Schaden genommen zu haben, an der Entscheidung, Millionen von Menschen in den Tod zu schicken – Ja im “Großen und Ganzen” doch anständig geblieben zu sein, auch wenn dies einer der härtesten Fragen und Entscheidungen war die er jemals zu treffen hatte, wie er in seiner Posener Rede 1943 noch betonen wird. Die “Siedlungsprobleme” sind also unumgänglich mit der späteren Vernichtung der Juden verbunden. Dieser Plan der erbbiologischen “Auslese” der “Kolonie Polen” und deren kulturelle Indoktrinierung durch die Erziehung der begabtesten Polenkinder als Deutsche, also die Infiltrierung durch deutsche Kultur- hätte erst Jahrzehnte später einen Erfolg gehabt. Ein Plan der also auf den 1940 noch möglichen Kriegsgewinn und auf deutsche Herrschaft im Ostraum ausgerichtet war. Mit der beginnenden militärischen Ausweglosigkeit (ab Ende 41), beginnt man auch die Siedlungspläne neu einzuschätzen wobei das jüdische Volk als rassisch und charakterlich am “Minderwertigsten” eingestuft und für diesen Weltkrieg verantwortlich gemacht, zur systematischen Vernichtung freigegeben werden wird.

Es folgt der Originaltext der Denkschrift. Vorab noch eine kurze Erklärung zu diesem Dokument von Wilhelm Krausnick (1957!) :

„Die folgende, undatierte, im deutschen Originaltext zum ersten mal vollständig veröffentlichte Denkschrift des Reichsführers-SS Himmler (seit 7. 10. 39 auch „Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums“) entstammt den Akten des Persönlichen Stabes des Reichsführer-SS und liegt dem Institut für Zeitgeschichte in Fotokopie vor. Das gleiche gilt für die vom 28. Mai 1940 datierte Aufzeichnung Himmlers, welche die Vorlage seiner Denkschrift bei Hitler vermerkt und die Prozedur für ihre vertrauliche Kenntnisgabe an einen begrenzten Kreis leitender Funktionäre des Regimes festlegt. Damit wird die ungefähre Datierung der Denkschrift selbst ermöglicht. Wilhelmstraßen-Prozeß eingeführt und umfassen  bzw. 2 1/2 Seiten. Sie sind unsigniert, am Kopf des vorliegenden Exemplars der Denkschrift befindet sich jedoch ein Ablagevermerk sowie eine Notiz über die Kenntnisnahme durch den Leiter des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP, Dr. Groß, von der Hand des damaligen Chefs des Persönlichen Stabes des Reichsführer-SS, Gruppenführer Wolff, mit dessen Namenszug.“

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(Stempel) Geheime Reichssache!1
EINIGE GEDANKEN ÜBER DIE BEHANDLUNG DER FREMDVÖLKISCHEN IM OSTEN
Bei der Behandlung der Fremdvölkischen im Osten müssen wir darauf sehen, soviel wie möglich einzelne Völkerschaften anzuerkennen und zu pflegen, also neben den Polen und Juden die Ukrainer, die Weißrussen, die Goralen, die Lemken und die Kaschuben. Wenn sonst noch irgendwo Volkssplitter zu finden sind, auch diese. Ich will damit sagen, daß wir nicht nur das größte Interesse daran haben, die Bevölkerung des Ostens nicht zu einen, sondern im Gegenteil in möglichst viele Teile und Splitter zu zergliedern. Aber auch innerhalb der Völkerschaften selbst haben wir nicht das Interesse, diese zu Einheit und Größe zu führen, ihnen vielleicht allmählich Nationalbewußtsein und nationale Kultur beizubringen, sondern sie in unzählige kleine Splitter und Partikel aufzulösen. Die Angehörigen aller dieser Völkerschaften, insbesondere der kleinen, wollen wir selbstverständlich in den Stellen von Polizeibeamten und Bürgermeistern verwenden. Spitzen in solchen Völkerschaften dürfen nur die Bürgermeister und die örtlichen Polizeibehörden sein; bei den Goralen2 die einzelnen, sich ohnedies schon befehdenden Häuptlinge und Sippenältesten. Eine Zusammenfassung nach oben darf es nicht ge- ben, denn nur dadurch, daß wir diesen ganzen Völkerbrei des Generalgouvernements von 15 Millionen und die 8 Millionen der Ostprovinzen auflösen, wird es uns möglich sein, die rassische Siebung durchzuführen, die das Fundament in unseren Erwägungen sein muß, die rassisch Wertvollen aus diesem Brei herauszufischen, nach Deutschland zu tun, um sie dort zu assimilieren. Schon in ganz wenigen Jahren — ich stelle mir vor, in 4 bis 5 Jahren — muß beispielsweise der Begriff der Kaschuben unbekannt sein, da es dann ein kaschubisches Volk nicht mehr gibt (das trifft besonders auch für die Westpreußen zu). Den Begriff Juden hoffe ich, durch die Möglichkeit einer großen Auswanderung sämtlicher Juden nach Afrika oder sonst in eine Kolonie völlig auslöschen zu sehen. Es muß in einer etwas längeren Zeit auch möglich sein, in unserem Gebiet die Volksbegriffe der Ukrainer, Goralen und Lemken verschwinden zu lassen. Dasselbe, was für diese Splittervölker gesagt ist, gilt in dem entsprechend größeren Rahmen für die Polen. Eine grundsätzliche Frage bei der Lösung aller dieser Probleme ist die Schulfrage und damit die Frage der Sichtung und Siebung der Jugend. Für die nichtdeutsche Bevölkerung des Ostens darf es keine höhere Schule geben als die vierklassige Volksschule. Das Ziel dieser Volksschule hat lediglich zu sein: Einfaches Rechnen bis höchstens 500, Schreiben des Namens, eine Lehre, daß es ein göttliches Gebot ist, den Deutschen gehorsam zu sein und ehrlich, fleißig und brav zu sein. Lesen halte ich nicht für erforderlich. Außer dieser Schule darf es im Osten überhaupt keine Schulen geben. Eltern, die ihren Kindern von vorneherein eine bessere Schulbildung sowohl in der Volksschule als später auch an einer höheren Schule vermitteln wollen, müssen dazu einen Antrag bei den Höheren SS- und Polizeiführern stellen. Der Antrag wird in erster Linie danach entschieden, ob das Kind rassisch tadellos und unseren Bedingungen entsprechend ist. Erkennen wir ein solches Kind als unser Blut an, so wird den Eltern eröffnet, daß das Kind auf eine Schule nach Deutschland kommt und für Dauer in Deutschland bleibt. So grausam und tragisch jeder einzelne Fall sein mag, so ist diese Methode, wenn man die bolschewistische Methode der physischen Ausrottung eines Volkes aus innerer Überzeugung als ungermanisch und unmöglich ablehnt, doch die mildeste und beste. Die Eltern dieser Kinder guten Blutes werden vor die Wahl gestellt, entweder das Kind herzugeben — sie werden dann wahrscheinlich keine weiteren Kinder mehr erzeugen, so daß die Gefahr, daß dieses Untermenschenvolk des Ostens durch solche Menschen guten Blutes eine für uns gefährliche, da ebenbürtige Führerschicht erhält, erlischt —, oder die Eltern verpflichten sich, nach Deutschland zu gehen und dort loyale Staatsbürger zu werden. Eine starke Handhabe, die man ihnen gegenüber hat, ist die Liebe zu ihrem Kind, dessen Zukunft und dessen Ausbildung von der Loyalität der Eltern abhängt. Abgesehen von der Prüfung der Gesuche, die die Eltern um eine bessere Schulbildung stellen, erfolgt jährlich insgesamt bei allen 6-10 Jährigen eine Siebung aller Kinder des Generalgouvernements nach blutlich Wertvollen und Nichtwertvollen.
Die als wertvoll Ausgesiebten werden in der gleichen Weise behandelt wie die Kinder, die auf Grund des genehmigten Gesuches ihrer Eltern zugelassen wurden. Als gefühls- und verstandesmäßig selbstverständlich erachte ich es, daß die Kinder und die Eltern in dem Augenblick, wo sie nach Deutschland kommen, in den Schulen und im Leben nicht wie Aussätzige behandelt werden, sondern nach Änderung ihres Namens in das deutsche Leben — bei aller Aufmerksamkeit und Wachsamkeit, die man ihnen widmen muß, - vertrauensvoll eingebaut werden. Es darf nicht so sein, daß die Kinder sich wie ausgestoßen fühlen, denn wir glauben doch an dieses unser eigenes Blut, das durch die Irrtümer deutscher Geschichte in eine fremde Nationalität hineingeflossen ist, und sind überzeugt, daß unsere Weltanschauung und unsere Ideale in der rassisch gleichen Seele dieser Kinder Widerhall finden werden. Hier muß aber dann vor allem von den Lehrern und von den Führern in der HJ. ein ganzer Strich gezogen werden, und es darf niemals wie in der Vergangenheit bei den Elsaß-Loth- ringern der Fehler gemacht werden, daß man einesteils die Menschen als Deutsche gewinnen will und sie anderenteils bei jeder Gelegenheit durch Mißtrauen und Be- schimpfung in ihrem menschlichen Wert, Stolz und Ehrgefühl kränkt und abstößt. Beschimpfungen wie „Polacke" oder „Ukrainer" oder ähnliches müssen unmöglich sein. Die Erziehung hat in einer Vorschule zu erfolgen, nach deren 4 Klassen man dann entscheiden kann, ob man die Kinder weiter in die deutsche Volksschule gehen läßt oder ob man sie einer nationalpolitischen Erziehungsanstalt zuführt. Die Bevölkerung des Generalgouvernements setzt sich dann zwangsläufig nach einer konsequenten Durchführung dieser Maßnahmen im Laufe der nächsten zehn Jahre aus einer verbleibenden minderwertigen Bevölkerung, die noch durch abgeschobene Bevölkerung der Ostprovinzen sowie all der Teile des deutschen Reiches, die dieselbe rassische und menschliche Art haben (Teile, z. B. der Sorben und Wenden),3 zusammen. Diese Bevölkerung wird als führerloses Arbeitsvolk zur Verfügung stehen und Deutschland jährlich Wanderarbeiter und Arbeiter für besondere Arbeitsvorkommen (Straßen, Steinbrüche, Bauten), stellen, sie wird selbst dabei mehr zu essen und zu leben haben als unter der polnischen Herrschaft und bei eigener Kulturlosigkeit unter der strengen, konsequenten und gerechten Leitung des deutschen Volkes berufen sein, an dessen ewigen Kulturtaten und Bauwerken mitzuarbeiten und diese, was die Menge der groben Arbeit anlangt, vielleicht erst ermöglichen. So im Original. Zu ergänzen etwa: „vermehrt werfen wird".

Quellen:

zitiert nach Helmut Krausnick Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte Institut für Zeitgeschichte München 1957 Heft 2 PDF Originalscan

1) Links neben dem Stempel handschriftl. Vermerk: „Dr. Groß Rassenpolit. Amt Kennt- nis gegeben 29. XI. 40 Wolff.“ Über bzw. rechts neben dem Stempel: „Abl.-X b – 15″.

2) Im Original Tippfehler: „Gorlahn“.

3) So im Original. Zu ergänzen etwa: „vermehrt werfen wird“.

1 Mai 1940 Litzmannstadt „Lodz“

1 Mai Lodz

Chaim Rumkowski Vorsitzender des Ältestenrates im Ghetto Lodz. Bis heute eine umstrittene Persönlichkeit, umzingelt von höchsten Naziführern – Im Auto, Heinrich Himmler Reichsführer SS persönlich, der am 6 Juni 1941 das Ghetto besuchte und hierbei die Produktionsanlagen der Wehrmacht besichtigte.

Der Umsiedelungsbefehl an die jüdischen Bewohner in Lodz erging im Februar 40. Zugewiesen wurde ihnen die heruntergekommensten Viertel. Das Ghetto  umfasste bald die Bezirke Baluty, Stare, Miasto (Altstadt) und Marysin. Man zwang schlussendlich 163 000 jüdische Bewohner, in diesem kleinen Stadtteil zu leben (wobei die Zahlen selbst in der Stadt Lodz viel höher blieben). Rundherum wurde ein Niemandsland angelegt. Die jüdischen Menschen auf engsten Raum zusammengepfercht. Die Statistiken der Chronik des Ghettos geben uns hierüber Aufschluss- 613 Wohnungen mit Kanalisation, mit Wasserleitung und Kanalisation 382, mit Toilette 294, mit Toilette Kanalisation und Bad 49, ohne alles 30 624. Schon im Jänner 1940 hatte man auch eine Einwandererstelle für “Volksdeutsche” gegründet, das RUSHA (Rasse und Siedlungs- Hauptamt) hatte dazu Experten abgestellt welche  “Zuwanderer” für die neuen Gebiete des Ostens  und Lodz auf ihre rassische Tauglichkeit prüfen sollten. So kommt es auch, dass diese Stadt relativ schnell von tausenden Volksdeutschen besiedelt wurde, worauf man nun am 30 April den Befehl gegeben hatte alle nicht jüdischen Menschen hätten die bestimmten Bezirke zu verlassen in denen man das Ghetto errichten wollte. Dann begann man diese Gebiete systematisch abzuriegeln. Durch ethnische Umsiedlungen und weitere Deportationen in das Ghetto wurden die Grenzen des Ghettos immer wieder revidiert. Das “Problem” des Platzmangels der Lebensmittelversorgung, der Versorgung mit Medikamenten, Brennmaterial, sollte im Ghetto von Lodz schon bald wie im gesamten Lebensraum Ost unlösbar erscheinen. Die Tatsache, dass man den Warthegau als deutschen Siedlungsraum betrachtete, und in Lodz ein Umsiedlungszentrum errichtete wird dazu führen, dass hier die radikalste aller “Endlösungen” der Judenfrage eingeleitet wird ( wie auch Lublin welches ebenfalls jedoch im Generalgouvernement als Volksdeutsches Zenrum agieren sollte). Hierbei wird die kleine Stadt Chelmno (Kulmhof) in den Mittelpunkt der Geschehnisse treten in der man 1941 die ersten umfangreichen Gasmorde organisierte. Für die Deportationswege, der auszusiedelnden “minderwertigen Rassen” der Polen und Juden soweit dies noch möglich war hatte man in Posen ebenfalls eine “Zentralstelle für Auswanderung” aus diesem deutschen Lebensraum geschaffen kurz UWZ (Umwandererzentrale).

Polen, Ghetto Litzmannstadt, Torposten

1941 Zugang ins Ghetto mit Warntafel – „Wohngebiet der Juden betreten verboten“ (Quelle: Bundesarchiv Berlin)

In Baluty und Umgebung versucht man die nächsten Monate ein geregeltes Leben aufzunehmen. Unter dem Vorsitzenden Chaim Rumkowskis beginnt man ein Arbeitsamt, Krankenstation, ein Rumkowski- Gymnasium, Waisenhaus, eine kleine Stadt in einer Stadt einzurichten. Vorerst gibt es jedoch wenig Arbeit in diesem Ghetto die Kriminalität ist hoch. Doch schon zu Beginn steht fest wer Arbeit und Beziehung hat kann überleben. Die Möglichkeiten durch eine “Kanalisation” wie im Ghetto Warschau mit der Aussenwelt Schleichhandel zu betreiben, ist in Lodz nicht gegeben. Dies wird das Überleben der jüdischen Menschen in diesem Ghetto erschweren.

Quellen:

1) zu Himmlers Besuch am 6. Juni.1941 in Lodz siehe Saul Friedländer Jahre der Vernichtung S273

2)1 MAI LODZ aus Saul Friedländer Jahre der Vernichtung S130 zu Zahlen Fakten und Abriegelun zitierte er THE CHRONICL OF THE LODZ GHETTO LUCJAN DOBROSZYCKI NEW HAVEN 1984 –

 

3) zu den Volksdeutschen Ansiedlern siehe Peter Longerich Heinrich Himmler Biografie S468 wobei Longerich – Heinemann “Rasse” zitierte.

12 Februar- August -Generalgouvernement- Hans Franks Wille – Das Treffen mit Göring – Odilo Globocnik in Lublin

1940

Generalgouvernement

Odilo Globocnik

Odilo Globocnik

Odilo Globocnik- Werkzeug Himmlers in der Volkstumpolitik. In seinem Einflussgebiet Lublin kommt es von Anfang an zu radikalen Übergriffen, willkürlichen Arisierungen, Vertreibung, Zwangsarbeiterpolitik, Mord. Schlussendlich wird der SS Polizeiführer Lublin Brigadeführer (letzter Rang Gruppenführer) Globocnik zur treibenden Kraft hinter der „Aktion Reinhardt“ bzw „Abteilung Reinhardt“. Er wird zur zentralen Figur 1941/1943 hinter der systematischen Vernichtung der jüdischen Rasse in zentral bzw Osteuropa

„Anarchie der Vollmachten“

Die Situation im Generalgouvernement geriet außer Kontrolle. Hans Frank als oberster Verwaltungschef der Distriktbehörden (Generalgouverneur) und ab Februar/März sein Vertreter Ernst Zörner  Gouverneur des Distrikts Lublin, versuchten mit allen Mitteln die Kontrolle über das  kleine Reich zurück zu bekommen. Himmlers Stab, setzte sich weiterhin über alle Erwartungen der Distriktverwaltung hinweg. Im Raum Lublin kontrollierte SSPF -Brigadeführer Globocnik ein kleines SS Imperium. Der SS Polizeiführer ist Himmlers Vertrauter in Fragen der „Volkstumspolitik“. Hier im Raum Lublin und um das Gebiet Zamosz will man einen germanischen Grenzwall errichten. Das Zentrum zur  Germanisierung des Ostens soll hier entstehen. Globocnik erstes Projekt ist  ein Panzergraben an der Demarkationslinie zur Sowjetunion, ein „Schutzwall“ gegen den Osten. Um in seinem Einflussbereich die Kontrolle auszuüben und seine Interessen durchzusetzten baut der SS Polizeiführer Globocnik auf seinen Mitarbeiter Walter Gunst1 und dessen „Selbstschutz – Einheit“ aus vorwiegend Volksdeutschen Freiwilligen. Dieser Selbstschutz wird Globocniks Vorstellungen praktisch in die Tat umsetzen und ist bald schon nicht nur unter der Bevölkerung sondern bei den Zivilverwaltungsleitstellen gefürchtet. Diese Verbände waren seit Beginn des Krieges vor allem in Danzig- Westpreußen unter der Führung Ludwig von Alvensleben in Erscheinung getreten.  Zu seinen Aufgaben zählten die Liquidierung der polnischen „Intelligenz“, „Juden“, „Asozialer“ immer wieder in Zusammenarbeit mit den SS – Einsatzgruppen. Himmler hatte am Tag seiner Ernennung zum Volkskommissar zur Festigung des  deutschen Volkstums angeregt die Selbstschutzeinheiten als Teile der Ordnungspolizei aufzunehmen und diese in den vier Distrikten des Generalgouvernements zu gründen bzw. niederzulassen.  Formal unterstellt war dieser im Generalgouvernement dem Höheren SS und Polizeiführer Krüger. In Lublin jedoch hatte Globocnik ab November 1939 die volle Kontrolle über seine Einheit und seinem Kommandanten Gunst. Der SS Brigardeführer sieht das „Lubliner Land“  zwischen Weichsel San und Bug etwa 26 000 km² als sein persönliches Reich sowie Projekt entgegen aller Einwände ziviler Verwaltungsstellen. Gestützt auf Himmlers Einfluss als Reichsführer SS und Reichskommissar zur Festigung deutschen Volkstums beginnt Globocnik die ersten zwei SS Zwangsarbeiterlager in Lublin Krochmalna- Straße einzurichten. Willkürlich lässt er Dörfer und Fabriken, Firmen nach jüdischen Facharbeitern durchsuchen um diese dann für seine Projekte zu verhaften.

Dies führte nicht nur zu umfangreichen wirtschaftlichen Problemen, sondern auch zum Unmut der Verwaltungsbehörden. Max Frauendorfer der Chef der Hauptabteilung Arbeit des Generalgouvernements und der im März 1940 frisch designierte Gouverneur des Distrikts Lublin Emil Zörner werden immer wieder gegen die Methoden Globocniks Einspruch erheben. Die Zwangsverschickungen und Deportationen, die willkürlichen “Arisierungen” und die daraus entstehenden Streitigkeiten um jene Sachwerte aber auch „jüdische Facharbeiter“ veranlassten Hans Frank sich auf einer Besprechung mit Himmler und Göring seines Zeichens ”zweiten Mann des Staates”  und Chef des wirtschaftlichen Jahresplanes abzusichern. Am 24 März 1940 kommt es zu einem Treffen mit Himmler bei Göring in dessen Domizil Karinhall. Frank will Klarheit der Zuständigkeit zwischen seinen Zivilverwaltungsstellen und Himmlers Exekutivbehörden. SSPF Globocnik hatte in Lublin  eine Geschäftsstelle für arisierte Werte eingerichtet. Nach willkürlichen Verhaftungen, und Arisierungen brachte man das „Beutegut“ nach Lublin in die Chopin – Straße 27 das Zentrum des Lubliner Selbstschutzes in der man einen Handel mit diesen arisierten, sprich beschlagnahmten Wertgegenständen eingerichtet hatte. Ein Nebenverdienst aus dem man sich gerne finanzierte. Schon bald wird man das Generalgouvernement hinter vorgehaltener Hand als „Gangster – Gau “ bezeichnen.

Die Reichsbehörden, Parteikanzlei, Wehrmacht sowie Himmlers Polizeidienststellen sie alle versuchten mit einzelnen Vollmachten Kontrolle und Einfluss über das Generalgouvernement zu erlangen. Hans Frank wird dies später als  „Anarchie der Vollmachten“²  bezeichnen, die in seinem Einflussgebiet herrschten. Für ihn gab es nur eine Antwort, die Deportationen, Verhaftungen, Zwangsverschickungen sollten vorerst aufgehoben werden, zumindest wollte er genau informiert werden, auch wollte er das Generalgouvernement nicht als “Müllkippe” verkommen sehen, wie er es später noch betonen wird. Göring wird Franks Bitten nachkommen, aber auch Hitler hatte Verständnis  für seinen ehemaligen Anwalt. Himmler musste vorerst etwas zurückstecken, doch an der Situation im District Lublin änderte die Entscheidung Görings wenig.

Polen_umsiedlung_1940

Quelle: Bild Bundesarchiv – Polnische Umsiedler. Die umfangreichen Siedlungspläne der Nationalsozialisten also die „Germanisierung des Ostens “ war wesentlicher Bestandteil des Volkermordes an Polen, Juden, Sinti, Roma,  bzw allem „volksfremden Elementen“.

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12 APRIL

Nach dem Frank von Göring die erwünschten Zusicherung hatte, bekundete er, dass er die Mehrheit der ca 60 000 in Krakau ansässigen Juden vertreiben wolle. Frank äußerte sich folgendermaßen:

“Wenn die Autorität des nationalsozialistischen Reiches aufrecht erhalten werden solle, dann sei es unmöglich, dass die Repräsentanten dieses Reiches gezwungen seien, beim Betreten oder Verlassen des Hauses mit Juden zusammenzutreffen, dass sie der Gefahr unterlägen, von Seuchen befallen zu werden …” Krakau sollte “… die Juden reinste Stadt des Generalgouvernements …” werden. Nur so habe es einen Sinn, sie als deutsche Hauptstadt aufzubauen. Hierzu wollte er sogar einräumen “… den Juden zu gestatten, alles, was sie an Eigentum besäßen, mitzunehmen, mit Ausnahme natürlich von gestohlenen Gegenständen. Das Ghetto werde dann gesäubert werden und es werde möglich sein, saubere deutsche Wohnsiedlungen zu errichten, in denen man eine deutsche Luft atmen könne.”3

Bis 1941 sollte Frank seinen Willen bekommen. Krakau so betonte er solle bis auf etwa 5000 – 10 000 noch “gebrauchte” jüdische Handwerker,  durch Auswanderung und Vertreibung gereinigt werden. „Wenn das Reich hunderttausende von Juden in das Generalgouvernement abschieben könne, so Frank dann können auch noch 50 000 Juden aus Krakau untergebracht werden“

Die meisten Juden flohen bzw. zogen jedoch in die Peripherie um Krakau. Bis 15. August hatte man den jüdischen Menschen eine Frist gesetzt die Stadt frewillig zu verlassen und in eine beliebige Stadt des Generalgouvernements zu ziehen. Die einzelnen Distriktgouverneure hatte man dazu angehalten diese auch aufzunehmen. Jene die sich nach dem 15 August 1940 noch in der Stadt befanden wurden registriert und Zwangsweise in andere Städte deportiert. Die völkischen Probleme waren für die Nazis im Generalgouvernement also nicht gelöst, nur aufgeschoben. Auch in anderen Teilen des Gouvernements begann man mit solchen “Aktionen” wie in den Distrikthauptstädten Lublin oder Radom.

Frank wird begrüßt von Mädchen in ukrainischer Tracht. Selbst Nero hätte sich nicht besser darstellen können.

10 MAI – 12 JULI – POLEN AUSSERORDENTLICHE BEFRIEDUNGSAKTION- SONDERDIENST

Frank  erläuterte noch einmal Hitlers und seine Vorstellungen eines befriedeten Generalgouvernement. Er wiederholte im Mai noch einmal die Notwendigkeit die Führerschicht in Polen zu liquidieren und was “nachwachse” wieder wegzuschaffen. Hans Frank wörtlich “Wir brauchen diese Elemente nicht erst in Konzentrationslager des Reichs abzuschleppen, denn dann hätten wir nur Scherereien und einen unnötigen Briefwechsel mit den Familienangehörigen sondern wir liquidieren die Dinge im Lande. Wir werden es in Form tun die, die einfachste ist.”4  

Insgesamt hatte das  Generalgouvernement innerhalb weniger Wochen und Monaten etwa 200 000 zusätzliche Menschen aufgenommen. Bis Jahresende werden es trotz des späteren Deportation -Stops etwa 308 000 Juden und Polen sein.5 Die Städte in denen man verzweifelt versuchte die Juden zu konzentrieren waren vollkommen überfüllt. Schnell breiten sich Krankheiten aus, die Nahrungssituation verschlechterte sich rasant, es fehlte am Lebensnotwendigsten.

 

Durch die unkontrollierte Zwangsarbeiterpolitik und Arisierungen konnten auch Himmler und HSSPF Krüger Globocniks radikale Methoden, schlussendlich nicht länger decken. Er musste seinen “Selbstschutz” im August 1940 auflösen und Hans Frank der Generalgouverneur gründete stattdessen einen „Sonderdienst“ um solch heikle Fragen wie Enteignung und Vertreibung über die Zivilverwaltung selbst zu verfolgen. Der Sonderdienst war ab Mai 1940 als bewaffnete „Verwaltungsexekutive“ der Kreishauptleute  mit polizeilichen Funktionen ausgestattet. Auch er setzte sich hauptsächlich aus volksdeutschen Mitgliedern zusammen. Die Kompetenzstreitigkeiten zwischen zivilen Leitstellen und polizeilicher Exekutive sollten jedoch nicht enden. So ging die Zuständigkeit für den Sonderdienst im Januar 1943 wieder an den Reichsführer SS Heinrich Himmler der diesen dem Befehlshaber der Ordnungspolizei im Generalgouvernement sowie der SS Polizeigerichtsbarkeit unterstellte. Die Aufgaben bestanden hauptsächlich neben verwaltungstechnischen Aufgaben  Steuer, Kontingenteintreibungen, Preisüberwachungen, auch in der Überwachung von Deportationen jüdischer Menschen.

August – Lublin Zwangsarbeit

Im August 1940 bekundet Globocnik und seine Dienststellen, benötige er etwa 30 000 ungelernte Arbeitskräfte und 1000 Facharbeiter um den Bau des Ostwalls voranzutreiben und weitere Bauvorhaben in seinem Einflussgebiet umzusetzen. Weiters benötigte er etwa 3000 Arbeiter zur Errichtung des Lagers Belzec (Zwangsarbeiterlager – Belzec). In einem Rundschreiben vom 5 Juli 1940 formuliert es Max Frauendorfer Hauptabteilung Arbeit Generalgouvernement folgendermaßen:

Die Zuteilung jüdischer Arbeiter habe ausschließlich durch die Abteilung Arbeit der örtlichen Arbeitsämter zu erfolgen, außerdem stehe den jüdischen Arbeitskräften eine Bezahlung zu, wolle man, dass sie ihre Familien erhalten können. Ihr Lohn müsse 80 Prozent dessen erreichen, was ein Pole für die gleiche Arbeit erhielte. Für Globocnik und die SS inakzeptabel, jüdische Arbeiter die bezahlt werden sollten. Am 22 und 23 Juli kommt es daher wieder zu umfangreichen Razzien und Verhaftungen – In Lublin werden etwa 300 jüdische Menschen verhaftet. Tags darauf geht eine Beschwerde der Abteilung Arbeit bei Globocnik ein der sich jedoch unbekümmert zeigt. Globocniks Antwort soll folgendermaßen ausgefallen sein. Er erwarte in Kürze eine Änderung der „Arbeitspolitik“, bis dahin werde sich die SS die „Juden“ beschaffen die sie benötige.

Auf das Gespräch folgte ein Treffen mit Oberregierungsrat Jache „Leiter der Abteilung Arbeit“. Globocnik verzichtete vorerst auf weitere „Sondermaßnahmen“ – Im Gegenzug legalisierte Jache Globocniks Aktion in dem er einen Antrag auf die zuletzt festgesetzten Juden als  reguläre Arbeitskräfte rückdatierte und bewilligte. Das grundlegende Problem blieb jedoch für beide Seiten vorerst ungeregelt. Deshalb berief man für den 6 August eine Sitzung in Lublin ein. Der Kärntner SS Untersturmführer Karl Hofbauer  war als Vertretung für Globocnik anwesend.  Für die Abteilung Arbeit Max Frauendorfer. Schlussendlich einigte man sich auf die Zusammenarbeit im „Einvernehmen mit den zuständigen Arbeitsämtern“, die Globocnik noch versicherten in Zukunft mehr Arbeitskräfte zu Verfügung zu stellen. Hierzu wollte man auch auf jüdische Arbeiter aus dem District Warschau sowie Radom zurückgreifen. Im Gegenzug sollte der SSPF Globocnik seine „Sondermaßnahmen“ in Absprache mit dem Arbeitsamt abhalten, so dass die von ihm eingesetzten jüdischen Arbeiter in einer Kartei des Arbeitsamtes erfasst werden könnten. In diesem Sinne wollte man zukünftig die jüdischen Arbeiter im Generalgouvernement gerechter unter den verschiedenen Interessenten an Zwangsarbeit aufteilen. Man einigte sich auf eine prozentuelle Aufteilung des jüdischen Zwangsarbeiterpotentials. Globocnik durfte also weiterhin seine Verhaftungen durchführen und diesesmal im Einvernehmen mit der Zivilleitstelle, die sich nun in letzter Konsequenz nicht um eine „Bereitstellung“ der Arbeitskräfte kümmern musste, wenn der SSPF diese selbst und für das Arbeitsamt verhaftete. So kommt es schon am 9 August zu einer neuerlichen „Aktion“  mit dem Decknamen „Stiglitz“. Unterstützt wird „Globo“ wie ihn seine Freunde nennen, durch das aus Hamburg stammende Polizeibataillon 104 – Doch die Aktion wurde schlussendlich kein Erfolg, jemand hatte die jüdischen Menschen gewarnt. Wie abzusehen hielt sich Globocnik nicht lange an die Vereinbarungen mit den Ämtern, schon im Herbst beginnen neuerlich Auseinandersetzungen um die jüdischen Zwangsarbeiter .

Quellen:

ANARCHIE DER VOLLMACHTEN

1) Zu Globocniks Reich in Lublin, Panzergraben, Zwangsarbeiterlager, sowie Auseinandersetzungen mit Zivilleitstellen u Aktion „Stiglitz“siehe Dr.Johannes Sachslehner  Globocnik Biografie – Zwei Millionen ham`ma erledigt – Odilio Globocnik Hitlers Manager des Todes  S 104 – S 112

zu Himmler und Selbstschutz bzw Chopin- Strasse oder Walter Gunst siehe Peter Black- Globocnik Biografie.pdf DÖW Wien S99 – S 101 im Internet oder hier auf Shoaportal in der Bibliographie zu finden –

2) Der Auspruch Hans Franks Anarchie der Vollmachten ist aus Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte Jahrgang 19 1971 Heft 3 Christoph Klessmann HANS FRANK – zum Treffen mit Göring 24.3.1940 siehe zb Robert Gerwath Heydrich Biografie S 200 – dieser zitierte Browning die Entfesselung der Endlösung S111.

3) 12 April zu Hans Franks Rede siehe SAUL FRIEDLÄNDER JAHRE DER VERNICHTUNG S62 ERSTE WRB V TEIL TERROR 127 oder Raul Hilberg Die Vernichtung der europäischen Juden S218 – Es handelt sich hierbei um seine Rede bei einer Besprechung der Hauptabteilungsleiter  vom 12 April aus Franks Tagebuch PS – 2233 – Hilberg betont noch das bis September die Zahl der jüdischen Menschen in Krakau auf etwa 80 000 angestiegen war. Zahl ist aus : Dr Dietrich Redecker „Deutsche Ordnung kehrt im Ghetto ein “ Krakauer Zeitung 13 März 1940 – Zum 15 August siehe ebenfalls Hilberg S218 er entnahm diese Information ebenfalls der Krakauer Zeitung vom 6 August 1940

4) 10 Mai – 12 Juli  zu Hans Franks Aussage siehe Dr Sachslehner – Der Tod ist ein Meister aus Wien – Leben und Taten des Leopold Amon Göd  S56

5) zu Franks Sonderdienst und Zahlen zu Deportationen in das Generalgouvernement Saul Friedländer Jahre der Vernichtung S61 /S62

6) zu Selbstschutz siehe z.b Enzyklopädie des Nationalsozialismus S791/792 bzw Sonderdienst S802 herausgegeben von Wolfgang Benz Hermann Graml und Hermann Weiß

7) Zu August Lublin Zwangsarbeit siehe Dr.Johannes Sachslehner  Globocnik Biografie – Zwei Millionen ham`ma erledigt – Odilio Globocnik Hitlers Manager des Todes S106/107

 

30 Januar – Der “Kleine” Generalstabsplan – „Fernpläne“

index

Reinhard Heydrich Quelle: DHM Deutsches historisches Museum

Ohne Kontrolle hatte man lange Zeit die Deportationen und Vertreibungen in den polnischen Ostgebieten betrieben. Seit November jedoch versucht man einen geregelten Weg in der Volkstumspolitik einzuschlagen, hierzu ernennt Heydrich Adolf Eichmann am 21 Dez zum Sonderbeauftragten für die “zentrale Bearbeitung der Sicherheitspolizeilichen Angelegenheiten bei der Durchführung der Räumung im Ostraum.” Der erste Plan, den man schon im November 39 entworfen hatte, der sogenannte Nahplan sah vor etwa 80 000 jüdische und polnische Menschen aus dem Warthegau in das Generalgouvernement zu deportieren um anscheinend die schlimmsten Missstände zu beheben, da man die Volksdeutschen Ansiedler provisorisch in Lagern untergebracht hatte. Zwischen 1 und 17 Dezember deportierte man im Verlauf dieses Plans 87 000 Mensch ins Generalgouvernement, mehr als eigentlich vorgesehen war. Der zweite Plan  sah vor in den ersten Monaten 1940 aus dem besetzten polnischen Gebieten, etwa 600 000 zusätzliche jüdische Menschen im Generalgouvernement zu konzentrieren. Angesichts des Raummangels erscheinen diese Pläne jedoch schwierig umzusetzen, eine wirkliche Lösung unter diesen räumlich “beengten” Bedingungen nur schwer vorstellbar. Am 23 Jänner legte nun der Chef der Planungshauptabteilung einen Generalplan vor in dessen Verlauf man etwa 3.4 Millionen Polen und etwa 560 000 Juden in das Generalgouvernement abschieben wollte. Dieser Generalplan hätte wahrscheinlich sämtliche Siedlungsprobleme des Warthegaus auf einen Schlag lösen sollen. Die Folgen für das Generalgouvernement wären jedoch sicherlich gravierend gewesen.

Polen 1939_1944

Polnische Umsiedler – 1939/1944 Quelle: Bundesarchiv Berlin

Am 30 Januar fällt Heydrich anscheinend eine Kompromisslösung. Das restlos überfüllte Generalgouvernement sollte vorerst “verschont” werden. Heydrich´s Plan sah vor etwa eine Million Polen in das Altreich zum Arbeitseinsatz zu verschicken. In das Generalgouvernement sollten nur so viele Menschen aus dem Warthegau deportiert werden, als man wirklich Platz benötigte um die neuen anzusiedelnden Baltendeutschen und Wolynien Deutschen unterzubringen, also bei etwa 40 000 Juden und Polen. Dies scheint die Kompromisslösung die für Heydrich angesichts der sich immer weiter zuspitzenden Lage im Ostraum nahelag. Für einen späteren Zeitraum sah man jedoch vor nicht nur aus den neuen polnischen Ostprovinzen, sondern sämtliche Juden das heißt auch aus dem Großreich selbst, im Generalgouvernement zu konzentrieren. Aus Sicht der Planer innerhalb des Reichsicherheitshauptamtes, zu dieser Zeit die einzige Lösungsmöglichkeit um nicht nur die Frage der “minderwertigen Rassen” sondern auch die Frage des deutschen Siedlungsraumes zu lösen Für Hans Franks Generalgouvernement bedeutet dies jedoch dass sein Herrschaftsgebiet zum größten Teil von “minderwertigen Blut” und von dem aus seiner Sicht “verseuchten” Abschaum der Juden besiedelt werden sollte. Ein Zustand den er nicht akzeptieren sollte. Aus seiner Sicht sollte im Generalgouvernement die “gleiche deutsche Luft” geatmet werden können wie in allen anderen Ostprovinzen.

Quellen:

KLEINE GENERALSTABSPLAN: siehe zu allen Einträgen  Heinrich Himmler Biografie Peter Longerich 
zu dem Nahplan im November siehe Schreiben Heydrichs an die HSSPF Krakau. Breslau, Posen und Danzig
sowie Fernschreiben betr. Einzelheiten des Nahplans vom 28 Nov 1939 aus : Biuletyn Glownej Komisji Badania Zbrodni
Niemieckich w Polsce 12. Dokumente 4 und 5 undatierter nicht gezeichneter Entwurf des Fernplans vermutlich Abteilung III RSHA
BAB R 69/1146 ediert von Karl Heinz Roth in 1999 11 [1997] S50-71 zur Tatsächlichen Zahl zwischen 1 -17 DEZ
BAB Schreiben HSSPF Koppe an RSHA , Posen 18 Dez 1939 gedr. in Biuletyn Glownej Komisji Badania Zbrodni
Niemieckich w Polsce 12. DOK NR 8

29 September Hitler über Kielce – Generalgouvernement

29 SEPTEMBER

Hitler erläutert dem Parteiideologen Alfred Rosenberg seine Pläne mit Polen, und seine Eindrücke die er nach einer Reise durch das Judenviertel von Kielce hatte. Die Polen seien: „Eine dünne germanische Schicht, unten ein furchtbares Material. Die Juden das Grauenhafteste, was man sich überhaupt vorstellen kann. Die Städte starrend vor Schmutz. Er habe viel gelernt in diesen Wochen . … Hier könne nur eine zielsichere Herrenhand regieren. Er wollte das jetzt festgelegte in drei Streifen teilen :“ 1. zwischen Weichsel und Bug : Das gesamte Judentum (auch aus dem Reich), sowie alle irgendwie unzuverlässigen Elemente. An der Weichsel einen unbezwingbaren Ostwall – noch stärker als im Westen. 2. An der bisherigen Grenze ein breiter Gürtel der Germanisierung und Kolonisierung. Hier käme eine große Aufgabe für das gesamte Volk: eine deutsche Kornkammer zu schaffen starkes Bauerntum, gute Deutsche aus aller Welt umzusiedeln. 3 Dazwischen eine polnische Staatlichkeit [A.n.m des Autors – Generalgouvernement]. Ob nach Jahrzehnten der Siedlungsgürtel vorgeschoben werden kann, muss die Zukunft erweisen .“

Im Endeffekt wird das Generalgouvernement nicht nur zwischen Weichsel und Bug jüdische Menschen beherbergen, da die Zahl von geschätzten 1,7 – 2 Millionen Menschen hier kaum eine Lösung in diesem beengten Raum bringen konnte, worin man auch die Mehrheit der Polen zu deportieren suchte Am 26. Oktober 1939 unterstellte man das Generalgouvernement einer Zivilverwaltung. Anfang 1940 wird die Unterteilung der von den Nazis beanspruchten polnischen Gebiete, folgendermaßen aussehen (Bild oben). Die Vorstellungen Hitlers zu dieser Zeit der Endlösung der „Judenfrage“ zwischen Weichsel und Bug werden jedoch in einem anderen Zusammenhang Gestalt annehmen, denn hier wird man schon bald die Vernichtungslager errichten. Der Teil zwischen Reichsgrenze und Sowjetgrenze ist das Stück Restpolen welches jedoch unter deutscher Militär und Zivilverwaltung stand (Generalgouvernement). Vorerst beanspruchen die Nazideutschen dieses Gebiet nicht als deutschen Siedlungsraum, deshalb gehört es nicht wie oben zu erkennen zum Grossreichsgebiet. Unter Hans Franks Herrschaft, wird das Generalgouvernement jedoch unter neuen Gesichtspunkten betrachtet werden.

1939 4 – 18 Oktober Ghetto Warschau, Generalgouvernement, Hitler, SS Sondergerichtsbarkeit

Noch heute zeugen Filmdokumente, vom regen jüdischen Leben in Warschau, vor der Besetzung der Nationalsozialisten. Dieses Bild wurde 1938 aufgenommen.

4 OKTOBER

Im Zuge der nun einzurichtenden Judenräte wird Adam Cherniakov zum Vorsitzenden des Ghettos in Warschau ernannt. Die Judenräte und ihre Vorsitzenden waren für alle Befehle Fragen und Anordnungen der Deutschen innerhalb ihres Ghettos verantwortlich Die Judenräte und ihre Vorsitzenden waren somit dreh – und Angelpunkt aller Verhandlungen mit den Nazideutschen .

6 OKTOBER

Der sogenannte „Friedensappell“ Hitlers an die Welt

12 OKTOBER

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Hitler unterteilt Polen in Gaue: Danzig Westpreußen, Reichsgau Posen (ab Jänner 1940 WARTHELAND oder WARTHEGAU), das Generalgouvernement, Ostoberschlesien und eine kleines Stück Restpolen. Das Generalgouvernement um Warschau sollte das Herzstück der neuen Gebiete sein es unterteilte sich abermals in 4 Distrikte Warschau, Krakau , Lublin und Radom. Hitler gliederte später die Stadt Lietzmannstadt (LODZ ) an den Warthegau an und befahl die Deportation der dort in hoher Anzahl lebenden Juden 300 000 in das Generalgouvernement wo man Polen und Juden vorerst konzentrieren sollte. In jedem der Distrikte des Generalgouvernements entstanden in Folge Ghettos. Der Reichsgau Posen später Warthegau genannt sollte so als Erstes von allen, Juden, „Gesindel“ und auch Polen „gesäubert“ werden und eben den ersten Volksdeutschen Siedlern im Osten die Grundlage zu bieten.

17 OKTOBER

AUSSCHALTUNG DER ALLGEMEINEN RECHTS – VORSCHRIFTEN – SS-SONDERGERICHTSBARKEIT

Um mögliche gesetzliche Problemstellungen der SS aus dem Weg zu gehen wird am 17 Oktober durch die Verordnung der Reichsvereinigung des Ministerrats die SONDERGERICHTSBARKEIT für die SS eingeführt. Dies bedeutete, das Strafsachen während des Krieges von eigenen SS Sondergerichten verhandelt wurden, wobei man „…die allgemeinen Strafgesetzte von SS und Polizeigerichten entsprechend den Grundanschauungen der SS auszulegen seien .“ wie es am 11.11 1942 das SS Gerichtshauptamt formulierte. Einen Hinweis warum man eiligst versuchte eine eigene Gerichtsbarkeit für die SS Einheiten zu bekommen erhalten wir gleich einen Tag darauf in Hitlers Rede. In diesem Sinn verbat sich Himmler gegenüber der Presse jede Berichterstattung über SS und Polizeigerichtsverhandlungen. Himmler hatte hier ganz gezielt dafür gesorgt, seine Männern zu schützen, die sich auf Grund ihrer Befehle außerhalb jeder Rechtsnorm bewegten, so auch keine radikalen rechtlichen Konsequenzen drohten.

(Verordnung über die Sondergerichtsbarkeit in Strafsachen für Angehörige der SS und für die Angehörigen der Polizeiverbände bei besonderem Einsatz vom 17.10.1939 – RGBl. I, 2107 – in Verbindung mit dem Erlass des Reichsführers-SS und Chefs der deutschen Polizei vom 9.4.1940 – XXI (RA III), Bew.St.12a). Die Unterstellung unter diese Sondergerichtsbarkeit, die aus guten Gründen den an den Massenmorden beteiligten Personenkreis der Zuständigkeit der Kriegsgerichte entzog, hatte für die Angehörigen dieser Verbände die sinngemässe Anwendung der Vorschriften des Militärstrafgesetzbuches (MilStGB) und der Militärstrafgerichtsordnung sowie die Zuständigkeit der SS- und Polizeigerichte zur Folge (vgl. BGHSt. 5, 239 ff.).

            zitiert nach : LG München I vom 21.1.1965, 110 Ks 3/64 (Belzec Prozess)

18 OKTOBER

Hitler bekräftigt nun seine Pläne über die Tatsache des Volkskampfes in Polen, vor Generälen Offizieren und hohen Parteifunktionären erläutert er:

„Die Durchführung bedingt einen harten Volkstumskampf, der keine gesetzlichen Bedingungen gestattet. Die Methoden werden mit unseren sonstigen Prinzipien unvereinbar sein … Verhindern das sich die polnische Intelligenz sich zu einer Führungsschicht aufwirft. … [Es sollte ermöglicht werden ] das alte und neue Reichsgebiet zu säubern von Juden, Polacken und Gesindel.“

Am selben Tag präsentierte Eichmann den Nisko Plan. Es ging hier um die Konzentrierung der Juden in NISKO an der SAN

Ein Überblick über das Jahr 1939

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Adolf Hitler wie ihn das Volk täglich sah, Millionen dieser Bilder hingen in den Wohnungen der Menschen. Was sich hinter dieser Fassade abspielte wollten viele nicht sehen und dies  ganz bewusst.

Nach dem in Kraft treten des Hitler Stalin Paktes (sowie spätere Grenzabkommen) und der Niederlage Polens, begannen die Nationalsozialisten sofort ihre Pläne des neu einzugliedernden Lebensraum Ost in Form von völkischen Neuordnungen zu gestalten. Westpolen sollte nicht nur von neuen deutschen Ansiedlern bevölkert werden, sondern wie es die Nazidiktion formulierte sollte “ der gesamte Völkerbrei „  aufgelöst werden. Hierzu hatte der Sicherheitsdienst unter Himmlers und Heydrichs Führung spezielle Truppen gebildet die einige Tage nach dem militärischen Vorrücken der Wehrmacht in Polen einrückten, um zuerst „strategische Liquidationen „ vorzunehmen und dann jene völkischen Umsiedlungsaktionen begannen deren weitreichende Konsequenz die vollkommene „Reinigung“ Polens von „rassisch minderwertigen Völkern“ wie Juden Zigeunern, aber auch den Slawen sein sollte. Die Völkerverschiebungen die man in Polen begann, die hunderttausende Menschen betraf die sich aber schlussendlich auf Millionen ausweiteten sollten, kamen schnell an die Grenzen, ihrer Durchführbarkeit. Zuerst begann man Polen in mehrere Teile zu unterteilen, deren Kern die drei großen Abschnitte Danzig-Westpreußen (ehemalige Korridor), den Warthegau und das Generalgouvernement (kleine Stück Restpolen) waren.

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Danzig Westpreußen und vor allem das Wartheland sollten hierbei den Kern des neuen deutschen Siedlungsgebiet stellen. Man betrachtete vorerst das Generalgouvernement um Warschau Krakau bis an die (Sowjetgrenze den Fluss Bug) als jenen Raum den man für die aus dem deutschen Siedlungsgebiet auszusiedelnden Völker der Juden, Polen, Sinti und Roma vorsah. Die Nationalsozialisten hatten jedoch viele schwerwiegende Faktoren maßgeblich unterschätzt, auch hatte man keinen Gesamtplan entworfen um solch riesige Völkerverschiebungen durchzuführen. Man glaubte anscheinend im Schatten der vorrückenden Front die gröbsten „völkischen Probleme“ lösen zu können. Ein folgenschwerer Fehler, denn nicht nur dass man sofort nach der Landnahme in Polen begann, umfangreiche Ansiedlungsprogramme deutscher Minderheiten aus dem ganzen Osten bis in die Sowjetunion in einem umfangreichen Programm mit dem bezeichnenden Namen „Heim ins Reich“ zu starten, hatte man das „Judenproblem“, wie es sich die nationalsozialistischen Führer später eingestanden, maßgeblich unterschätzt. Die jüdische Bevölkerung Polens die seit Jahrhunderten auf diesem Gebiet siedelte bezifferte sich im deutsch besetzten Teil etwa auf zwei Millionen Menschen, dazu kamen Millionen Polen, die man umzusiedeln hatte und eben jene hunderttausenden Volksdeutschen die sich nach und nach dem verführerischen Angebot Hitlers Heim in Reich angeschlossen hatten. Die Deportationszüge die in den ersten Wochen begonnen hatten, waren unkontrolliert in alle Richtungen gegangen. Man arisiert, mordet und vertreibt willkürlich. Im Generalgouvernement muss Platz geschaffen werden um die jüdische Bevölkerung des Warthe-Gaues und des deutschen Siedlungsraumes aufzunehmen. Also beginnt man dort mit der Vertreibung und „Umvolkung“ polnischer Menschen. Die Polen zieht es nun vielfach in das Umland des Generalgouvernements zurück, in den deutschen Lebensraum wo jedoch schon jene „Balten oder Wolynien – Deutschen“ des Ostens warten um „angesiedelt“ zu werden. Das Chaos ist perfekt. Mitten drinnen ziehen Heydrichs Einsatzgruppen durch das Land, versuchen die führenden Köpfe Polens zu fangen und zu liquidieren. Andere Einsatzgruppen und auch staatliche Stellen beginnen Polen zu vertreiben, und jüdische Unternehmen zu arisieren, um den neuen deutschen Siedlern Grundlage zu bieten. Es ist also kein Wunder, dass die Siedlungsvorstellungen der Nationalsozialisten schnell an ihre Grenzen stießen. Zu umfangreich sind die „völkischen Verschiebungen“ die notwendig erscheinen, um den deutschen Lebensraum zu erschließen. Jene erweisen sich vorerst als unmöglich. Dies ist jedoch einer der wesentlichen zentralen Punkte der die nächsten Jahre jene Politik gegenüber den jüdischen Menschen einleiten wird der durch weitere Faktoren radikalisiert, die Grundlage für die Vernichtung darbot. Die Juden sind für die nationalsozialistischen Führer nicht nur die minderwertigste Rasse, sondern auch noch politisches Feindbild kommunistische, kapitalistische Verbrecher. Das „Judenproblem“ ist für die Nationalsozialisten das grundlegende Problem, des Ostens, welches angesichts der Siedlungspläne gelöst werden muss. Auch wenn das Jahr 1939 mit der Vernichtung der jüdischen Menschen augenscheinlich am wenigsten zu tun hat, da es hier noch keine Vernichtungslager gibt wird hier schon jene Grundlage einer Politik eingeleitet, die nicht nur mit reinem Antisemitismus, sondern mit realen Siedlungsproblemen und nationalsozialistischer kolonialer Träume zu tun hat. Dieses Kernproblem wird Himmler und Hitler 1940 beschäftigen, wobei man mit unterschiedlichsten „Siedlungsprojekten“ außerhalb deutschen Lebensraums versuchen wird, jenen Raum zu schaffen, um das Kernland des deutschen Siedlungsgebietes aber auch das Großreich selbst vor allem Wien, Böhmen, und das Sudetenland von Juden zu reinigen. Das Mittel hierzu – Deportationen in jenen Teil des Ostens zwischen Weichsel und Bug, den Distrikt Lublin ein Teil jenes Generalgouvernement (kleine Stück Restpolens) welches unter deutscher Verwaltung stand. Das Generalgouvernement wird an die Grenzen seiner Aufnahmefähigkeit stoßen. Die begrenzten Möglichkeiten dieses Raumes, der als Kernland nicht nur alle jüdischen Menschen, sondern vorwiegend auch für Polen vorgesehen ist, wird bald zum Schauplatz, epidemieartig auftretender Krankheiten, unzureichender Nahrungsversorgung und weitreichenden Platzmangel.

Gesetze und Verordnungen gegen jüdische Menschen 1939

1 DEZEMBER

Ab 1.Dezember 1939 mussten die unter deutsche Herrschaft geratenen Juden im Generalgouvernement einen blauen Judenstern auf einer weißen Armbinde tragen. Die Verordnung galt für Juden die älter als 10 Jahre waren und wurde formell erst am 27 Juli 1940 im Generalgouvernement umgesetzt, im Warthegau galt die Verordnung schon Ende des Jahres 1939.

Die umfangreichen Verordnungen die man bis Ende 1939 erlassen hatte waren für die jüdischen Menschen kaum mehr überschaubar. Doch sollten diese noch lange nicht zu Ende sein. Seit Anfang 33 und der Verordnung des Reichspräsidenten „zum Schutz von Volk und Staat“ (28.2 ) kamen jährlich unzählige Erlässe Verordnungen und Gesetze hinzu. Sie reichten von dem systematischen Ausschluss der Menschen aus der Gesellschaft, bis zu ihrer Enteignung und schlussendlich bis zu der Aberkennung ihrer Staatsbürgerschaft die sie zu rechtslosen Existenzen degradierten. Dies erleichterte den Nationalsozialisten die Tötung und Enteignung der Menschen innerhalb einer pervertierten Rechtsnorm.

Juden gesetzliche Verordnungen 1939Juden gesetzliche Verordnungen 19392

Aus dem Sachverzeichnis Deutsches Reichsgesetzblatt Teil 1 1939 (Quelle ÖNB Projekt ALEX)

Es ist eine Zusammenfassung der Verordnungen und Gesetze die 1939 im Großdeutschen Reichsgebiet unter der Kategorie „Juden“ erlassen wurden. Teilweise sind es Ergänzungen und Ausweitungen schon beschlossener Verordnungen auf das erst angeschlossene „Sudetenland“ als auch auf die „Ostmark“


Blut und Boden – Heim ins Reich – Der Niskoplan 1939

DAS CHAOS DER UMSIEDLUNGEN- OKTOBER

Ankunft von

Volksdeutsche die nun aus dem ganzen Osten ins Reich kommen, auch hier nach Ostpreußen. Etwa 10 Millionen Volksdeutsche lebten im ganzen Osten verteilt, vermuteten die Nationalsozialisten. Feierlich empfängt man die Ankömmlinge auch wenn man ihnen in vielen Fällen noch keine Existenz bieten kann. Kurzerhand enteignet man die einheimische mehrheitlich polnische, bzw jüdische Bevölkerung um sie dann weiter in den Osten ins Generalgouvernement (kleines Stück Restpolens ) zu deportieren. (Bild: Preußischer Kulturbesitz)

BLUT UND BODEN

walther Darre 1937

Walther Darre 1937 „Blut und Boden“ Kult- Land bedeutet Nahrung – Nahrung bedeutet Volk –  Volk bedeutet  Blut – und Blut benötigt Boden. Ohne Boden keine Nahrung also kein Volk. Blut und Boden sind somit untrennbar mit- einander verknüpft. In diesem Existenzkampf, gelte vor allem das Recht des Stärkeren – Dies war die Grundlage allen nationalsozialistischen Verständnisses, das Wesen dieser Bewegung. Diese Lehren aus den Nahrungsmittelkatastrophen vor allem des 19 Jahrhunderts sowie aus den Erfahrungen des ersten Weltkrieges waren untrennbar auch mit allen rassischen Vorstellungen verbunden.

Richard Walther Darre ideologischer Schirmherr des Blut und Boden Kultes leitete seit 1930 das landwirtschaftliche Agrarprogramm der NSDAP. Ab 1931 führte er auch das RUSHA Rasse und Siedlungs Hauptamt der SS.  Am 29 Juni 1933 ernannte ihn Hitler zum Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft – Als ideologischer Vorbereiter in der NSDAP für den Lebenskampf des deutschen Reiches im Kampf um Blut und Boden, war Darre davon ausgegangen er würde einst ein zentrale Rolle in den neu besetzten Kolonien Polens erhalten. Als Hitler, Himmler am 7 Oktober 39 zum „Reichskommissar zur Festigung deutschen Volkstums“ ernannte für die neu besetzten Ostgebiete, gab Darre laut Überlieferung seiner Enttäuschung darüber Ausdruck. Er der schon in jungen Jahren sich begeistert von Atamanen Kult und Agrarier – Bewegungen zeigte, und sich 1930 der NSDAP anschloss hatte mit der Gründung des RNS – Reichsnährstandes die damals größte Wirtschaftsorganisation der Welt begründet. Mit einem jährlichen Umsatz von 100 000 Millionen Reichsmark kontrollierte diese Organisation nicht nur die Landwirtschaft und deren Produktion sondern auch den Lebensmittelhandel des Reiches. Die wesentlichen Verbindungen zwischen SS, Partei und Agrarierbewegung waren auch seinen Iniativen zu verdanken. Darre  war einer der Begründer des Rasse Siedlungshauptamtes – und des Gedankens die SS zu einer rassischen Elite entwickeln zu wollen. In ihm vereinigten sich viele jener Grundlagen der nationalsozialistischen Idee die schlussendlich auch Grundlage für den Völkermord boten. In einer Rede 1936 vor seinem Mitarbeiterstab betonte Darre die Zukunft des Reiches folgendermaßen:

„Der natürliche Siedlungsraum des deutschen Volkes ist das Gebiet östlich unserer Reichsgrenze  bis zum Ural, im Süden begrenzt durch Kaukasus, Kaspisches Meer und die Wasserscheide, welche das Mittelmeerbecken von der Ostsee und Nordsee trennt. In diesem Raum werden wir siedeln, nach dem Gesetz, daß das fähigere Volk immer das Recht hat, die Scholle eines unfähigeren Volkes zu erobern und zu besitzen.“

Himmler sah unterdessen seine Möglichkeiten im Osten, jenes neue deutsche Siedlungsgebiet, zu „germanisieren“ als einen Lebenstraum dessen Grundsteinlegung er nun vornehmen wollte. Er entwarf nicht nur Pläne für neue umfassende Umsiedlungen ganzer Volksteile, sondern spielte mit dem Gedanken ein Wehrbauerntum anzusiedeln dessen Siedlungsgebiet die neuen Grenzen Germanias schützen sollten, Gedanken die auch sein langjähriger Wegbegleiter Darre vertrat. Man war davon überzeugt historisch gesehen auf „deutschen – germanischen“ Lebensraum zu stehen. In diesem Sinn und ohne Rücksicht auf die ansässige Bevölkerungen, beginnen die größten ethnischen Umsiedelungsaktionen deutsch polnischer Geschichte. Wahllos begannen Säuberungswellen der „Sondereinheiten“ und „Selbstschutzeinheiten“ mit Vertreibungen, Verhaftungen Mord und Arisierung. Was nicht getötet wurde, wurde vertrieben oder verschleppt. Der Lebensraum Ost soll so schnell wie möglich rassisch gegliedert und gesäubert werden. In diesem Sinne ergehen nun Pläne zur Konzentrierung jüdischer Bevölkerung, aber auch zur Ansiedlung und Umsiedlung der Polen. Noch dazu hatte man das Programm erweitert dessen Sinn darin bestand deutsche Minderheiten aus dem ganzen Osten zurück zu holen und im neuen Lebensraum Ost anzusiedeln. Diesem Programm „Heim ins Reich“ folgten schlussendlich hunderttausende deutschstämmige Menschen aus allen Ostgebieten aber auch aus dem Reich, um ihr Glück in den neuen Gebieten zu versuchen.

Die jüdische Frage 1939

NISKO – PROVISORIUM JUDENRESERVAT

Leopold Sonnenfeld 20 Okt 1939 deportiert

Inzwischen ist die G’schicht kommen mit dem Verschicken. Da sind wir in die Seitenstettengasse reingeholt worden, der Tempel war ja dann zu einem Lager umgearbeitet. Und es hat geheißen, im Oktober muss ich weg, muss ich Österreich verlassen. Wir müssen uns in Polen ansiedeln. Wir sind dann gesammelt worden, und am 20. Oktober 1939 sind wir weggefahren vom Aspangbahnhof.

Leopold Sonnenfeld aus Wien  quelle döw wien

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Auch die Gestapo Wien hielt den Transport vom 20. Oktober 1939 in ihren Berichten fest, ein Plan den man schlussendlich verwarf. Die von Eichmann vor dem Stop des Projektes noch organisierten Transporte wurden jedoch noch durchgeführt. (Quelle: Anhang unten)

Die Geschichte Niskos ist eine ungewöhnliche, sie steht zu Beginn der Neuordnung Polens durch die Nationalsozialisten. Hitler will die Judenfrage an der Pheripherie des Reiches lösen. In Wien und der Tschechei (Prag) leben die meisten jüdischen Menschen, für sie will er eine Lösung finden. Nach dem Hitler Stalin Pakt ist die neue Grenzziehung mit der Sowjetunion jedoch noch nicht klar. Mitte Ende September verhandelt man noch mit Stalin, wie das ehemalige Gebiet Polens zukünftig aussehen und aufgeteilt wird. Hitler lässt Stalin seine Vorstellungen eines Raumes für polnische und jüdische Menschen vermitteln ein Stückchen Restpolen soll erhalten bleiben. Durch den Hitler Stalin Pakt ist jedoch so ein Raum nicht vorgesehen. Die Sowjetgrenze verläuft an den Flüssen, San, Weichsel, Narew und grenzt unmittelbar an das Reichsgebiet. Stalin ist jedoch interessiert an Hitlers Vorschlag. Er erklärte sich anscheinend bereit die Grenze an den Fluss Bug zurück zu nehmen, wenn Hitler ihm im Gegenzug freie Hand in Baltikum (Litauen) überlässt. Hitler ist einverstanden und am 28 September 1939 wurde das nazideutsch – sowjetische Grenzabkommen in Moskau unterzeichnet. Nun hatte man Raum gewonnen. Man wird es bald Generalgouvernement (bzw District Lublin) nennen. Doch noch wusste man nicht wie die rassischen Siedlungspläne aussehen sollten. Volksdeutsche aus dem ganzen Osten folgten dem nationalsozialistischen Aufruf Heim ins Reich – Polen und jüdische Menschen wurden um – und ausgesiedelt doch wohin ist noch unklar. In dieser Zeit beginnt Adolf Eichmann in Wien nach dem er den Befehl erhalten hatte eine Lösung der Judenfrage für Wien und Prag (Ostrau) möglicherweise auch für das Altreich anzustreben, nach einem passenden Ort zu suchen. Doch als Eichmann diesen findet weiß er noch nicht, dass seine Vorstellungen und Planungen nicht mit den Vorstellungen und Raumplanungen der Führung des Reiches übereinstimmen. Am 25 Oktober sollte die Zivilverwaltung die Militärverwaltung ablösen. Himmler hatte unterdessen seine eigenen Projekte und versuchte einen zentralen Plan für die gesamten Um – und Aussiedelungsaktionen der neu besetzten Gebiete (auch Reichsgebiet) zu organisieren. Hierzu ernannte er am 8 November Bruno Streckenbach zum Leiter der „Zentralplanung der Ansiedlung bzw Evakuierung im Ostraum“. Heydrich ernannte daraufhin Eichmann am 21 Dezember zum Sonderreferenten für die „zentrale Bearbeitung der sicherheitspolizeilichen Angelegenheiten bei der Durchführung der Räumung im Ostraum“. Interessant hierbei zu beobachten ist wie nun einerseits von Himmlers Referenten und aus dem RSHA sprich von Heydrich unterschiedliche Pläne zur Lösung der „völkischen Probleme “ im Ostraum entstehen. Für den 30 Oktober kündigte Himmler einen ersten umfassenden Plan zur Umsiedlung von Polen und Juden an der bis Ende 1940 abgeschlossen sein sollte.  Für das Projekt Nisko war dies jedoch das Ende.

6 – 20 Oktober 1939

Nisko ist von Anfang an ein provisorisches Projekt. Als Eichmann beauftragt wurde die Judenfrage in Wien und Prag zu lösen hatte er anscheinend vorerst keine bestimmte Vorstellung wie dies zu erreichen war. Am 6 Oktober bekam Eichmann den Befehl Heydrichs, die etwa 80 000 jüdischen Menschen aus dem Raum Kattowitz über die Weichsel abzuschieben. Am 7 Oktober dürfte Eichmann eine Besprechung in  Wien einberufen haben um die Frage der österreichischen Juden und jene im Protektorat abzuklären. Am 10.10  erging hierzu ein Schreiben des Chefs des Sicherheitsdienstes aus dem Protektorat an Gauleiter Bürckel in Wien (siehe Dokument unten). Um den 12 Oktober dürfte Eichmann mit Dr Stahlecker persönlich den Raum Nisko besucht haben. Zwei Tage vor den ersten Transporten  aus mährisch Ostrau die man schon zusammengestellt hatte taucht das erste mal der Name des Zielortes auf „Eisenbahnstation für Transporte ist Nisko am San.“ 1 Am 20 Oktober wurde das Projekt gestoppt.

Die von Eichmann schon organisierten Deportationen bzw Züge  trafen jedoch noch weiterhin in Nisko ein. Der erste Transport aus Wien mit 912 Juden ein zweiter mit 672 und zwei Züge aus Mährisch – Ostrau.

Vermerk des Eichmann Mitarbeiters Brunner: Umsiedlung  aus der Ostmark nach Polen, 18.10.1939

Als Ergänzung zum Vermerk über die Aussprache zwischen SS H`Stuf. Eichmann, Herrn Dr Ebner von der Geheimen Staatspolizei und dem Sonderbeauftragten des Reichskommissars Herrn Dr Becker wird berichtet, daß die Umsiedlungsaktion nach Polen mit dem 1. Transport am 20.10.1939 um 22.00 Uhr mit 1000 arbeitsfähigen Juden von Wien-Aspangbahnhof beginnt. Den Juden wurde durch die Israelitische Kultusgemeinde Werkzeug zum Aufbau eines Barackendorf in Nisko mitgegeben, wohin bereits Transporte mit arbeitsfähigen Juden aus Mähr.Ostrau abgegangen sind. Gleichfalls werden den Juden mit dem Transport Lebensmittel für 4 Wochen mitgegeben. Die weiteren Transporte gehen fortlaufend jede Woche Dienstag und Freitag mit je 1000 Juden, wo zum 2. und 3. Transport die derzeit in Wien in Haft befindlichen Juden und Juden, denen die Ausreise von der Geheimen Staatspolizei befristet ist,  eingeteilt werden. Vom 4. Transport aufwärts werden bereits ganze Familien in die Transporte eingeteilt. Nach Fertigstellung des Barackendorfes in Nisko werden die  mit dem 1. Transport angekommenen Juden auf die im dortigen Gebiet befindlichen ehemaligen jüdischen Dörfer fortlaufend in das Landesinnere verteilt. Die Transporte werden von der Israelitischen Kultusgemeinde Wien zusammengestellt (solange dies noch möglich ist) und ist für den Transport eine jüdische Transportleitung verantwortlich. Außerdem begleiten jeden Transport 25 Schupo-Beamte unter Führung eines Polizeimeisters, die jede Fluchtgefahr mit der Waffe zu verhindern haben. Mit der gesamten Umsiedlungsaktion   auch die in der Ostmark befindlichen Zigeuner in Sonderwaggon angeschlossen. Die Stelligmachung der Zigeuner erfolgt durch die Kripoleitstelle Wien

(Quelle: Zentrales Staatsarchiv Prag) BA R 70 Böhmen und Mähren/9 (Kopie)
 zitiert nach Peter Longerich - Die Ermordung der europäischen Juden S52/53

Das Lager lag nicht in der Kreisstadt Nisko selbst, sondern auf der anderen Seite des Flusses San (Dorfes Zarzecze ein Barackenlager) „Nisko“ sollte ursprünglich wahrscheinlich nicht als Endziel der Deportationen dienen sondern als Durchgangslager (Obwohl Hitler bei der Aufteilung Polens ein Asyl für Juden erwähnte). Trotz der widrigen Bedingungen begann man ein Barackendorf zu planen. Die ersten Deportationen organisierte man so auch aus Ostrau, Handwerker und  Arbeiter welche die Siedlung errichten sollten. Zu Beginn unterstand das Lager der Zentralstelle für jüdische Auswanderung Ostrau (Prag). Benannt wurde es dann  „Zentralstelle für jüdische Umsiedlung“ später nach dem der Plan Nisko verworfen wurde änderte man den Namen in „Zentralstelle für jüdische Umschulung“. Dies hatte seine Gründe denn als klar wurde das Nisko nicht der Raum sein sollte in dem man die jüdischen Menschen konzentrieren wollte und begann sie wieder zu vertreiben, musste man eine Rechtfertigung finden und so schien es glaubwürdiger das Barackendorf als „Umschulungslager“ zu deklarieren. Zu Beginn waren die Lebensbedingungen dementsprechend schwierig. Als die ersten Ostrauer Juden in das „Lager“ kamen erhielt Eichmann plötzlich den Befehl nach Berlin in das RSHA zu kommen – die Deportationen sollten eingestellt werden man hatte sich gegen einen  Niskoplan entschieden. Eichmann wird bei seinem Prozeß in Jerusalem behaupten er habe damals erkannt dass man im RSHA ganz andere Pläne schmiedete, nämlich  dass die jüdischen Menschen zukünftig ausgebeutet und ermordet werden sollten. Die schon eingetroffenen jüdischen Menschen wollte und konnte man nicht mehr ins Reich zurück abschieben. Erster Lagerkommandant wurde so SS Sturmbannführer Post. Das Lager blieb vorerst erhalten doch versuchte man das Lagerpersonal zum Aufbau der Baracken von etwa 900 Häftlingen zu verringen, da Nisko wie schon entschlossen keine zentrale Rolle spielen sollte. Laut Überlieferung wurden beim ersten Lagerappell so auch etwa 400 Lagerinsaßen einfach vertrieben (verstreut in der Sprache der SS). Davor wurde ihnen noch ihr Besitz abgenommen. Dies wiederholte sich bei fast allen weiteren Transporten aus Ostrau, Wien, Kattowitz 2 –  Schlussendlich versuchte man auch so viele jüdische Menschen wie möglich über die deutsch sowjetische Grenze abzuschieben und errichtete hier zu auch Lager. Eines dieser Lager (neben Zamosz, Wlodawa, Ulanov ) wird noch in den Mittelpunkt des Massenmordens in der Aktion Reinhardt treten, das Lager Belsec sollte ursprünglich als Expositur – Aussiedlungslager dienen.

Der Wiener Anton Sonnenfeld erinnerte sich an seine „Aussiedlung“:

Ich hab mir mein Werkzeug mitgenommen, das ich in dem kleinen Kastl gehabt hab. Da hab ich mir mitgenommen, was ich als Schlosser, als Metallarbeiter brauchen kann. Und die Ärzte haben sich ihre Sachen mitgenommen, Schneidermeister haben sich ihre Sachen in die Waggons verladen, um sich draußen neu anzusiedeln. Am Aspangbahnhof ist unsere österreichische Polizei zugestiegen. Wir haben nicht gewusst, was mit uns ist. In Mährisch-Ostrau ist die Polizei ausgestiegen und die Gestapo zugestiegen. Jetzt haben wir gewusst, was los ist. Sie haben uns alle Dokumente weggenommen, und wir sind weitergefahren und bis in die Nähe von Lublin gekommen. [Es handelte sich um die Gegend von Nisko.] Dort sind wir auswaggoniert worden. Unser Werkzeug haben wir nicht mehr gesehen. Die Schneider und die Schuster haben von ihrem Werkzeug nix mehr gesehen, das ist alles in den Waggons geblieben. Wir sind zu einem Zug formiert worden: marschieren! Da sind wir marschiert ein paar Kilometer bis zu einer Wiese. Dort haben wir uns alle im Kreis aufstellen müssen. Es ist unser Handgepäck auf einen Haufen gelegt worden, alles was wir gehabt haben, alles auf einen Haufen. Wir haben allerdings auf unseren Koffern einen Namen draufgehabt. Auch am Rucksack hat jeder den Namen draufgehabt. Zwei Rucksäcke und ein Kofferl hab ich gehabt, ich kann mich heut noch erinnern. Und wir haben uns im Kreis aufstellen müssen, alle miteinander, 1000 Menschen waren wir. Dann ist der Befehl gekommen: Jeder holt sich seine Sachen. 1000 Menschen stürzen auf den Haufen zu. Das ist in eine Rauferei gemündet. Jetzt hat man endlich ein Stückl gefunden. Das hat man dort auf dem Platz hingestellt. Bis wir das zweite geholt haben, haben die polnischen Banden das andere schon weggenommen gehabt, sodass einem jeden dann nur ein Packl übergeblieben ist, was er zumindest gehabt hat. Dann hat ’s geheißen: „So, jetzt könnts gehen! Wer im Umkreis von fünf Kilometern innerhalb von drei Stunden angetroffen wird, wird sofort erschossen. Jetzt gehts zu euren Freunden!“ Uns ist nur der Weg geblieben nach Russland … 4

Die Unterbringung für jene die ins Lager kamen war vorerst primitiv. In den Baracken schliefen die Insaßen auf Holzbrättern später  gab es jedoch die Möglichkeit sich Matratzen und Decken zusenden zu lassen. Vor allem auch die Verpflegung dürfte zu Beginn  sehr gut gewesen sein. Dieses Lager sollte also in vielen Punkten eine Ausnahme darstellen zu den später geplanten Lagern die  man unter dem Primat der Auslese Ausbeutung und Vernichtung plante. Die Zukunft des Lagers blieb jedoch auch den jüdischen Insaßen nicht verborgen man ahnte bevorstehende Veränderungen. J. Edelstein und Dr. B. Murmelstein aus der „Gruppe Kultusgemeinde“ wurde es erlaubt nach Lublin zu fahren 3 wo sie die schlimmen Umstände anderer Juden mitbekamen. Am 10 November als sie sich zurück meldeten im Lager wurden sie laut Überlieferung  mit den Worten

Gestern ist ein Attentat auf den Führer versucht worden. Wenn das geglückt wäre, lebte heute keiner mehr von euch.“ von SS Männern begrüßt 5

Da es den jüdischen Menschen erlaubt war das Lager zu verlassen und Gerüchte im Lager besagten dass einige der zuvor aus dem Lager verbannten in Lemberg Unterschlupf gefunden hatten machten sich viele im Laufe der Zeit auf den Weg in die Sowjetunion. Am 19 Dezember kam es in Nisko auch zu der gefürchteten Veränderung. Kommandant Anton Binner SS   – und Selbstschutzführer wurde neuer Leiter des Lagers der „Selbstschutz“ erhielt die Aufsicht 6 . So kam es zu den länger erahnten Verschärfungen. Die Verpflegung wurde schlechter, das Arbeitspensum erhöht, und nach Saufgelagen der Wachmannschaften kam es immer wieder zu gewalttätigen Übergriffen 7  auf die jüdischen Lagerinsaßen. Unterdessen hatte das Lager nur mehr etwa 500 Insaßen, die bei -20 Grad im Lager Zarzecze arbeiteten. Im  Januar 1940 bekam Professor Eisler der jüdische Lagerleiter ein Visum durch Freunde nach Schweden sein Nachfolger wurde Otto Bellak. Ein neuer Lagerkommandant Obersturmführer Kregel kam ebenfalls etwa zur selben Zeit in das Lager. 8 Kregel gab den Menschen zu verstehen dass die Auflösung des Lagers bevorstand und Bellak war unterdessen schon nach Krakau gefahren um Verhandlungen bezüglich einer Ausreise der Insaßen auf zu nehmen. Diese wurde auch gewährt doch sollte es noch mehrere Wochen dauern. Etwa Ende März muss der Befehl zur Auflösung des Lagers gekommen sein. Die Entlassungsscheine, die auf Grund einer Anweisung des Höheren SS- und Polizeiführers Krakau bereits am 26. März ausgestellt wurden 9 waren nun für etwa 501 Menschen die bis zu letzt im Judenreservat Nisko ausgehalten hatten. Schlussendlich waren etwa 5000 jüdische Menschen nach Nisko gekommen 498 kehrten hiervon zurück und davon 198 nach Wien. 1400 Wiener Juden waren in die Sowjetunion gegangen, nach Kriegsende kehrten nur 50  von diesen zurück.10 Die Mehrheit von ihnen wurde im Russlandfeldzug von den Nationalsozialisten wieder „eingeholt“ und ermordet. Dr Löwenherz Vorsitzender des Judenrates in Wien schrieb indess am 8 April 1940 über eine Vorsprache bei ihm : „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“:

„Herr Brunner teilte mir im Auftrage des Herrn H. Stuf. Eichmann, nach fernmündlicher Rücksprache mit ihm, mit: Meine Meldung über die bevorstehende Rückkehr von 152 Personen aus dem Umsiedlungsgebiet Polen wird im Einvernehmen mit dem Generalgouvernement Krakau zustimmend zur Kenntnis genommen.“

Nisko ist das enzige bekannte Lager in dem jüdische Menschen nach ihrer „Aussiedelung“ die Rückkehr durch Weisung eines Höheren SS und Poizeführers  in ihre ursprüngliche Heimat bekamen. Es ist ein unikum der Nationalsozialistischen Vernichtungsgeschichte. Viele von den Heimgekehrten wurden jedoch die nächsten Jahren erneut deportiert – mehrheitlich  direkt in den Tod. Wenige der jüdischen Menschen aus Nisko kehrten nach dem Krieg zurück. Einzelne Überlebende wie Sonnfeld konnten jedoch ihre Geschichte erzählen-

Einstellung Niskotransporter DÖW

Dokument Quelle: DÖW Dokumentationsarchiv österreichischer Widerstand. Schreiben des Sonderbeauftragten des Reichskommissars Dr Becker über die Einstellung der Transporte nach Polen (Nisko) und den Plan der Wiederaufnahme der Transporte aus Wien im Früjahr 1940.

Nisko Bürckel DÖW

Dokument über die Lösung der Judenfrage in Wien / bzw Österreich an Gauleiter Bürckel in Zusammenhang mit dem Niskoplan (Quelle: DÖW )

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QUELLEN:

BLUT UND BODEN

zu Walther Darre siehe Alan Tootse Ökonomie der Zerstörung –  die Rede zitiert aus eben diesen S 238 aus A.D Onofrio „Rassenzucht und Lebensraum Zwei Grundlagen aus Blut und Boden Gedanken von R. W. Darre aus Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 49. 2001 S141-157

zu Himmler und Bruno Streckenbach bzw Eichmann und Heydrich   siehe Peter Longerich Heinrich Himmler Biografie S460 sowie seinen Plan für 30 Oktober 1939 Peter Longerich Heinrich Himmler Biografie S459 er zitierte BAB R75/3b, gedruckt in Faschismus Ghetto Massenmord  S 42f

NISKO

siehe 6,7,12,17,20 Oktober 1939 siehe Gerwarth Reynhard Heydrich Biografie S197 – bzw. 10 Oktober Schreiben an Gauleiter Bürckel Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes –

1) Siehe viertel Jahreshefte für Zeitgeschichte 1992 Heft 1 S96 zitiert nach PDF Originalscan wobei Goshen sich hier selbst zitiert und zwar:  Zu Verlauf und Bedeutung der Nisko-Aktion siehe S. Goshen, Eichmann und die Nisko-Aktion im Oktober 1939. Eine Fallstudie zur NS-Judenpolitik in der letzten Phase vor der „Endlösung“, in: VfZ 29 (1981), S. 74-96.

2) zu Vertreibungen Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte München 1992 Heft 1 S97 PDF Originalscan

3) Berichte von J. Bustin, Ernst Kohn, Alter, R. Goldberger.  zitiert aus S Goshen Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte München 1992 Heft 1 S99 PDF Originalscan des Instituts.

4) Erzählung des am 20 Oktober 1939 aus Wien deportierten Leopold Sonnenfeld zitiert nach DÖW  Wien Dokumentationsarchiv des österreichischen widerstandes

5)  Es handelte sich hierbei um das Elserattentat – Das Zitat stammt aus Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte München 1992 Heft 1 S100 PDF Originalscan des Instituts

6) Goshen schreibt in Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte München 1992 Heft 1 S101 PDF Originalscan den Namen des SS Führers falsch – „Binar“ es handelt sich hierbei um SS Selbstschutzführer Anton Binner siehe Wolfgang Benz „Der Ort des Terrors“: Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager- Band 9 S594 herausgegeben von Wolfgang Benz, Barbara Distel

7) Zu Übergriffen siehe ebenfalls Goshen Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte München 1992 Heft 1 S101 PDF Originalscan des Instituts

8) es handelt sich um den SS Obersturmführer Kregel siehe hierzu Wolfgang Benz „Der Ort des Terrors“: Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager- Band 9 S594 herausgegeben von Wolfgang Benz, Barbara Distel auch hier irrte Goshen der in seinem Aufsatz Nisko – Ein Ausnahmefall unter den Judenlagern der SS / S101– „SS Hauptsturmführer Kriegel“ schreibt

9) Goshen Ein Ausnahmefall unter den Judenlagern der SS  Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte München 1992 Heft 1 bezieht sich hier auf  – Zentralarchiv für die Geschichte des jüdischen Volkes, Jerusalem, AW 2747.

10) die Zahlen sind aus Wolfgang Benz „Der Ort des Terrors“: Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager- Band 9 S594 herausgegeben von Wolfgang Benz, Barbara Distel S595

Dokumentenquellen:

1) Tagesrapport Nr. 11 vom 24. bis 25. Oktober 1939 In: Tagesrapporte der Gestapoleitstelle Wien 1938-1945. Online-Datenbank. De Gruyter. 05.01.2015 Dokument-ID:  TRAP-391011 Ursprünglich veröffentlicht in: Tagesrapporte der Gestapoleitstelle Wien 1938-1945. Hrsg. von Brigitte Bailer und Wolfgang Form. (Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert Online). München: K. G. Saur, 2009

2) Das Dokument stammt aus den Beständen des Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Download Internetseite des Instituts

17 Sept Vollziehung des Hitler Stalinpaktes

17 SEPTEMBER

HITLER STALIN PAKT WIRD VOLLZOGEN

31August-1939IBHitler-Stalin-Pakt

Hitler Stalinpakt – Quelle: Wochenzeitung Interessante Blatt vom 21 August 1939 (QUELLE: ÖNB)

An diesem 17 September marschieren russische Truppen in Ostpolen ein. Grenze der beiden Reiche Nazideutschland und Sowjetrussland war die Weichsel.

Das Abkommen war am 23.8. ausverhandelt worden – unten das Protokoll im vollen Wortlaut mit dem „Geheimen Zusatz“ über die Teilung Polens 23.8.1939 Der deutsch-sowjetische Nichtangriffsvertrag mit geheimem Zusatzprotokoll

Die deutsche Reichsregierung und die Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, geleitet von dem Wunsche, die Sache des Friedens zwischen Deutschland und der UdSSR zu festigen, und ausgehend von den grundlegenden Bestimmungen des Neutralitätsvertrages, der im April 1926 zwischen Deutschland und der UdSSR geschlossen wurde, sind zu nachstehender Vereinbarung gelangt: Artikel 1 Die beiden vertragschließenden Teile verpflichten sich, sich jeden Gewaltakts, jeder aggressiven Handlung und jeden Angriffs gegeneinander, und zwar sowohl einzeln als auch gemeinsam mit anderen Mächten, zu enthalten. Artikel 2 Falls einer der vertragschließenden Teile Gegenstand kriegerischer Handlungen seitens einer dritten Macht werden sollte, wird der andere vertragschließende Teil in keiner Form diese dritte Macht unterstützen. Artikel 3 Die Regierungen der beiden vertragschließenden Teile werden künftig fortlaufend zwecks Konsultation in Fühlung miteinander bleiben, um sich gegenseitig über Fragen zu informieren, die ihre gemeinsamen Interessen berühren. Artikel 4 Keiner der beiden vertragschließenden Teile wird sich an irgend einer Mächtegruppierung beteiligen, die sich mittelbar oder unmittelbar gegen den anderen Teil richtet. Artikel 5 Falls Streitigkeiten oder Konflikte zwischen den vertragschließenden Teilen über Fragen dieser oder jener Art entstehen sollten, werde beide Teile diese Streitigkeiten oder Konflikte ausschließlich auf dem Wege freundschaftlichen Meinungsaustausches oder nötigenfalls durch Einsetzen von Schlichtungskommissionen bereinigen. Artikel 6 Der gegenwärtige Vertrag wird auf die Dauer von zehn Jahren abgeschlossen mit der Maßgabe, daß, soweit nicht einer der vertragschließenden Teile ihn ein Jahr vor Ablauf dieser Frist kündigt, die Dauer der Wirksamkeit dieses Vertrages automatisch als für weitere fünf Jahre verlängert gilt. Artikel 7 Der gegenwärtige Vertrag soll innerhalb möglichst kurzer Frist ratifiziert werden. Die Ratifikationsurkunden sollen in Berlin ausgetauscht werden. Der Vertrag tritt sofort mit seiner Unterzeichnung in Kraft. Ausgefertigt in doppelter Urschrift, in deutscher und russischer Sprache. Moskau, am 23. August 1939 Für die deutsche Reichsregierung gez. von Ribbentrop in Vollmacht der Regierung der UdSSR gez. W. Molotow

[Geheimes Zusatzprotokoll]

Aus Anlaß der Unterzeichnung des Nichtangriffspaktes zwischen dem Deutschen Reich und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken haben die unterzeichneten Bevollmächtigten der beiden Teile in streng vertraulicher Aussprache die Frage der Abgrenzung der beiderseitigen Interessensphären in Osteuropa erörtert. Die Aussprache hat zu folgendem Ergebnis geführt:

1. Für den Fall einer territorial-politischen Umgestaltung in den zu den baltischen Staaten (Finnland, Estland, Lettland und Litauen) gehörenden Gebieten bildet die nördliche Grenze Litauens zugleich die Grenze der Interessensphäre Deutschlands und der UdSSR. Hierbei wird das Interesse Litauens am Wilnaer Gebiet beiderseits anerkannt.

2. Für den Fall einer territorial-politischen Umgestaltung der zum polnischen Staat gehörenden Gebiete werden die Interessensphären Deutschlands und der UdSSR ungefähr durch die Linie der Flüsse Pissa, Narew, Weichsel und San abgegrenzt. Die Frage, ob die beiderseitigen Interessen die Erhaltung eines unabhängigen polnischen Staates erwünscht ei-scheinen lassen und wie dieser Staat abzugrenzen wäre, kann endgültig erst im Laufe der weiteren politischen Entwicklung geklärt werden. In jedem Falle werden beide Regierungen diese Frage im Wege einer freundschaftlichen Verständigung lösen.

3. Hinsichtlich des Südostens Europas wird von sowjetischer Seite das Interesse an Bessarabien betont. Von deutscher Seite wird das völlige politische Desinteressement an diesen Gebieten erklärt.

4. Dieses Protokoll wird von beiden Seiten streng geheim behandelt werden. Moskau, den 23. August 1939 gez. von Ribbentrop gez. W. Molotow

Quellen:

1.H. A. Jacobsen Der Weg zur Teilung der Welt Koblenz/Bonn 1979, S. 26f wir Danken http://www.ns-archiv.de